Alle WWF Artikel

© shutterstock/233357437

Interview: Fragen rund ums Testament mit Dr. Christoph Beer

85 % der Österreicherinnen und Österreicher über 18 Jahren haben kein Testament. Bei den über 60-Jährigen sinkt dieser Anteil auf rund 40 %. Im Rahmen der „Woche des guten Testaments“ ist die Initiative „Vergissmeinnicht“, der auch der WWF Österreich angehört, gemeinsam mit Notar Dr. Christoph Beer bei Radio Klassik Stephansdom verschiedenen Fragen zur Testamentserrichtung nachgegangen.

Interviewer: Was passiert, wenn man kein Testament macht?

Dr. Christoph Beer: Ja, wenn man kein Testament macht, dann tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Und die besagt, das bestimmte Blutsverwandte in einer bestimmten Reihenfolge man nennt das nach Linien, nach Parentelen erben. Und neben dem Blutsverwandten erbt der Ehegatte 1/3 und neben Vorfahren erbt der Ehegatte 2/3. Das ist die gesetzliche Erbfolge.

Interviewer: Wann ist es ratsam, ein Testament zu machen?

Dr. Christoph Beer:  Es ist ratsam, wenn ich die gesetzliche Erbfolge ändern möchte, wenn sie nicht passt. Das kann in vielen Konstellationen der Fall sein. Beispielsweise: Ich habe einen Lebensgefährten, ich habe Stiefkinder, die würden sonst kein gesetzliches Erbrecht haben. Oder ich kann auch ein Testament dann machen, wenn ich die Erbquoten ändern möchte. Wenn ich zum Beispiel kleine Kinder habe, ist es sinnvoll, vielleicht den Ehegatten einzusetzen. Und wenn die Kinder größer werden, kann man das dann ändern. Und man sollte auch dann ein Testament machen, wenn man zum Beispiel eine gemeinnützige Organisation bedenken möchte, weil dies natürlich auch kein gesetzlicher Erbe.

Interviewer: Welche Form sollte ein Testament haben?

Dr. Christoph Beer: Die einfachste Form ist das eigenhändige Testament. Da muss ich selber den gesamten Text schreiben und unterschreiben. Bitte auch ein Datum daraufsetzen. Das kann sozusagen jeder selber machen. Dann gibt es die Möglichkeit eines fremdsprachigen Testaments. Da sind die Formvorschriften im Detail recht komplex. Es muss jedenfalls drei Zeugen geben und die müssen einen Beisatz machen und der Testator muss auch eigenhändige etwas dazuschreiben. Also das schafft man als Laie kaum wirklich unfallfrei zu errichten. Ich würde überhaupt außer bei ganz einfachen Testamenten eher davon abraten, selbst ein Testament zu verfassen, weil das Erbrecht ist eine recht komplexe Materie, und es kommt dann – das weiß ich leider aus meiner Praxis – bei den selbst verfassten Testamenten etwas anderes heraus als der Testator eigentlich wollte.

Interviewer: Das heißt für ein Testament macht es Sinn, einen Notar wie Sie oder andere zu kontaktieren und damit zu befassen.

Dr. Christoph Beer: Genau. Erstens passt der Text. Es gibt eben dann keine Möglichkeit, oder die Möglichkeit darüber zu streiten, ist stark eingeschränkt und die Errichtung durch den Notar hat noch den weiteren Vorteil, dass das Testament beim Notar hinterlegt wird. Das heißt, es kann nicht verloren gehen, verschwinden, nicht gefunden werden und es wird die Tatsache, dass ein Testament bei diesem Notar liegt, auch im Zentralen Testamentsregister registriert. Dieses Register wird in jedem Verlassenschaftsverfahren abgefragt. Damit ist auch hundertprozentig gewährleistet, dass dieses Testament zur Anwendung kommt.

Interviewer: Kann man als Testaments Spender eine Organisation einsetzen als Erben bzw. Ersatzerben?

Dr. Christoph Beer: Kann man selbstverständlich. Man muss halt immer ein bisschen im Auge haben, dass gewisse nahe Verwandte, sprich Kinder und der Ehegatte in Pflichtenteilsrecht haben. Das heißt, neben diesen nahen Verwandten werden Organisationen in der Regel eher mit sogenannten Vermächtnissen bedacht. Das heißt, sie bekommen eine bestimmte Sache, einen bestimmten Geldbetrag, oder es kann auch sein, dass Organisationen zur Ersatzerben eingesetzt werden. Das ist nämlich auch ein sehr wichtiger Inhalt eines Testaments, der oft übersehen wird. Ich darf nicht nur einen Erben einsetzen, sondern ich muss auch daran denken, was ist, wenn dem Erben vor mir etwas passiert oder gleichzeitig mit mir? Wer soll dann erben? Da ist zum Beispiel bei Menschen, die einen Angehörigen haben, die sagen „Wenn dem vor mir was passiert, dann setze ich als Ersatzerben eine gemeinnützige Organisation ein.“

Interviewer: Und auch für diesen Fall macht es eben Sinn, ein Testament abzuschließen?

Dr. Christoph Beer: Ja, genau. Weil, wenn ich sonst keine Angehörigen habe, diesen Fall, dass dem vorgesehenen Erben vor mir was passiert, nicht bedacht habe und sonst keine Verwandten, dann würde es an den Staat gehen.

Dr. Christoph Beer

Notar

Lies hier mehr

So funktioniert eine Seeadler-Besenderung
Die ESRS kommen: die European Sustainability Reporting Standards für Unternehmen
Fotostrecke: Wie der WWF den Wolf schützt
So geht Brot retten: 7 einfache Tipps
Damit in Ihrem Haushalt kein Brot mehr im Müll landet.