Artenlexikon
Der Borneo-Orang-Utan – Bald Waldmensch ohne Wald?

Artenlexikon:

wissenschaftlicher Name
Pongo pygmaeus
Icon Unterarten
Familie
Menschenaffen
Aktueller Bestand
54000 (Schätzung, WWF 2016)
Gefährdungsstatus
Vom Aussterben bedroht (IUCN, 2016)

Verbreitung

Asien
nur auf der Insel Borneo in Indonesien
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Borneo-Orang-Utan

Übersetzt bedeutet sein Name „Waldmensch“ – man könnte ihn aber auch „Regenwaldgärtner“ nennen. Wenn sich die großen Kletterer durch die Baumkronen fortbewegen, brechen sie morsche und alte Äste ab und lassen mehr Licht durch die Baumkronen.

Körperliche Merkmale

Der Borneo-Orang-Utan ist der größte Baumbewohner der Welt. Während die Weibchen etwa 30 bis 45 Kilogramm wiegen, nehmen die Männchen ein Leben lang zu und können bis über 100 Kilogramm erreichen. Wie bei allen Menschenaffen sind die Arme der Tiere deutlich länger und muskulöser als die Beine, im aufrechten Stand reichen sie bis an die Knöchel. Wenig überraschend sind die Affen hervorragende Kletterer, müssen aber aufgrund ihres Gewichtes vorsichtig bei der Wahl von Ästen und Lianen sein. Auf dem Boden bewegen sie sich auf allen vieren fort, aufrechter Gang fällt ihnen eher schwer. Charakteristisch für den Borneo-Orang-Utan ist sein leuchtend orangerot bis rotbraun gefärbtes, zotteliges Fell. Gesicht, Ohren, Handflächen und Fußsohlen sind dunkelgrau oder dunkelbraun, die dunklen Augen hell umrandet. Die Lebenserwartung der Affen liegt bei rund 40 Jahren.

Lebensweise und Fortpflanzung

Im Gegensatz zu den afrikanischen Menschenaffen leben Orang-Utans meist als Einzelgänger. Die Männchen werden in dominante und nicht-dominante Männchen unterteilt – wobei die dominanten an den Wangenwülsten erkennbar sind. Diese Männchen haben ein eigenes Revier von bis zu mehreren Hundert Hektar, das sich mit den Streifgebieten von meist drei bis vier Weibchen überlappt. Nicht dominante Männchen werden in den Revieren geduldet, dominante bekämpft. Reviere markieren die Männchen akustisch, mit sogenannten „Long Calls“, die Männchen abschrecken und Weibchen anziehen sollen. Wie die Entwicklung zum dominanten oder nicht-dominanten Männchen verläuft ist nicht restlos geklärt – es besteht die Vermutung dass dominante Männchen die Entwicklung durch ihr Verhalten, das bei anderen Männchen hormonelle Veränderungen auslöst, unterdrücken.

Ebenso wie andere Menschenaffen benutzen Orang-Utans Werkzeuge. Ihr Werkzeuggebrauch ist jedoch wesentlich weniger komplex und umfangreich als bei anderen Menschenaffen. Sie verwenden vor allem Äste und Blätter im Rahmen von Auseinandersetzungen mit Artgenossen sowie zum Nestbau. Außerdem wurde beim Borneo-Orang-Utans Werkzeuggebrauch bei der Nahrungsbeschaffung beobachtet: so werden Stöcke als Speere beim Fischfang eingesetzt oder Blätter als „Handschuhe“, um stachelige Früchte zu öffnen.

Nach 14 bis 15 Jahren werden die Tiere geschlechtsreif und bekommen erstmals Nachwuchs. Bei der Partnerwahl entscheiden in erster Linie die Weibchen, wobei die Paarung mit dominanten Männchen in der Regel freiwillig verläuft, während die kleineren, nicht-dominanten es häufiger schaffen, einem Weibchen nachzustellen und es dann zu Übergriffen kommt. Männchen und Weibchen verbringen während der Paarung einige Tage miteinander und paaren sich in dieser Zeit immer wieder. Nach acht bis neun Monaten kommt meist ein einzelnes Junges auf die Welt, das bis zu vier Jahre gesäugt wird. Wenn die Mütter nach etwa sechs bis acht Jahren ihren nächsten Nachwuchs bekommen, werden die älteren Geschwister zunehmend unabhängig. Im Alter von ca. sieben bis acht Jahren verlassen die jungen Borneo-Orang-Utans ihre Mütter und ziehen von da an alleine umher. Dabei bleiben die jungen Weibchen typischerweise mehr oder weniger in der Nachbarschaft ihrer Mütter, während junge Männchen weiter fort ziehen. Insgesamt ziehen Borneo-Orang-Utan-Weibchen in ihrem Leben etwa vier bis fünf Kinder groß.

Ernährung

Borneo-Orang-Utans ernähren sich in erster Linie pflanzlich und bevorzugen Früchte. Ihr Nahrungsspektrum umfasst aber insgesamt mehr als 200 Pflanzenarten, darunter Samen, Kräuter, Wurzeln, Blätter, Blüten, Innenrinde und Pflanzenmark. Auch wirbellose Tiere wie Ameisen, Termiten und Raupen werden verzehrt, selten kleine Wirbeltiere. Insgesamt ist die Ernährung der Affen stark von klimatischen Bedingungen und auch von Wetterphänomenen wie El Niño beeinflusst.

Tieflandregenwälder, Auenwälder, Sumpfwälder, Torfmoorwälder, gelegentlich auch Bergwälder in Höhenlagen von bis zu 1500 Metern
Ernährungsart
Allesfresser
Besonderheiten
Orang-Utans sind die größten Baumbewohner im ganzen Tierreich. Ihre langen Arme haben eine Spannweite von bis zu 2,2 Meter.
Tags
Affe
Arten
Artenschutz
Orang-Utan
Thematisch
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Orang-Utan und Mensch

Gerade seine Menschlichkeit wird für den Orang-Utan oft zur Gefahr – die süßen Babys müssen als Touristenattraktion herhalten, nicht selten kommt die Mutter bei dem Versuch, den Nachwuchs zu schützen, zu Tode. Obwohl der Lebenswandel streng verboten ist, sind Orang-Utans als Haustiere beliebt, man zahlt hohe Preise auf dem Schwarzmarkt. Mitunter landen die sensiblen Tiere auch in der Unterhaltungsindustrie, also in privaten Zoos, Zirkussen und Freizeitparks.

Auch Orang-Utans sind von der Problematik um das Buschfleisch betroffen – Schätzungen zufolge werden jährlich tausende Tiere von Wilderern zum Verzehr getötet. Durch die niedrige Reproduktionsrate, die lange Phase der Abhängigkeit der Jungtiere von ihren Müttern und die späte Geschlechtsreife können Orang-Utans ebenso wie andere Menschenaffen Bestandsverluste nur schwer ausgleichen.

Die Abholzung von Waldflächen für Landwirtschaft, Holzindustrie und Siedlungen entzieht den Borneo-Orang-Utans außerdem zunehmend den Lebensraum und trennt Populationen. Im Zeitraum zwischen 1973 und 2010 sind 39 Prozent der Wälder auf Borneo verloren gegangen und damit knapp 100.000 Quadratkilometer Orang-Utan-Lebensraum. Dabei wurde sogar in Schutzgebieten und Pufferzonen abgeholzt.

Der Orang-Utan in der Kulturgeschichte

Der Legende nach können die Orang-Utans auf Borneo sprechen. Doch sie sind zu weise, um es sich anmerken zu lassen. Denn sonst müssten sie womöglich Arbeiten verrichten. Lieber bleiben sie also stumm und überlassen das Arbeiten anderen. Im Japanischen hat der Orang Utan seinen Namen „Shojo“ von einem Fabeltier bekommen: Der menschenähnliche Affe mit hellem roten Haar ist ein Naturgeist, der die Zunft der Sakehändler repräsentiert. Die Wesen lieben den weißen Sake, von dem sie sogar eine nie versiegende Quelle besitzen – und dementsprechend immer betrunken sind.

Projekte und Engagement des WWF

Priorität hat für uns als WWf die Erhaltung der Ökosysteme und ihrer Artenvielfalt – nur so können beispielsweise auch Orang-Utans langfristig überleben. Wir setzen uns dafür ein, dass Wälder mit hohem Schutzwert (High Conservation Value Forests) nicht gerodet werden. Gleichzeitig ist es wichtig, gemeinsam mit der Bevölkerung Strategien zu entwickeln, damit die Erhaltung dieser Lebensräume für Tier und Mensch Vorteile bringt. Dazu gehört, gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung legale, nachhaltige Einkommensmöglichkeiten zu entwickeln, um Wilderei zu verhindern. In West-Kalimantan beispielsweise arbeiten wir an der Erhaltung und Wiederherstellung des Lebensraums, indem Unternehmen unterstützt werden, ihre Wälder so zu bewirtschaften, dass die Tiere dort leben können.

Im Leboyan-Korridor forsten wir Wälder wieder auf. Das Gebiet zwischen den Nationalparkteilen Danau Sentarum und Betung Kerihun auf Borneo wurde entwaldet oder degradiert. Daher sind die Orang-Utan Populationen in den Nationalparkteilen voneinander isoliert. Es soll ein grüner Korridor entstehen, der den genetischen Austausch der Populationen wieder herstellt. Der WWF hat im Rahmen des Schutzprojekts insgesamt 1.000 Hektar an unterschiedlichen Standorten wieder aufforsten lassen, um Mosaikteile verbliebener Wälder miteinander zu verbinden. Die Aufforstungen sind Mischwälder aus nutzbaren Baumarten, darunter Fruchtbäume, die langfristig Nahrungsgrundlage für Orang-Utans sein werden. Durch langfristiges Monitoring beobachten wir die Entwicklung der Orang-Utan Bestände.

Der Nationalpark Sebangau ist Heimat für eine der größten zusammenhängenden Orang-Utan-Populationen weltweit. Aus diesem Grund hat das Schutzprojekt auf Borneo eine herausragende Bedeutung für den WWF. Als das Gebiet 2004 zum Nationalpark erklärt wurde, war der Torfmoorwald durch Abholzung, Entwässerung und Brände stark degradiert. Die Orang-Utan Population wurde dadurch stark dezimiert. Inzwischen hat sich die Population wieder erholt und es sollen wieder rund 6.000 Individuen sein. Seit damals wurden hunderte von Dämmen gebaut, die Entwässerungskanäle, die von Holzfirmen angelegt wurden, verschließen. Durch diese Maßnahmen wollen wir den Wasserhaushalt verbessern. Zudem wurde auf ehemaligen Brandflächen gezielt mit feuerresistenten Baumarten und Orang-Utan Futterbäumen aufgeforstet.

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