Neue Landes-Verordnung verstößt mehrfach gegen EU-Recht – WWF fordert mehr Raum für heimischen Nager
Vizekanzler Michael Spindelegger gegen europaweite Naturschutzbemühungen
Die Naturschutz-NGOs sind fassungslos: „Österreich braucht für die Ausweisung von ein paar kleinen Schutzgebieten die EU nicht“, meinte Vizekanzler Michael Spindelegger in der TV-Konfrontation mit Bundeskanzler Werner Faymann. Für die Vogelschutzorganisation BirdLife, den WWF und Naturschutzbund ist eine derartige Aussage völlig unverständlich. Das Natura 2000 Netzwerk gehört zu den wichtigsten Naturschutzinstrumenten der EU, um europaweit bedeutende gefährdete Arten und Lebensräume ausreichend zu schützen. Es soll wesentlich dazu beitragen, dass in Österreich keine faulen Kompromisse auf Kosten von Natur und Umweltgemacht werden können.
Schlimm genug, dass Österreich der Ausweisung dieser Natura-Schutzgebiete seit 1995 nicht genügend nachkommt und sich deshalb immer wieder mit einer Reihe von Vertragsverletzungsverfahren seitens der EU-Kommission auseinandersetzen muss. „Die Ignoranz des Herrn Spindelegger gegenüber diesen Naturschutz-Verpflichtungen lässt vermuten, dass ihm der Zustand unserer Naturjuwele nicht am Herzen liegt!“, so Gerald Pfiffinger, Geschäftsführer BirdLife Österreich.
Um die heimische Natur steht es ohnehin nicht gerade zum Besten: Allein 60 Prozent aller heimischen Vogelarten und 55 Prozent der Säugetiere sind gefährdet. Einst häufige Vögel der Agrarlandschaft wie etwa die Feldlerche gehen seit Jahren dramatisch zurück. Umweltgifte gefährden die Ökosysteme – ein sichtbares Zeichen dafür ist das Bienensterben. Die NGOs sind sich einig: Ohne die von der EU eingeforderten Natura 2000 – Gebiete, die wenigstens die wichtigsten Naturschätze bewahren, wäre es um die Artenvielfalt in Österreich noch viel schlechter bestellt. Auch die Tatsache, dass die Bundesländer bislang nicht in der Lage waren, ihre Naturschutzverpflichtungen durch die Nominierung schützenswerter Lebensräume und ihrer Arten als Natura 2000 – Gebiete umzusetzen, steht im völligen Widerspruch zur Aussage des Vizekanzlers.
„Für den österreichischen Naturschutz ist die EU eine wesentliche Schutzmacht, die dafür sorgt, dass wir unsere internationalen Naturschutzverpflichtungen einhalten“, sagt Bernhard Kohler, WWF Programmleiter Österreich. „Wäre Naturschutz eine rein innerösterreichische Angelegenheit, würden unsere wertvollsten Naturjuwele mit Sicherheit bedenkenlos privaten Interessen geopfert werden. Flussheiligtümer wie die Isel in Osttirol würden hinter Kraftwerksmauern verschwinden, wenn die EU nicht beharrlich auf den Schutz der letzten intakten Gewässer drängen würde.“
Entrüstung auch bei Birgit Mair-Markart, Geschäftsführerin Naturschutzbund Österreich: „Natur kennt keine Grenzen, gerade deshalb ist ein europaweit abgestimmtes Netz von Schutzgebieten wie es Natura 2000 vorsieht, notwendig“.
Der Verzicht auf die österreichische Mitgliedschaft im EU – Netzwerk Natura 2000 – das größte europäische Schutzgebietsnetzwerk mit europaweit mehr als 26.000 Gebieten und einer Gesamtfläche von mehr als 750.000 km² – wie von Spindelegger gefordert – hätte katastrophale Folgen für den heimischen Naturschutz. BirdLife, WWF und Naturschutzbund erwarten sich daher von Vizekanzler und Europaminister Spindelegger in den nächsten Tagen eine Gesprächsbereitschaft, die auch der derzeitigen bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung in Sachen Österreichischem Naturschutz zugutekommt.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF Österreich, Tel. 01/ 488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF: Blatten-Katastrophe könnte sich im Kaunertal wiederholen
Experten-Analyse: Felsflanken über Gepatsch-Speicher mit ähnlicher Charakteristik wie in Blatten – WWF fordert Sicherheitsprüfung der bestehenden Anlage und Absage des Ausbauprojekts Kaunertal
WWF: Renaturierte Au zeigt Klimaschutz-Potential
Neue BOKU-Studie: Beweidete Auwiesen bleiben trotz Jahrhundert-Hochwasser stabile CO₂-Speicher – WWF fordert gesicherte Finanzierung von Renaturierung und Naturschutz-Offensive
WWF alarmiert: Regenwald in zehnfacher Fläche Österreichs bereits zerstört
Massive Regenwaldzerstörung schreitet voran: Lebensraumverlust für Jaguare und rosa Flussdelfine besonders kritisch – WWF fordert besseren Schutz
Renaturierung: WWF fordert mehr Tempo bei Österreichs Wiederherstellungsplan
Ein Jahr vor EU-Deadline sind zentrale Fragen immer noch offen – Lücken und Defizite bei Finanzierung und Einbindung der Öffentlichkeit
WWF-Erfolg: Tiger kehren in indischen Nationalpark zurück
Seit 2020 unterstützt der WWF ein Umsiedlungsprojekt im Rajaji-Nationalpark in Nordindien. Nun streifen wieder Tiger durch das Schutzgebiet – und sogar Tigernachwuchs wurde gesichtet!
WWF-Erfolg: 15 Sambars in Thailand freigelassen
Im Salakpra Wildlife Sanctuary wurden 15 Sambarhirsche in die Freiheit entlassen. Die Rückkehr der gefährdeten Pflanzenfresser ist ein wichtiger Schritt, um das Ökosystem zu stärken.
WWF: Pottwale, Finnwale und Delfine im Mittelmeer zunehmend bedroht
Schiffsverkehr gefährdet seltene Meeressäuger im Mittelmeer – WWF fordert Tempolimits und Ausweichrouten, um Kollisionen zu verhindern und ist im Einsatz gegen Geisternetze
WWF kritisiert Ausverkauf von Tiroler Naturschätzen
Geplantes Gesetzespaket der Landesregierung weicht Naturschutz auf und begünstigt Konzerne – WWF fordert Aus für “Ablasshandel” und grundlegende Überarbeitung des Entwurfs













