Kecker, schräger, lauter: Kuriose Tiere in Fluss und Au

3. Mai 2017 | Presse-Aussendung

Wien, 3. Mai 2017 – Mit dem Darm atmende Fische, Urzeitkrebse oder Zikaden, die Bäume zum Spucken bringen – das sind nur einige Vertreter uns bizarr erscheinender Tierarten. Diese mysteriösen Erdenbewohner leben nicht etwa am anderen Ende der Welt, sondern mitten unter uns: Sie alle tummeln sich in Flusslandschaften, wie dem Nationalpark Donau-Auen oder den […]

Wien, 3. Mai 2017 – Mit dem Darm atmende Fische, Urzeitkrebse oder Zikaden, die Bäume zum Spucken bringen – das sind nur einige Vertreter uns bizarr erscheinender Tierarten. Diese mysteriösen Erdenbewohner leben nicht etwa am anderen Ende der Welt, sondern mitten unter uns: Sie alle tummeln sich in Flusslandschaften, wie dem Nationalpark Donau-Auen oder den Marchauen. Jetzt im Frühling sind etliche von ihnen besonders aktiv. Manche sind massiv bedroht, erinnern WWF und BirdLife, die sich für den Schutz und Erhalt dieser faszinierenden Geschöpfe einsetzen.

Seit den Entdeckungen von Charles Darwin wissen wir, dass Tiere einer Art nie völlig gleich sind, sondern sich in bestimmten Merkmalen voneinander unterscheiden. Sie haben sich über viele Jahrtausende und Generationen hinweg in Aussehen und Fähigkeiten an unterschiedliche Lebensräume angepasst. Besondere Hotspots der biologischen Vielfalt sind unsere Fluss- und Auenlandschaften. Viele der dort heimischen Tier- und Pflanzenarten offenbaren uns, wie kreativ Evolution sein kann.

Schlammpeitzger sind langgestreckte Fische, die in stehenden Gewässern und an den Ufern größerer Flüsse mit Schlammgrund leben. Tagsüber vergraben sie sich tief im Matsch, erst zur Dämmerung gehen sie auf Nahrungssuche. Im ausgesprochen sauerstoffarmen Wasser haben sie die Fähigkeit, durch den Darm zu atmen. Bei Bedrohung wird die verschluckte Luft wieder über den Anus abgegeben. Das brachte dem Schlammpeitzger den wenig schmeichelhaften Namen „Furzgrundel“ ein. Wie sich dies ober Wasser anhört, ist nicht bekannt…

Richtig laut werden kann jedenfalls der männliche Wachtelkönig, wenn er zur Paarungszeit seine Rivalen um die Gunst der Wachtelkönigin in die Revier-Schranken weist. Lässt er nachts stundenlang sein „rerrp-rerrp“ erklingen, bringt er es auf über 100 Dezibel. Warum die Rallenart durch ihren Lockruf selbst keinen Gehörschaden nimmt? Vögel besitzen einen Reflex der dafür sorgt, dass sie ihre eigenen Rufe weniger laut hören. Damit die Ambitionen des Wachtelkönigs auch von Erfolg gekrönt werden, sollten Wiesen in denen er brütet später als üblich gemäht werden. „Sonst werden die Jungvögel regelrecht ausgemäht“, warnt Gábor Wichmann von BirdLife.  

Bis Anfang Mai kehrt der Wendehals aus seinem afrikanischen Winterquartier zu uns zurück. Wenn der schlanke Spechtvogel seinen Kopf um mehr als 180 Grad nach hinten dreht, scheinen die Gesetze der Physik nicht mehr zu gelten. Wendehälse besiedeln locker mit Bäumen bestandene Wiesen mit Freiflächen zur Nahrungssuche am Boden – denn insbesondere Ameisen stehen auf dem Speiseplan. „Leider werden sowohl halboffene Landschaften als auch Insekten aufgrund von Überdüngung, Pestizideinsatz und Entfernung von Ackerrainen und Heckenstreifen immer seltener“, bedauert Michael Stelzhammer vom WWF. Deshalb ist der Wendehals auf der Roten Liste der gefährdeten Vogelarten Österreichs gelandet.

Ein hübsch anmutendes Frühlingstier ist die Rotbauchunke. Sie drückt in Gefahrensituationen in Bauchlage den Rücken zum Hohlkreuz durch, sodass der gelblich bis rot gefleckte Bauch und die Unterseite der Gliedmaßen zum Vorschein kommen. Dieses „Unken-Yoga“ wird wissenschaftlich als Unkenreflex bezeichnet. Damit schützt sich das fünf Zentimeter kleine Tier vor dem Gefressen werden, denn die Färbung signalisiert den Feinden: „Achtung, giftig!“ Kein Unkenruf ist hingegen der Lebensraumverlust für alle Amphibien durch Flussbegradigungen und Entwässerungen.

Nicht akut in Wohnungsnot sind Krabbenspinne und Weidenschaumzikade: Erstere ähnelt mit ihren kräftigen Vorderbeinpaaren eher einer Krabbe als einer Spinne. Die Weibchen können ihre Körperfarbe je nach Untergrund aktiv wechseln – sehr praktisch, um perfekt getarnt Insekten aufzulauern.

Die Schaumzikaden wiederum leben in selbst erzeugten weißen Schaumballen im Geäst der Weiden. Spaziert man durch den  Auwald, sieht man es im Frühling gehörig tropfen. Man könnte meinen es regnet. Den schaumigen Behausungen der Zikaden verpasste man den Namen „Hexenspucke“.  

Sie sehen aus wie Geschöpfe der Urzeit und sie sind auch welche: Noch vor den Dinosauriern, bevölkerten Urzeitkrebse die Erde. Bei uns findet man noch mehrere Arten der äußerst seltenen, lebenden Fossilien – meist in Tümpeln, die nur kurzfristig Wasser führen. So suchten sich Imnadia yeyetta und Lepidurus apus im niederösterreichischen Marchegg ausgerechnet den ehemaligen Fußballplatz aus, um aus den Eiern zu schlüpfen. Auch Eubranchipus grubii, der Frühjahrs-Feenkrebs, fühlt sich in den Augewässern an der March wohl. Eine weitere in den Marchauen vorkommende Art, der Triops cancriformis, gilt mit einem Alter von mehr als 220 Millionen Jahren als älteste lebende Tierart der Welt. Bei dieser Krebsart existieren übrigens auch völlig männchenfreie Populationen.

So weit ist es bei der anmutigen Gottesanbeterin noch nicht gekommen – obwohl die Fangschrecke kannibalische Vorlieben hat: Das Weibchen frisst nach der Paarung das Männchen. „Dieses faszinierende Tier, zugleich Insekt des Jahres 2017, kann insbesondere auf den trockenen Heißländen im Nationalpark Donau-Auen im Frühling und Sommer gut beobachtet werden!“,  lautet der Tipp von Nationalparkmitarbeiterin Erika Dorn.

Eine Oscar-fähige Performance legt die häufig anzutreffende Ringelnatter hin, wenn sich Angreifer nicht durch Zischen oder Bisse vertreiben lassen: Dann stellt sich das Reptil tot, indem es den Körper erschlaffen lässt, teilweise den Bauch nach oben dreht, die Pupillen verdreht und aus dem geöffneten Maul die Zunge heraushängen lässt. „Akinese“ wird diese Akrobatik genannt.  
Mit all diesen rekordverdächtigen Anstrengungen können Eintagsfliegen nichts anfangen. Sie leben nur, um sich zu vermehren. Nach der Paarung im Flug werfen sie die befruchteten Eier aufs Wasser und sterben. Ihnen bleibt nicht einmal Zeit zum Fressen. „Carpe diem“, kann man da nur schlussfolgern.

Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at

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