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Was bringt der neue SBTi Net Zero-Standard 2.0?
Die wichtigsten Änderungen für Sie im Überblick
Der neue Entwurf des Corporate Net Zero Standard 2.0 der Science Based Targets Initiative (SBTi) wird voraussichtlich weitreichenden Änderungen für österreichische Unternehmen bringen, die bereits wissenschaftsbasierte Klimaziele verfolgen oder sich solche in Zukunft setzen wollen.
Die Änderungsvorschläge betreffen laut aktuellem Stand quasi alle Bereiche der Zielsetzung und Validierung: Ob ein neues Commitment zu Beginn der Einreichung, Anpassungen bei der Zielsetzung zu Scopes 1 bis 3 oder neue Anforderungen zur CO2-Entnahme sowie zur Beyond Value Chain Mitigation. Darüber hinaus werden Prozesse überarbeitet, die die Kategorisierung von Unternehmen, den Validierungszyklus und die Datenqualität betreffen.
Neues Commitment, zyklische Validierung und aktualisierte Zielpfade:
alle Änderungen im Überblick
1. Unternehmens-Kategorisierung
Die bisherige Einteilung in realwirtschaftliche Unternehmen, Finanzinstitute und SMEs (= kleine und mittlere Unternehmen) soll durch eine neue Kategorisierung in zwei Gruppen abgelöst werden.
Neben der Größe der Unternehmen sollen künftig auch deren geografische Lage Beachtung finden. Unter Kategorie A würden große Unternehmen auf der ganzen Welt sowie mittelgroße Unternehmen mit Sitz in Ländern mit höherem Einkommen fallen. In Kategorie B wären hingegen mittelgroße Unternehmen in Ländern mit geringerem Einkommen und kleine und sehr kleine Unternehmen in allen Ländern angesiedelt.
Es sind Erleichterungen in den Anforderungen für die Kategorie B geplant. Beispielsweise gibt es Vorschläge, dass diese weder Scope 3-Ziele noch langfristigen Ziele setzen und auch keinen Transitionsplan entwickeln müssen.
2. Commitment
Die SBTi plant, dass Unternehmen künftig zu Beginn ihrer Zieleinreichung ein öffentliches Commitment zu Net Zero eingehen.
Dieser Vorschlag geht über den bisherigen Commitment Letter hinaus, der freiwillig war und sich ausschließlich auf das Setzen kurzfristiger Ziele ohne Net Zero beziehen konnte. Künftig sollen alle Unternehmen diese Net Zero-Ambition vor der ersten Validierung ihrer Ziele beschließen und veröffentlichen.
Darüber hinaus sieht der Net Zero 2.0-Vorschlag vor, dass Unternehmen künftig einen Transitionsplan im Anschluss an die Zielsetzung entwickeln und offenlegen.
3. Scope 1
Eine der größten Änderungen im Net Zero-Standard 2.0 wird sein, dass künftig getrennte Ziele für Scope 1 und 2 zu setzen sind. Bisher war die Einreichung eines gemeinsamen Ziels für beide Scopes erlaubt, wodurch ein Ausgleich mangelnder Reduktion in einem Scope durch den anderen möglich war. Künftig werden Unternehmen stets bei beiden Scopes Reduktionen nachweisen müssen, um ihre Ziele zu erreichen.
Außerdem soll der sektorübergreifende Ansatz zur Scope 1-Zielsetzung aktualisiert werden. Das Ziel dabei ist, Emissionsüberschreitungen durch spätere Basisjahre zu verhindern. Statt den gleichen Prozentsatz für die jährliche Reduktion aller Unternehmen egal mit welchem Basisjahr anzusetzen, werden im Standard-Entwurf neue Methoden zur Bewahrung des CO2-Budgets vorgeschlagen. Welche Ansätze dabei künftig zulässig sein werden, steht aktuell noch in Diskussion.
Darüber hinaus werden die Dekarbonisierungspfade auf den neuesten wissenschaftlichen Stand angepasst. Die Grundlage der jährlich notwendigen Reduktionen wird das Net Zero Emissions-Szenario der Weltenergieagentur aus dem Sechsten Klimasachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC AR6) statt wie bisher aus dem Fünften Sachstandsbericht (IPCC AR5) bilden.
4. Scope 2
Im Rahmen der Trennung von Zielen für Scope 1 und 2, werden auch neue Optionen für die Scope 2-Zielsetzung vorgeschlagen. Während dabei noch einiges im Unklaren ist, will SBTi damit daraufhin wirken, dass nicht nur die Markt- sondern auch die Standort-basierten Emissionen sinken. Dabei scheint gesetzt, dass 2040 als letztmögliches Zieljahr für den Kauf emissionsarmen Stroms gelten wird.
5. Scope 3
Für Scope 3 sollen sowohl die Zielgrenzen als auch die Zielsetzungsansätze grundlegend überarbeitet werden.
Statt der bisherigen pauschalen Untergrenze von 67% der Emissionen für kurzfristige bzw. 90% für Net Zero-Ziele, sollen künftig alle relevanten Scope 3-Emissionskategorien sowie Emissions-intensive Aktivitäten in die Zielsetzung einbezogen werden. Eine 5%-Schwelle für relevante Scope 3-Kategorien würde laut Vorab-Erhebungen von SBTi die durchschnittliche Abdeckung der Scope 3-Emissionen auf mindestens 90% für fast alle Sektoren anheben.
Bei der Zielsetzung in Scope 3 will der Entwurf mehr Möglichkeiten für verschiedene Zielformulierungen einräumen. Es wird vorgeschlagen, neben absoluten Reduktionsziele, auch so genannte Supplier Engagement Ziele zu setzen. Reduktionsziele sollen entweder als absolute, Intensitäts-bezogene oder neuerdings auch als Alignment-Ziele formuliert werden.
Zusätzlich will SBTi im neuen Standard Vorgaben machen, welche Mitigationsmaßnahmen im Scope 3 unter welchen Umständen zulässig sind. Hierbei sollen künftig auch indirekte Mitigationsmaßnahmen für Scope 3 zumindest übergangsweise zulässig sein.
6. Beyond Value Chain Mitigation (BVCM)
SBTi empfiehlt Unternehmen bereits jetzt, die Auswirkungen ihrer weiterhin anfallenden Emissionen auf dem Weg zu Net Zero zu adressieren, indem zusätzliche Klimaschutzprojekte außerhalb des eigenen Geschäftsmodells finanziert werden, ohne diese in der eigenen Klimabilanz anzurechnen. Diese Handlung wird als Beyond Value Chain Mitigation (BVCM), also dem Kampf gegen die Klimakrise über die eigenen Wertschöpfungskette hinaus, bezeichnet.
Im neuen Net Zero-Standard 2.0 möchte SBTi nun stärkere Anreize für Unternehmen setzen, BVCM zu betreiben. Dafür soll die Möglichkeit einer formalen Anerkennung der BVCM-Bemühungen durch SBTi geschaffen werden. Bis 2035 soll BVCM für alle Unternehmen freiwillig bleiben. Danach werden laut aktuellem Entwurf zumindest Unternehmen der Kategorie A verpflichtet, Verantwortung für ihre weiterhin anfallenden Emissionen zu übernehmen (siehe Neutralisierung und Negativemissionen).
7. Neutralisierung und Negativemissionen
Mit dem neuen Net Zero-Standard legt SBTi neben der Emissionsreduktion nun auch ein größeres Augenmerk auf Negativemissionen, also die Entnahme bereits freigesetzter Treibhausgasen aus der Atmosphäre.Aktuell müssen Unternehmen ihre nicht-vermeidbaren Restemissionen erst im Net Zero-Jahr mittels Negativemissionen neutralisieren. Um Unternehmen auf diese Aufgabe vorzubereiten und dem Markt Nachfrage zu signalisieren, stehen nun Interimsziele für Unternehmen der Kategorie A im Raum, die sich ab 2035 der notwendigen Höhe im Net Zero-Jahr schrittweise annähern würden.
8. Validierungszyklus
Eine weitere große Änderung wird bei der Validierung angedacht.
Statt einem linearen soll es künftig einen zyklischen Validierungsprozess geben. Bisher lag der Fokus bei der Validierung ausschließlich auf der Zielformulierung. Laut dem neuen Standard-Entwurf soll die Zielambition nun nicht nur am Anfang, sondern zusätzlich auch am Ende einer Zielperiode unter die Lupe genommen werden. Konkret wird vorgeschlagen, die Zielerreichung der vorhergehenden Validierungsperiode zu deren Abschluss zu überprüfen und gegebenenfalls Nachbesserungen bei Untererfüllung abzuleiten, die Auswirkungen auf die Zielsetzung der nächsten Periode haben könnten.
9. Daten-Qualität und -Prüfung
Der Standard-Entwurf zielt darauf ab, die Anforderungen an die Datenqualität auszuweiten. Vorgeschlagen ist, dass Unternehmen der Kategorie A künftig die Treibhausgasbilanz ihres Basisjahres durch externe Dritte bestätigen lassen.
Fazit zum Konsultationsentwurf: Mehr Flexibilität für Sie!
Auch wenn der Entwurf des Net Zero-Standards 2.0 auf den ersten Blick komplexer erscheint, so zielt er darauf ab, Unternehmen eine breitere Palette an Optionen zu bieten. Das schafft mehr Flexibilität bei der Zielerreichung und bewahrt gleichzeitig ein hohes Ambitionsniveau.
Mit den vorgeschlagenen Änderungen im Konsultationsentwurf reagiert SBTi auf das Feedback von Unternehmen bezüglich der herausfordernden Umsetzung des bisherigen Net Zero-Standards. Besonders in Scope 3 wurde der Wunsch nach einer Flexibilisierung der Zielsetzung und Nachweisführung der Reduktion aufgenommen und wesentliche Änderungen integriert.
Nutzen Sie diese Chance für Ihren strategischen Klimaschutz.
Aktuelles
Ziel des „Net Zero-Standard 2.0“ (derzeit in Arbeit) ist es, die Methodik an den aktuellen wissenschaftlichen Stand anzupassen und gleichzeitig häufige Herausforderungen von Unternehmen bei der Zielsetzung zu erleichtern.
Hinweis: Bis zum Abschluss des Konsultationsprozesses und der finalen Annahme eines neuen Net Zero-Standards bleibt der aktuelle Standard mit seinen Kriterien für kurzfristige und Net Zero-Ziele bestehen. Unternehmen können sich weiterhin wissenschaftsbasierte Ziele auf Basis der vorliegenden Methodik setzen und validieren lassen.
Mehr als 10.000 Unternehmen nutzen die wissenschaftsbasierte Methodik der Science-Based Target-Initiative (SBTi), die vom WWF mitgegründet wurde, für ihre strategischen Klimaschutzziele

