Klimaziele österreichischer Unternehmen drohen politische Vorgaben zu verfehlen

26. Oktober 2011 | Presse-Aussendung

– CDP befragt die 250 größten börsennotierten Unternehmen in Österreich und Deutschland – von den 30 Größten in Österreich beteiligen sich 13 an dem führenden Klima-Reporting. – Nur 46% der österreichischen Unternehmen haben Ziele zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen festgelegt – Österreichische Unternehmen sind mit einem Transparenz-Rating von 42 Punkten in der Offenlegung ihrer Emissions- und […]

– CDP befragt die 250 größten börsennotierten Unternehmen in Österreich und Deutschland – von den 30 Größten in Österreich beteiligen sich 13 an dem führenden Klima-Reporting.

– Nur 46% der österreichischen Unternehmen haben Ziele zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen festgelegt

– Österreichische Unternehmen sind mit einem Transparenz-Rating von 42 Punkten in der Offenlegung ihrer Emissions- und Klimadaten noch deutlich hinter deutschen Unternehmen zurück (50 Punkte).

Wien, 26. Oktober 2011 –Österreichische und Deutsche Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr geringere Ziele zur Reduktion von CO2-Emissionen gesetzt, als es nationale und europäische Vorgaben vorsehen. Zwar haben knapp die Hälfte der berichtenden Unternehmen Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen festgelegt und operationalisiert. Insgesamt wird die Erreichung dieser Ziele die Emissionen der betreffenden Unternehmen in Österreich aber nur um 2,4 Prozent senken.[1] Damit liegt die Quote der österreichischen Unternehmen immerhin noch über dem Durchschnitt der deutschen Unternehmen. Um die wissenschaftlich wie politisch geforderte Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad gewährleisten zu können, müssten jedoch pro Jahr mindestens 2,65% Emissionsreduktionen bis 2050 erzielt werden.

Dies ist das Ergebnis des Jahresberichts 2011 des Carbon Disclosure Project (CDP) für Österreich und Deutschland, der gestern Abend in Wien vorgestellt wurde. Das CDP ist die führende internationale Initiative bei der Erhebung, Analyse und Bewertung von Emissions- und Klimadaten von Unternehmen. Der Bericht, der erstmals auch österreichische Unternehmen bewertet, untersucht die Klimaschutz-Aktivitäten der größten börsennotierten Unternehmen in beiden Ländern. Er entstand in Kooperation mit den strategischen Partnern des CDP, der KPMG und dem WWF, sowie der WestLB, deren Analysten den Bericht verfassten. 128 Unternehmen – und damit mehr als je zuvor – beteiligten sich in diesem Jahr an der Umfrage des CDP in Deutschland und Österreich (51% aller Unternehmen). In Österreich wurden insgesamt 30 Unternehmen (ATX Top 30) aufgefordert, sich am CDP zu beteiligen – knapp die Hälfte (43%) kamen der Anfrage nach.

Hat die Abkoppelung von Emissions- und Wirtschaftswachstum schon begonnen?
Die Treibhausgasemissionen der an das CDP berichtenden Unternehmen sind trotz kräftigen Wirtschaftswachstums [2] und erheblicher Produktionsausweitung auf vergleichbarer Basis im Jahr 2010 aggregiert nur um 0,5 Prozent gestiegen – das Umweltbundesamt hat die Ausweitung der Gesamtemissionen für 2010 in Österreich und Deutschland dagegen vorläufig auf 5,4 Prozent geschätzt. Ist dies ein erstes Zeichen, dass sich das Emissionsvolumen bei Unternehmen vom wirtschaftlichen Wachstum abzukoppeln beginnt? So offenkundig dies für das Jahr 2010 ist – für eine langfristige Trendaussage ist es noch zu früh. Denn das berichtete Investitionsniveau der Unternehmen dürfte für nachhaltige Emissionsminderungen kaum ausreichen. Zwar haben die Unternehmen in Österreich und Deutschland insgesamt 438 Maßnahmen zum Schutz des Klimas gemeldet (davon 58 von österreichischen Unternehmen). Doch diese summieren sich insgesamt nur auf 3,4 Mrd. Euro Investitionen. Mehr als die Hälfte der angegebenen Investitionen gehen in die Bereitstellung kohlenstoffarmer Energie, je ein Fünftel in energieeffizientere Prozesse und in Produktdesign. 120 Mio. EUR werden ausgegeben für Energieeffizienz in Gebäuden. Da zwei Drittel der genannten Maßnahmen von den Unternehmen allerdings noch nicht beziffert werden können, ist der tatsächliche Umfang der Klimaschutzinvestitionen schwer abzuschätzen.

Auch die Zeiträume bei der Planung von Emissionseinsparungen der Unternehmen reichen noch nicht aus, um langfristig dafür zu sorgen, dass eine kohlenstoffarme Wirtschaft tatsächlich gelingt: nur durchschnittlich 3,3 Jahre „Restlaufzeit“ haben die Reduktionsziele der Unternehmen in Österreich. Einzig die VERBUND AG hat ein Reduktionsziel, das auf mehr als 15 Jahre ausgerichtet ist. Im Übrigen setzt sich die Mehrzahl der Unternehmen keine absoluten, sondern lediglich relative Reduktionsziele. Diese reichen häufig nicht aus, den Umsatzwachstumseffekt auszugleichen – ihre Emissionen steigen dann trotz verbesserter Ressourceneffizienz.

Die Zielsetzungen und Strategien der Unternehmen zur Bekämpfung des Klimawandels weisen insgesamt also noch Mängel auf. Das spiegelt sich auch in den Rating-Ergebnissen des CDP zur so genannten „Klimaperformance“ wider. Keines der österreichischen Unternehmen hat es mit seiner Klimastrategie und den Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen in den international beachteten „Carbon Performance Leadership Index“ (CPLI) des CDP geschafft. Vertreten sind dort nur vier deutsche Unternehmen: BASF, Bayer, BMW und SAP. In der Gesamtbewertung zur Klimaperformance schnitten in Österreich OMV und VERBUND am besten ab.

Fortschritte bei der Transparenz und Berichtsqualität der Unternehmen
Um die Unternehmensantworten auch in ihrer Vollständigkeit vergleichen zu können, veröffentlicht das CDP zudem jährlich den „Carbon Disclosure Leadership Index“ (CDLI). Der Index zeichnet jene Unternehmen aus, die bereits über eine sehr hohe Informationstiefe und Qualität in der Klimaberichterstattung verfügen. Auf Anhieb schafften es Raiffeisen, Strabag und VERBUND unter die besten 30 Unternehmen aus Deutschland und Österreich und somit in den entsprechenden Index. Die Spitzenplätze belegen Bayer, Deutsche Post, Siemens und BMW. Die durchschnittliche Bewertung der 30 Indexmitglieder hat sich von 76 auf 84 Punkte erhöht. Insgesamt haben österreichische Unternehmen ein durchschnittliches Transparenz-Rating von 42 Punkten erzielt – auch hier besteht also noch Nachholbedarf gegenüber deutschen Unternehmen (durchschnittlich 50 Punkte).

Ausschlaggebend für die durchschnittliche Gesamtverbesserung der Transparenz-Noten waren mehrere Faktoren. Besonders hervorzuheben ist, dass sich immer mehr Unternehmen ihrer Verantwortung für die Emissionen entlang ihrer Wertschöpfungskette stellen. So sind im Bereich der so genannten Scope-3-Emissionen (Emissionen, die in der Zuliefer- wie in der Abnehmerkette entstehen) trotz hoher Komplexität und Unsicherheit in der Methodik inzwischen 45 Prozent aller Unternehmen in der Lage, Daten zu messen und zu berichten – das sind acht Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. In Österreich lag der Anteil der Unternehmen, die Scope-3 Daten messen, mit 46 Prozent sogar leicht über dem Durchschnitt.

Allerdings lassen nur 31 Prozent der Unternehmen in Österreich ihre Emissionsdaten durch einen Wirtschaftsprüfer oder ein Zertifizierungsunternehmen extern verifizieren. Zum Vergleich: in Deutschland sind dies schon 70 Prozent aller Unternehmen – bezogen auf die Daten der direkten CO2-Emissionen (Scope 1: direkte im Unternehmen anfallende Emissionen, z.B. Nutzung fossiler Brennstoffe für Heizung). Da nur verlässliche Daten Grundlage für fundierte Investmententscheidungen am Kapitalmarkt sein können, fordern institutionelle Investoren, dass Unternehmen ihre Emissionsdaten überprüfen lassen.

Über das CDP
Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation, die die weltweit größte Datenbank für unternehmensrelevante Klimainformationen führt. Im Auftrag von 551 institutionellen Investoren fordert das CDP jährlich rund 6.000 börsennotierte Unternehmen weltweit auf, ihre klimarelevanten Unternehmensdaten an das CDP zu berichten – über die Hälfte leisten dieser Aufforderung folge. Die Ergebnisse werden in regionalen Analyseberichten interpretiert, bewertet und dienen insbesondere Kapitalmarktteilnehmern für nachhaltige Investmententscheidungen. Ziel ist es, Emissionsmanagement und Klimawandel als wichtige Wirtschafts- und Erfolgsfaktoren in Unternehmen zu etablieren. 2011 hat das CDP erstmals auch die 30 größten Unternehmen in Österreich in den Berichtsprozess einbezogen. Die strategischen Partner des CDP in Deutschland und Österreich sind die KPMG und der WWF. Mehr Informationen zum CDP finden Sie unter: www.cdproject.net.

Kontakt CDP:
Kora C. Krause, Tel. +49 30 311 777 161; kora.cora.krause@cdproject.net

Kontakt WestLB (Berichtsverfasser):
Dr. Hendrik Garz, Tel. +49 211 826 7563; hendrik.garz@westlb.de

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[1] Diese Größenordnung von 2,4% Gesamteinsparziel bezieht sich auf Unternehmen, die sich absolute Emissionsreduktionsziele gegeben haben.  
[2] 3,6% in Deutschland, 2,3% in Österreich.

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