© Andrey Popov
Lebensmittelverschwendung
Zu viele genießbare Lebensmitteln landen statt am Teller in der Tonne
Der WWF-Report Driven to Waste zeigt neue Ausmaße der Verschwendung wertvoller Lebensmittel: Statt der bisher geschätzten 33 %, werden etwa 40 % der weltweit produzierten Nahrungsmittel nie gegessen. In anderen Worten: Alle von Jahresbeginn bis zum 26. Mai produzierten Lebensmittel gehen rechnerisch entlang der Wertschöpfungskette verloren. Auf diese unnötige Ressourcenverschwendung möchten wir aufmerksam machen. Daher ruft der WWF Österreich am 26. Mai 2022 den Tag der Lebensmittelrettung aus.
Die Verschwendung wertvoller Nahrungsmittel feuert Klimakrise und Artensterben an! Denn die Herstellung von Lebensmitteln ist energieintensiv und es entstehen erhebliche Mengen an Treibhausgasen. Außerdem nimmt sie viel Fläche in Anspruch, die der Natur dann nicht mehr zur Verfügung steht.
Zahlen & Fakten
- Weltweit gehen etwa 40% aller produzierten Lebensmittel entlang der Wertschöpfungskette verloren.
- 1 Million Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle entstehen in Österreich jedes Jahr – valide Zahlen der Landwirtschaft fehlen allerdings.
- Lebensmittelverschwendung ist für rund zehn Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich – knapp doppelt so viel wie der jährliche Ausstoß des Autoverkehrs in der EU und den USA zusammen.
Herausforderungen
Deshalb ist Lebensmittelverschwendung ein Problem
Herausforderung 1: Belastung für Natur und Klima
In Österreich werden etwa 20 % des CO2-Fußabdrucks durch die Produktion und den Konsum von Nahrungsmitteln verursacht. Unsere Lebensmittel werden angebaut und geerntet, mehrmals transportiert, gelagert, oft gekühlt oder verarbeitet und schlussendlich zubereitet. All das verbraucht enorm viele Ressourcen und Energie. Trotzdem landet zumindest 1/3 im Müll. Lebensmittelverschwendung ist für rund zehn Prozent des globalen Treibhausgasausstoßes verantwortlich . Jedes Kilogramm an wertvollen Lebensmitteln im Mist ist somit eine unnötige Belastung für unseren Planeten.
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LEBENSMITTELVERSCHWENDUNG IST FÜR RUND 10 % DER GLOBALEN TREIBHAUSGASE VERANTWORTLICH
Herausforderung 2: Verschwendung vom Feld bis auf den Teller
Vermeidbare Lebensmittelabfälle entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette: In der Landwirtschaft, in der Produktion, im Handel, in der Außer-Haus Verpflegung und bei den Endverbraucher:innen. “Vom Feld auf den Teller” landen so in Österreich zumindest 1 Millionen Tonnen genießbare Lebensmittel im Müll, wobei für die Verluste in der Landwirtschaft noch keine vollständigen Daten vorliegen.
Allein in den österreichischen Haushalten landen jährlich bis zu 521.000 Tonnen an genießbaren Lebensmitteln im Wert von bis zu 800 Euro pro Haushalt im Mist. Eine unnötige Verschwendung mit enormen Auswirkungen: Nicht nur auf die Geldbörse, sondern auch auf die Gesellschaft, unsere Natur und unser Klima. In der Studie „Lebensmittelverschwendung in österreichischen Haushalten“ ist der WWF gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur den Fragen nachgegangen welche Produkte im Müll landen und warum.
Um diese unnötige Verschwendung zu stoppen, müssen alle Sektoren und Akteur*innen der Wertschöpfungskette Verantwortung übernehmen und konkrete Maßnahmen setzen.
Herausforderung 3: Fehlende politische Maßnahmen
Die UN-Nachhaltigkeitsagenda hat 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung definiert. Ziel 12 fordert eine Transformation hin zu verantwortungsvollen Konsum- und Produktionsmustern, unter anderem durch die Reduktion von Lebensmittelverschwendung.
Die UN-Nachhaltigkeitsagenda wurde von 193 UN-Mitgliedsstaaten, auch von Österreich, unterzeichnet. Daher ist die österreichische Bundesregierung gefordert, eine ambitionierte Strategie vorzulegen, um dieses Ziel zu erreichen.
Lösungen
So können wir die Lebensmittelverschwendung in den Griff bekommen
Lösung 1: Lebensmittelverschwendung im Haushalt stoppen
Etwa die Hälfte der vermeidbaren Lebensmittelabfälle in Österreich entsteht direkt zu Hause, somit können auch wir ein Teil der Lösung sein.
Um Lebensmittel nicht zu verschwenden, helfen gute Einkaufsplanung, richtige Lagerung, unser Geruchs- und Geschmackssinn und kreative Resteverwertung. Weitere ganz konkrete Infos und Tipps gibt es hier: Praxistipps gegen Lebensmittelverschwendung. Somit hat Lebensmittelrettung im eigenen Haushalt nicht nur positive Auswirkungen auf die Geldbörse, sondern auch auf die Gesellschaft, unsere Natur und unser Klima.
Lösung 2: Business Case Food Waste
Auch Unternehmen können bei der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung einen großen Hebel haben. Schließlich entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette Lebensmittelabfälle. Außerdem essen wir oft in der Bürokantine oder in Restaurants anstatt zuhause. Dass sich Maßnahmen für Lebensmittelrettung auch wirtschaftlich rentieren, zeigt eine Studie der UN-Initiative, in der Unternehmen verschiedener Branchen wie Hotellerie, Gastronomie und Handel zum Thema „Business Case Food Waste“ befragt. Das Ergebnis: 99 Prozent der Unternehmen hatten bei einer Investition in Vermeidung von Lebensmittelabfällen eine positive Rendite. Die größten Einsparungspotenziale wurden im Bereich Gastronomie nachgewiesen. Über die gesamte Wertschöpfungskette gesehen bekommen Unternehmen durchschnittlich das 14-fache für Investitionen gegen Lebensmittelverschwendung zurück. Die finanziellen Vorteile ergaben sich insbesondere durch einen geringeren Wareneinkauf, einen höheren Anteil der an Konsumenten und Konsumentinnen verkauften Lebensmitteln und der Reduktion der Abfallmanagement-Kosten.
Gleichzeitig wächst aber auch der Bedarf nach konkreten Richtlinien, wie die Wirtschaft am effektivsten zur Erreichung der Ziele beitragen kann und vergleichbare Daten erhält. Für die Lebensmittelbranche und Retailer bietet der Food Loss and Waste Accounting and Reporting Standard eine Chance, ihren ökologischen und sozialen Fußabdruck zu verringern und somit zur Erreichung der SDGs beizutragen.
Lösung 3: Ambitionierte Tonnen-Politik
- Im Rahmen eines für alle Sektoren verpflichtenden Aktionsplans muss die Bundesregierung konkrete Maßnahmen vorlegen, um vermeidbare Lebensmittelabfälle bis 2030 zu halbieren. Dafür braucht es verbindliche Ziele, flächendeckende Erhebungen der Menge an Verschwendung und Verlusten, sowie regelmäßige Fortschrittsberichte.
- Gesetze und Förderungen müssen auf ihr Potential zur Abfallentstehung evaluiert und reformiert werden. Dies betrifft insbesondere übertriebene optische Vermarktungs- und Handelsnormen für Obst und Gemüse und den Einsatz des Mindesthaltbarkeitsdatums auf lange haltbaren Produkten, wie etwa Trockenwaren.
- Verpflichtende Maßnahmenpakete für alle Akteure der gesamten Wertschöpfungskette müssen beschlossen und umgesetzt werden. Dazu zählen Berichtspflichten für Unternehmen, die Reduktion von Multipack-Angeboten, sowie die Förderung der Weitergabe von Überschüssen an karitative Organisationen.
Das sind unsere 5 Forderungen an die Politik.
Lebensmittelverschwendung geht uns alle etwas an. Wir müssen jetzt beginnen, aktiv gegen das unnötige Wegwerfen wertvoller Nahrungsressourcen anzukämpfen. Nur so kann die Ernährungswende gelingen.
Projekte
So engagiert sich der WWF gegen Lebensmittelverschwendung
Datenlücken schließen – Veröffentlichen von Zahlen und Fakten zu vermeidbarer Lebensmittelverschwendung
Vom Feld auf den Teller, also entlang der gesamten Wertschöpfungskette, gehen genussfähige Nahrungsmittel verloren. Neue Schätzungen ergeben allein für Österreich in Summe eine jährliche Menge an vermeidbarer Lebensmittelverschwendung von rund 1 Million Tonnen. Haushalte, Landwirtschaft, Produktionsbetriebe, Handel, Außer-Haus-Verpflegung und die Politik sind gefordert: Gemeinsam müssen wir die Verantwortung für einen achtsamen Umgang mit Nahrungsmitteln tragen und eine Trendwende schaffen.
Eine wichtige Basis für die Reduktion der Lebensmittelabfälle sind wissenschaftliche Daten. Daher arbeiten wir mit Partnern daran die Wissenslücke zu schließen und veröffentlichen Studien zum Thema.
Bewusstseinsbildung und politische Arbeit
Am 26. Mai ist Tag der Lebensmittelverschwendung. Denn rechnerisch landen alle Lebensmittel, die von Jahresbeginn bis zu diesem Tag produzierten werden, im Müll. Der WWF nutzt diesen Anlass, um das öffentliche Bewusstsein für die Problematik zu schärfen und Lösungen zur Vermeidung unnötiger Verschwendung aufzuzeigen.
Stoppen wir gemeinsam die unnötige Verschwendung wertvoller Lebensmittel mit enormen Auswirkungen auf Geldbörse, Gesellschaft, Klima und Natur!
Vermeidungsmaßnahmen umsetzen
In unserer Arbeit mit Unternehmen zum Thema Lebensmittelverschwendung setzen wir uns für wirksame Maßnahmen und konkrete Ziele zur Reduktion der Lebensmittelverschwendung ein und unterstützen Unternehmen auf ihrem Weg dorthin.
In enger Zusammenarbeit haben der WWF, das österreichische Ökologie-Institut und der Großhändler KASTNER das Thema Lebensmittelverschwendung im Großhandelssektor genauer unter die Lupe genommen, um die bestehende Datenlücke in diesem Bereich zu schließen. Die Ergebnisse zeigen: Im österreichischen Lebensmittelgroßhandel fallen jährlich 10.300 Tonnen vermeidbare Nahrungsmittelabfälle an.
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