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CSDDD: Das EU-Lieferkettengesetz als Chance für eine zukunftsfähige Wirtschaft und einen lebenswerten Planeten

Multiple Krisen setzten globalisierte Lieferketten unter Druck. Höhere Einkaufspreise, Wartezeiten, Umsatzausfälle, zunehmender Planungsaufwand bis hin zum einem kompletten Produktionsstopp und der Nicht-Erfüllung von Aufträgen sind Realität.

Neben geopolitischen Krisen und Marktdynamiken nehmen dabei vor allem Engpässe in Zusammenhang mit der Klima- und Biodiversitätskrise rasant zu. Produktionsausfälle aufgrund fehlender Ökosystemleistungen wie Wassermangel oder klimabedingter Wetterextreme sind keine Ausnahme mehr.

Ein wirksamer rechtlicher Rahmen kann die notwendige Transparenz und Verbindlichkeit schaffen, um diese unternehmerischen Risiken zu minimieren: Mit fairen Wettbewerbsbedingungen und einem wichtigen Beitrag für eine lebenswerte Zukunft.

Hier setzt das geplante europäische Lieferkettengesetz, die CSDDD, an. Im Rahmen des Green Deals hat das EU-Parlament einen großteils ambitionierten Legislativvorschlag vorgelegt. Im Moment wird nun die verschiedene Entwürfe zwischen Parlament, Kommission und Rat, also den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, über die endgültige Ausgestaltung der Richtlinie verhandelt.

Ein wirksames Lieferkettengesetz würde klima- und umweltfreundliches Wirtschaften fördern, Lebensgrundlagen langfristig sichern und eine Investition in die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen mit sich bringen. Die österreichische Wirtschaft würde von fairen Wettbewerbsbedingungen und Risikominimierung profitieren und die Resilienz ihrer globalen Lieferketten erhöhen.

Nun gilt die Umsetzung der Richtlinie effizient und wirksam sicherzustellen. In den aktuellen Triolog-Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Rat, also den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, besteht jedoch die Gefahr eines zahnlosen Kompromisses. Weder die Wirtschaft noch der Planet würde davon profitieren.

Aus diesem Grund fordern wir die österreichische Bundesregierung dazu auf, sich für ein ambitioniertes und effektives Gesetz einzusetzen.

WWF Info:

Aktuell wird auf europäischer Ebene über Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit verhandelt.

Unter dem Namen Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) soll ein starkes EU-Lieferkettengesetz entstehen.

Die österreichische Wirtschaft hat dabei viel zu gewinnen.

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Fragen und Antworten zum EU-Lieferkettengesetz:

Welches Ziel verfolgt die CSDDD?

Das geplante europäische Lieferkettengesetz soll große Unternehmen in der EU verpflichten, mit den Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit achtsam umzugehen und die Einhaltung von, Klima- und Umweltschutz sowie Menschenrechten sicherzustellen.

Dafür baut der Gesetzesentwurf auf zwei Säulen auf:

  1. Sorgfaltspflichten
  2. Transitionspläne

Unternehmen müssten nicht nur transparenter werden, sondern auch Präventionsmaßnahmen treffen und für Handlungen Rechenschaft ablegen. Strategischer Klima- und Umweltschutz sowie die Einhaltung von Menschrechten würden zu einem fixen Bestandteil in allen Geschäftsbereichen.

Damit würde ein Schlüsselinstrument im Kampf gegen Klima- und Biodiversitätskrise und für eine resiliente, zukunftsfähige Wirtschaft geschaffen werden.

Welche Pflichten ergeben sich für Unternehmen aus der CSDDD?

Die Sorgfaltspflicht der großen Unternehmen würde Aktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfassen – von der Ressourcengewinnung bis zur Entsorgung. Das umschließt eigene Geschäftstätigkeiten, aber auch direkte und indirekte Zuliefernde. Damit würden Wirtschaftstreibende mit dem entsprechenden Umsatz beziehungsweise der entsprechenden Unternehmensgröße erstmals umfassend, in ihrem Kerngeschäft zum konkreten Handeln verpflichtet. Zentralen Treiber der Klima- und der Biodiversitätskrise würden direkt adressiert und wirksam minimiert.

Durch den begleitenden Einsatz von konkreten Transitionsplänen würden strategischer Klima- und Umweltschutz sowie die Einhaltung von Menschrechten zu einem fixen Bestandteil in allen Geschäftsbereichen werden. Große Unternehmen würden für eine nachhaltige Transformation Verantwortung übernehmen. Also nicht nur transparenter werden, sondern auch Präventionsmaßnahmen treffen und für Handlungen Rechenschaft ablegen.

Unternehmen, die diese Pflichten ungenügend umsetzen, hätten mit Sanktionen und rechtlichen Konsequenzen zu rechnen.

Welche Unternehmen wären von der CSDDD direkt betroffen?

Laut vorliegendem Entwurf der Richtlinie des EU-Parlaments würden Wirtschaftstreibende mit einem Umsatz von 40 Millionen EUR beziehungsweise der Unternehmensgröße von 250 Mitarbeitenden im Rahmen der CSDDD erstmals zum konkreten Handeln im Kerngeschäft verpflichtet.

Warum braucht die Wirtschaft ein starkes Lieferkettengesetz?
  • schafft Versorgungssicherheit, Risikominimierung, Resilienz bei fragilen Lieferketten
  • erleichtert die Umsetzung von Zielen und Pflichten im unternehmerischen Klima- und Biodiversitätsschutz
  • fördert Chancen sowie Innovation und schafft damit faire Wettbewerbsbedingungen für nachhaltig agierende Unternehmen
  • bringt mehr Klarheit für Wirtschaftstreibende bzgl. künftiger regulatorischer Vorgaben
  • leistet wichtigen Beitrag zur Einhaltung der Klima- und Biodiversitätsziele zur Sicherstellung einer lebenswerten Zukunft

Neben den steigenden Risiken aufgrund fragiler Lieferkette, werden bereits jetzt Wirtschaftstreibende von einzelnen nationalen Gesetzgebungen, dem Finanzmarkt, freiwilligen Brancheninitiativen sowie dem Wettbewerb und Kund:innen immer häufiger aufgefordert, ihre Lieferkette aktiv in Zielsetzungen einzubinden.

In einem wirksam umgesetzten Lieferketten-Gesetz würden sich auch zahlreiche Aspekte aus anderen Bereichen des unternehmerischen Klima- und Biodiversitätsschutz sowie regulatorischen Offenlegungspflichten widerspiegeln bzw. weiter verdichten. Die Umsetzung der Anforderungen, die an Unternehmen aus diesen Bereichen gestellt werden, würde sich für Unternehmen maßgeblich erleichtern.

Warum reichen bisher freiwillige Initiativen nicht aus?

Lange Lieferketten sind Teil der globalisierten Wirtschaft . Aktuell sind die Wertschöpfungsketten europäischer Unternehmen wesentlich für massive CO2-Emissionen, gravierende Umweltprobleme und Menschenrechtsverletzungen weltweit verantwortlich. Vor allem die Lieferketten der Lebensmittelindustrie sowie die der Branchen Infrastruktur, Mobilität, Energie und der Modeindustrie produzieren enorme CO2-Emissionen und erhöhen gleichzeitig den Druck auf die Biodiversität. Denn durch den Abbau und die intensive Nutzung von Ressourcen, Landnutzungsänderungen und Umweltverschmutzungen schwindet die biologische Vielfalt weltweit in nie dagewesenem Ausmaß.

Die EU hat beim Thema Biodiversitäts- und Klimaschutz in der Wertschöpfungskette bisher vor allem auf Pflichten für mehr Transparenz gesetzt. Ein Beispiel dafür ist die EU-Taxonomie-Verordnung, die Finanzdienstleister dazu verpflichtet, Nachhaltigkeit offenzulegen, sie aber nicht verpflichtet, nachhaltige Aktivitäten auszuweiten. Die Klima- und Biodiversitätskrise und ihre Auswirkungen erfordern eine rasche Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Gemessen an der Dringlichkeit dieser Maßnahmen reichen einzelne, freiwillige Initiativen jedoch nicht aus.

Welche Forderungen stellt der WWF an eine effiziente und wirksame Richtlinie?

1. Umwelt: Negative Umweltauswirkungen umfassend berücksichtigen

Das künftige Lieferkettengesetz muss sicherstellen, dass Unternehmen ihre zentralen, negativen Umweltauswirkungen erkennen und beseitigen können. Dazu braucht es das Vorgeben konkreter, zu berücksichtigender Kategorien, zum Beispiel Auswirkungen auf Klima, Biodiversität, Wasser. Gleichermaßen muss die CSDDD dem neuesten Stand völkerrechtlicher Vereinbarungen gerecht werden und mit anderen Gesetzen kompatibel sein.

2. Finanzmarkt: Wirksamkeit durch Integration von Realwirtschaft und Finanzdienstleister sicherstellen

Neben Unternehmen der Realwirtschaft müssen der Finanzmarkt in die geplante Richtlinie eingebunden sein. Nur wenn der Finanzsektor vollständig integriert wird, kann dieser seiner Rolle als Treiber der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft gerecht werden.

Hier muss die Politik dringend nachbessern. Wie bereits von zahlreichen Investorengruppen gefordert, müssen dafür Klima- und Biodiversitätsauswirkungen auch im Anlagebereich genügend berücksichtigt werden. Dadurch kann auch das Risiko-Management und damit die Stabilität des Finanzsektors verbessert werden.

3. Klima: Wissenschaftsbasierte Klima-Transitionspläne statt Greenwashing

Der aktuelle Vorschlag der Kommission ist lückenhaft und bietet daher Möglichkeiten für Greenwashing. Um die Wirksamkeit sicherzustellen, sind folgende Verbesserungen notwendig:

  • Alle Wirtschaftstreibenden, die von der geplanten Richtlinie erfasst sein werden, benötigen einen wissenschaftsbasierten Klimaschutzplan mit 5-Jahres-Zielen, welche absolute Reduktionsziele für Emissionen entlang der Wertschöpfungskette einschließt.
  • Damit unternehmerische Klimaziele für Unternehmen handlungsleitend werden, muss deren Erreichung auch in Bonus-Bezüge des Managements aufgenommen werden.

4. Verbindlichkeit: Praxisnahe Durchsetzbarkeit sicherstellen

Unternehmen brauchen klare Regeln, wie sie die Sorgfaltspflichten umzusetzen haben. Um Ziele zu erreichen und die Einhaltung der Sorgfaltspflichten sicherzustellen, muss die Gesetzgebung daher auch wirksame Sanktionen für Verstöße enthalten:

  • Eine zivilrechtliche Haftung muss bei groben Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten greifen.
  • Die zuständigen nationalen Behörden müssen so ausgestattet sein, dass Unternehmen bei der Durchführung der Sorgfaltspflichten unterstützen werden können und die Durchsetzung überwacht wird.
Wann würde die Richtlinie in Österreich umgesetzt?

Nach einem Beschluss der CSDDD auf Ebene der Europäischen Union, hat die österreichische Bundesregierung – je nach Umsetzungsfrist – 2 oder 3 Jahre Zeit, um die Richtlinie umzusetzen.

Was sind die nächsten Schritte?

Im Juni 2023 wurde die größtenteils ambitionierte Position des EU-Parlaments fixiert.

Der WWF unterstützt die aktuelle Position des Europäischen Parlaments. Dieser möchte deutlich ambitionierter handeln als der lückenhafte Entwurf der Europäischen Kommission. In den gerade laufenden Triolog-Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und Rat, also den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, besteht jedoch die Gefahr eines zahnlosen Kompromisses. Weder die Wirtschaft noch der Planet würde davon profitieren. Daher gilt es, in den nächsten Monaten für ein wirksames EU Lieferkettengesetz einzutreten.

Rückfragen

Teresa Gäckle
Programmmanagerin Sustainable Finance, WWF Österreich

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