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„Stop the Clock“ hält Klima- und Biodiversitätskrise nicht auf

Wie Unternehmen zukunftsorientiert handeln können, trotz regulatorischer Rückschritte.

Viele Unternehmen stehen derzeit vor der Frage, wohin sich die europäische Nachhaltigkeitsregulierung entwickeln wird und wie sie ihre Ressourcen dementsprechend bündeln können. Aktuelle Entwicklungen auf EU-Ebene sorgen für Verunsicherung. Doch ein Blick hinter die Schlagzeilen zeigt: Es lohnt sich, Kurs zu halten.

Wirtschaftsstandort Europa braucht nachhaltige Lösungen

Die EU-Kommission hat in den vergangenen Jahren mit dem „Green Deal“ einen umfassenden Gesetzesrahmen auf den Weg gebracht, der auf die fortschreitende Klimakrise und die zunehmenden Umweltprobleme reagiert. Für Unternehmen ergeben sich daraus neue Pflichten – aber auch zahlreiche Chancen.

Im Februar kam die EU-Omnibus 1-Initiative

Offiziell soll sie bestehende Vorschriften vereinfachen. In der Praxis jedoch reichen die geplanten Änderungen so weit, dass sie zentrale Ziele der EU-Regulierung gefährden – etwa ein wirksames Risikomanagement oder die Verfügbarkeit verlässlicher Nachhaltigkeitsdaten für Investor:innen. Die bestehende Unsicherheit für Unternehmen wird verstärkt. Unternehmen, die bereits investiert haben, werden benachteiligt.

Wir haben die wichtigsten Punkte der letzten Monate für Sie zusammengefasst:

Nicht-Einhaltung „Better Regulation“-Vorgaben:

Die EU-Ombudsfrau Teresa Anjinho hat eine Untersuchung gegen die EU-Kommission wegen möglicher Verstöße gegen „Better Regulation“-Vorgaben bei den Omnibus-Vorschlägen – u.a. fehlten Folgenabschätzung, öffentliche Konsultation und Klimaverträglichkeitsprüfung. Auch der UN-Menschenrechtskommissar äußert Kritik am Omnibus-Vorschlag zur CSDDD.

EZB sieht Risiken:

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) sieht den geplanten Rollback bei der Nachhaltigkeitaberichterstattung kritisch: In einer Stellungnahme warnt sie davor, dass die weitgehende Ausnahme vieler Unternehmen von der CSRD ihre Möglichkeiten einschränken würde, klimabezogene Risiken für die Geldpolitik wirksam zu bewerten.

„Stop-the-Clock“-Richtlinie verschiebt dringliche Fristen:

Die CSRD-Berichtspflicht für große Unternehmen, die die Berichterstattung noch nicht aufgenommen haben, und für börsennotierte KMUs verschiebt sich um zwei Jahre. Sie müssen somit zum ersten Mal 2028 über das vorherige Geschäftsjahr berichten. Die nationale Umsetzung der EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) wird um ein Jahr verschoben. Große Unternehmen wären damit frühestens im Jahr 2028 davon betroffen.

Ausnahmen in Diskussion:

Die EU-Kommission hat außerdem einen Vorschlag für Ausnahmen für viele der 2025 erstmals berichtspflichtigen Unternehmen (Wave 1) veröffentlicht. Damit soll vermieden werden, dass Unternehmen Angaben machen müssen, die durch mögliche Änderungen an den ESRS bis 2027 wieder entfallen könnten.

Nächste Schritte EU-Taxonomie:

Die öffentliche Konsultation zur geplanten Vereinfachung der EU-Taxonomie endete am 26. März 2025. Der Erlass der entsprechenden Änderungsverordnung war für das zweite Quartal dieses Jahres vorgesehen, ist bislang jedoch nicht erfolgt.

Zeitplan für Omnibus I veröffentlicht:

Eine erste Plenar-Abstimmung ist für Oktober 2025 angesetzt, gefolgt von Trilog-Verhandlungen mit dem Rat. Eine Verabschiedung der Änderung vor dem ersten Quartal 2026 gilt derzeit als äußerst unwahrscheinlich.

Nächste Schritte ESRS:

Die EFRAG hat am 20. Juni einen Fortschrittsbericht zur ESRS-Überarbeitung vorgelegt, der sechs Hebel umreißt, wie mindestens 50% der verpflichtenden Datenpunkte reduziert werden sollen. Im Juli sollen die Exposure Drafts erscheinen.

Ratsposition beschlossen:

Der EU-Rat hat am 24.6.2025 seine Position bekannt gegeben, die noch weit über die von der Kommission vorgesehene Aufweichung zentraler Gesetze hinausgeht. In den kommenden Wochen wird im EU-Parlament ebenfalls verhandelt.

Durch den derzeitigen holprigen Prozess geht wichtige Zeit verloren! Denn während die Politik zögert, schreiten Biodiversitäts- und Klimakrise weiter voran.

Jüngste Extremwetterereignisse, das weltweite Artensterben oder neue Hitzerekorde führen vor Augen: Naturgesetze lassen sich nicht per Gesetz verschieben oder aussetzen. Auch in Österreich nicht.

Unternehmen müssen Wege finden, die Zwillingskrisen strategisch zu managen und ihre Geschäftsmodelle langfristig resilient auszurichten.

Ein vorausschauendes, wirkungsorientiertes Nachhaltigkeitsmanagement bleibt damit unverzichtbar.

Unternehmen müssen die Transformation in Richtung Zukunft mitgestalten.

Bis 2035 werden nachhaltige Branchen die globale Wirtschaft dominieren. Den größten Vorteil haben jene Unternehmen, die den Wandel aktiv mitgestalten – nicht jene, die ihm hinterherlaufen. Dafür gilt es laut einer Studie der Universität Cambridge auf folgende 6 zentrale Punkte zu setzen.

  1. Den Denkrahmen verschieben – weg von bloßer Pflichterfüllung hin zu Wertschöpfung, Wettbewerbsfähigkeit und echter Transformation.
  2. Der ESG-Falle entkommen – durch das Ende symbolischer oder rein reputationsgetriebener Maßnahmen und den Fokus auf wirklichen Markteinfluss.
  3. Sich auf Wettbewerb und Wandel vorbereiten – mit strategischem Weitblick, abgestimmter Führung und Verankerung auf Vorstandsebene.
  4. Innovation gezielt nutzen – um Technologien zu skalieren, Nachfrage zu gestalten und systemische Kipppunkte auszulösen.
  5. Die Spielregeln verändern – durch strategische Einflussnahme auf Politik, um faire und zukunftsfähige Märkte zu schaffen.
  6. Momentum aufbauen – über Branchenbündnisse, werteorientiertes Lobbying und klare Positionierung in der öffentlichen Debatte.

Kontakt

Teresa Gäckle M.Sc.
Programm-Managerin Nature & Business
+43 676 83 488 296
teresa.gaeckle@wwf.at

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Teresa Gäckle M.Sc.
Programm-Managerin Nature & Business, WWF Österreich

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