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© Christian Lendl

Wieso zu viele Forststraßen unseren Wäldern schaden

Österreich ist ein Land der Wälder fast 48% der Staatsfläche sind mit Wald bedeckt. Und die österreichischen Wälder spielen eine wichtige Rolle für Klimaschutz und Biodiversität. Besonders wertvoll sind unerschlossene, naturnahe Wälder. Sie können viel Kohlenstoff speichern und bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen.

Gleichzeitig ist der österreichische Wald auch als Erholungsraum, als Arbeitsplatz und als Ressourcenquelle bedeutend. Um die Rohstoffe des Waldes zu nutzen, machen Forststraßen den Wald für die Forstwirtschaft zugänglich: Österreichs Waldökosysteme sind durch ein dichtes Forststraßennetz erschlossen.

Riesiges Netz aus Forststraßen

Insgesamt durchschneiden 218.000 Kilometer an Forststraßen die Wälder – das entspricht dem fünffachen Erdumfang. Das hat jedoch zahlreiche Auswirkungen auf Waldstruktur, Tiere, Mikroklima und Boden.

Das österreichische Forststraßennetz wurde nun vom E.C.O. Institut für Ökologie im Auftrag des WWF Österreich genauer untersucht. Im Rahmen der Studie wurde es erstmals seit der Waldinventur 1992/96 systematisch erfasst.

Eines der Ergebnisse: Befindet man sich an einem beliebigen Punkt im österreichischen Wald, so ist die nächste Forststraße durchschnittlich nur 130 Meter entfernt. Dabei macht es nur einen geringen Unterschied, in welchem Bundesland man sich aufhält.

Tirol hat mit einem durchschnittlichen Wert von 202 Meter den größten Abstand zur nächsten Waldstraße und Niederösterreich mit 103 Metern den geringsten. Gebiete mit einer besonders hohen Dichte an Waldstraßen sind in der Steiermark und im Nordosten Oberösterreichs zu finden.

Diese negativen Auswirkungen haben Forststraßen:

  • Direkter Verlust an Waldfläche: Durch Forststraßen und ihre Böschungen gehen in Österreich insgesamt etwa 4% der intakten Waldböden und Waldfläche verloren. Diese Fläche steht als Waldlebensraum nicht mehr zur Verfügung.
  • Fragmentierung: Forststraßen zerschneiden einen Lebensraum in kleinere Teil-Habitate. Dadurch werden Interaktionen unterbrochen und die Ausbreitungsmöglichkeit von Arten eingeschränkt. Vor allem für wenig mobile, spezialisierte Waldbewohner bilden Forststraßen eine kaum überwindbare Barriere.
  • Bodenverdichtung: Durch das Befahren des Waldbodens wird der Boden verdichtet und dadurch die Bodenfruchtbarkeit reduziert.
  • Wasserspeicherung: Der Verlust der Vegetation und die Verdichtung des Bodens auf der Straße führen zu einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts und der natürlichen Entwässerung und können das Ausmaß und die Häufigkeit von Überschwemmungen und Muren erhöhen.
  • Ausbreitung von invasiven Arten: Forststraßen gehören zu den sogenannten anthropogenen Störzonen: sie bieten ein hohes Ansiedlungs- und Ausbreitungspotential für invasive Arten.
  • Mikroklima: Durch die Öffnung des Kronendachs sind Sonneneinstrahlung und Temperatur auf Forststraßen höher als in geschlossenen Waldflächen. Gleichzeitig herrscht eine geringere Luftfeuchtigkeit.

Wie man das Problem lösen kann:

Es gibt also Handlungsbedarf, um die negativen Auswirkungen von Forststraßen zu verringern und große zusammenhängende Waldflächen zu schützen. Konkret schlägt der WWF folgende Handlungsempfehlungen vor:

  • Einheitlicher Rechtsrahmen: Genehmigungsverfahren sollten im Sinne des Klima- und Naturschutzes verbessert und vereinheitlicht werden, da es aktuell keine allgemeine Bewilligungspflicht für Forststraßen gibt.
  • Natur- und klimaverträgliche Gestaltung: Die zuständige Politik muss sicherstellen, dass nur solche Forststraßen gebaut und gefördert werden, deren Notwendigkeit und Dimensionierung nachvollziehbar und begründet ist. Das erfordert Kosten-Nutzen-Rechnungen, Analysen zu Ökosystemleistungen und Nutzungskonzepte.
  • Wald-Forschung: Aktuelle Wissenslücken über die Auswirkungen von Forststraßen auf Waldökosysteme müssen im Kontext der Klimakrise und im Zusammenhang mit Naturgefahren geschlossen werden.

Im Rahmen der Studie wurde festgestellt, dass das Straßennetz so dicht ist, dass es kaum größere, nicht zerschnittene Waldflächen in Österreich gibt. 7 der 10 größten noch zusammenhängenden Waldflächen befinden sich zu Teilen im Naturschutzgebiet Wildalpener Salzatal.

Das Gebiet wurde bereits in der Vergangenheit als Naturjuwel und Wildnispotential-Hotspot erkannt. Um eine Zerschneidung von wertvollen Flächen wie diese zu vermeiden, fordert die Studie, dass bestimmte Waldflächen, wie beispielsweise die letzten Ur- und Naturwälder, unerschlossen bleiben, um ihren ökologischen Funktionen weiter gerecht zu werden.

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Die gesamte Studie:

Zahlen & Fakten

  • Ein Forststraßennetz mit insgesamt 218.000 Kilometer Länge zerschneidet die österreichischen Wälder.
  • Insgesamt beanspruchen Forststraßen und ihre Böschungen etwa 4% der Waldfläche – das entspricht der 3,5-fachen Fläche des Bodensees.
  • Forststraßen unterbrechen zusammenhängende Waldlebensräume und bilden für viele Waldbewohner eine schwer überwindbare Barriere.
  • Forststraßen verdichten den Boden, beeinträchtigen den Wasserhaushalt und können das Risiko für Muren erhöhen.
  • Die größten zusammenhängenden, noch nicht zerschnittenen Waldflächen befinden sich im Naturschutzgebiet Wildalpener Salzatal.

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