WWF Artikel mit bestimmten Darstellungsformen: CMS-Video

Video: Schwall und Sunk – der Tod für Millionen Jungfische

Anfangs ist der Fluss noch ruhig. Doch dann kommt die große Welle. Innerhalb weniger Minuten stürzen enorme Wassermengen den Fluss hinunter. Der Wasserspiegel steigt in rasantem Tempo um bis zu 1,5 Meter. Die Strömung ist viel zu stark für die Fischlarven und Jungfische. Schutzsuchend flüchten sie in seichtere Bereiche und Gumpen an den Ufern, um der starken Strömung zu entgehen. So schnell wie das Wasser kommt, geht es auch wieder weg.

Die Folge: Jungfische können nicht rechtzeitig in tiefere Stellen schwimmen und sterben qualvoll an den trocken gefallenen Flussufern.

Zerstörerische Stromproduktion…

Die große Welle, der Schwall, kam aus dem Speicherkraftwerk. Wenn der Strombedarf – und damit auch der Strompreis – am höchsten ist, wird die Stromproduktion gestartet. Das gesammelte Wasser schießt aus dem Stausee durch Rohre zur Turbine im Kraftwerk und wird dann weiter in den Fluss geleitet. Dort verursacht es plötzlich auftretende Schwallwellen.

Das passiert nicht etwa selten, sondern oft mehrmals am Tag. Diese Art der Stromproduktion wird „Schwall- und Sunk-Betrieb“ genannt und ist eine besonders Zerstörerische.

Grafik: Auswirkungen Schwall und Sunkbetrieb

Grafik: Auswirkungen Schwall- und Sunk-Betrieb © WWF

… mit tödlichen Folgen

Der Schwall- und Sunk-Betrieb wirkt sich verheerend auf die Wasserlebewesen aus: Sie driften ab und die Tiere sind strapaziösen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Besonders tragisch ist das tödliche Stranden von Jungfischen und Fischlarven nach Absinken des Wassers.

„Auf Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen an der Drau schätzt der WWF, dass in Österreich jedes Jahr bis zu 200 Millionen Jungfische und Fischlarven der Schwall-Sunk-Belastung zum Opfer fallen. Der Großteil des Nachwuchses von gefährdeten Arten wie der Äsche wird qualvoll getötet. Das hat katastrophale Folgen für die betroffenen Arten, aber auch das ganze Ökosystem.“, so Bettina Urbanek, WWF-Flussschutz-Expertin.

Studie entlarvt Verstoß gegen Tierschutzgesetz

Die Studie „Schwall von Wasserkraftwerken – Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz“, die der WWF Österreich gemeinsam mit ÖKOBÜRO und Fischereiverband Tirol im November 2021 präsentierte, zeigt:

Das fahrlässige Töten von Fischen in schwallbelasteten Flüssen ist ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes“, so Katarina Zalneva, Studienautorin und Umweltjuristin bei ÖKOBÜRO.

Das Tierschutzrecht schützt das Leben jedes Tieres – auch das von Fischen, Jungfischen und sogar Fischeiern, da diese eigenständig leben können. Um die massenhaften Tötungen durch die Schwall-Wellen auch nur ansatzweise rechtfertigen zu können, müsste laut Tierschutzgesetz ein „vernünftiger Grund“ vorliegen. Das trifft auf den aktuellen Betrieb von Schwallkraftwerken allerdings nicht zu, wie die Rechtsstudie zeigt.

Die ganze Studie zum Nachlesen: Schwall von Wasserkraftwerken – Ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz“

Starke Schwall-Sunk-Belastung in ganz Österreich

Von der Schwall-Sunk-Belastung sind über 10 % der Strecken der größeren alpinen Flüsse wie Inn, Ziller, Ill, Bregenzer Ache, Drau, oder Salzach betroffen. Österreichweit sind 725 Kilometer an Flussstrecken so stark durch Schwall und Sunk belastet, dass sie nach EU-rechtlichen Vorgaben saniert werden müssen. Dieser Umstand ist seit über 20 Jahren bekannt. Dennoch hat die Wasserkraft-Branche bis heute die Umsetzung von notwendigen Maßnahmen verabsäumt.

Sofort-Maßnahme Jungfischfenster

Als erste wichtige Sofortmaßnahme fordern wir zusammen mit dem Tiroler Fischereiverband die Einführung eines „Jungfischfensters“. In dieser neunwöchigen Schonzeit im Mai und Juni muss die Schwallbelastung gestoppt oder zumindest stark reduziert werden. Diese Maßnahme schützt die Bestände, bis die Schwallsanierung umgesetzt ist.

Wasserkraft-Branche muss Flüsse sanieren

Was die Wasserkraft-Branche bisher versäumt hat, muss jetzt endlich passieren. Es ist höchste Zeit, die Schwall-Sunk-Belastung zu sanieren, damit sich die Fischbestände wieder erholen können. Das ist Voraussetzung dafür, dass Österreich die strengen Umweltziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis 2027 erreicht. Für die Sanierung der Schwall-Belastung braucht es vor allem eine Anpassung der Betriebsweisen der Kraftwerke und Verbesserungen der Flussmorphologie, also der Gestalt und Struktur des Flussbettes.

„Das Landwirtschaftsministerium muss bei der Überarbeitung des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans Sanierungs-Maßnahmen und einen Zeitplan verbindlich verankern, denn intakte Flüsse sind wertvolle Schutzschilder in Zeiten der Klimakrise und nötig für die nachhaltige Sicherung der Wasserressourcen in Österreich und Europa“, fordert Bettina Urbanek, „Denn ohne verbindliche Vorgaben ist höchst fraglich, ob die Wasserkraft-Branche die durch sie verursachten Schäden beheben wird.“ 

Schützen Sie Österreichs Natur!

Seeadler, Luchs & Co. brauchen Ihre Hilfe. Leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung österreichischer Naturschönheiten und ihrer Bewohner. Als Pate schützen Sie die artenreichsten Gebiete unserer Heimat und schenken Storch, Seeadler und Luchs eine Zukunft.

Schützen Sie Österreichs Natur!

Seeadler, Luchs & Co. brauchen Ihre Hilfe. Leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung österreichischer Naturschönheiten und ihrer Bewohner. Als Pate schützen Sie die artenreichsten Gebiete unserer Heimat und schenken Storch, Seeadler und Luchs eine Zukunft.

Schützen Sie Österreichs Natur!

Seeadler, Luchs & Co. brauchen Ihre Hilfe. Leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung österreichischer Naturschönheiten und ihrer Bewohner. Als Pate schützen Sie die artenreichsten Gebiete unserer Heimat und schenken Storch, Seeadler und Luchs eine Zukunft.

Rückfragen

Weitere Inhalte

Wissenswertes zum Thema

INNBewegung: WWF Video-Reihe über den Inn
Österreichs Flüsse und Seen in der Krise – 7 Verbesserungen, die es dringend braucht
WWF-Stellungnahme zum nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2022-2027
Tatort Kaunertal #7: Eisberg voraus - Die TIWAG fährt in eine unsichere Zukunft
Wieso der Platzertal-Speicher keine Lösung ist