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© Haslauer Arm c W. Gamerith/4nature

3 Gründe, warum der Lobau-Tunnel keine gute Idee ist

Seit 2005 ist er offiziell in Planung und genauso lange steht er auch schon in der Kritik: der Lobau-Tunnel. 8,3 Kilometer lang soll er werden und unter dem Nationalpark Donau-Auen durchführen. Anschließend daran ist außerdem eine oberirdische, rund 10,8 Kilometer lange Schnellstraße entlang der Wiener Stadtgrenze geplant. Doch aufgrund grober Planungsmängel und Risiken für die Umwelt, die zu langen rechtlichen Verfahren führten, verzögerte sich der Bau immer wieder weiter. Dennoch hält die Bundesregierung sowie die Länder Niederösterreich und Wien weiter an diesem veralteten Projekt fest.

Fakt ist: Der mehr als 500 Seiten starke Umweltbericht zum Projekt, der Anfang 2025 veröffentlicht wurde, zeigt die Gefahren des Projekts eindeutig auf: Die Umweltrisiken sind extrem hoch, die Kosten liegen bei mindestens 2,4 Milliarden Euro und auch die politisch behauptete Verkehrsentlastung würde maximal kurzfristig eintreten. Der WWF fordert daher die rasche Umsetzung von Alternativen, die vor allem auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs setzen und ohne unnötige Bodenversiegelung auskommen.

Warum der Lobau-Tunnel auf keinen Fall gebaut werden sollte

Weder aus Klima- oder Naturschutz-Sicht noch für die Verkehrsprobleme oder den Bodenschutz wäre die Lobau-Autobahn eine Verbesserung. Ganz im Gegenteil. Betrachten wir das Projekt aus den folgenden 3 Blickwinkeln wird schnell klar: Der Ausbau der Lobau-Autobahn ist ein milliardenschwerer Irrweg, der für Mensch, Klima und Natur stark negative Folgen mit sich bringt.

Schnellstraßen tragen massiv zum Flächenfraß bei © ChristophWisser

1. Massiver Bodenverbrauch

Die extreme Verbauung in Österreich zerstört schon heute unsere Umwelt, beschleunigt die Klimakrise und belastet die Gesundheit von uns allen: Mit rund 11 Hektar Bodenverbrauch pro Tag liegt der Bodenverbrauch in Österreich weit über allen Nachhaltigkeitszielen und hat jegliches naturverträgliche Maß bereits überschritten. Auch der Straßenbau trägt enorm dazu bei. Alleine durch den Bau der Lobau-Autobahn, die neben dem Tunnel auch eine oberirdische Trasse bekommen soll, würden 131 Hektar an landwirtschaftlichen Flächen – mehr als ein Quadratkilometer – permanent verloren gehen. Rund die Hälfte davon zählt laut AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) zu Flächen, die eine besonders große Bedeutung für die Ernährungssicherheit haben.

Es ist zudem längst erwiesen, dass neue Autobahnen und Schnellstraßen die Zersiedelung befeuern: Neue Straßen machen das Abwandern an den Rand des Stadtgebiets attraktiver. Sie wirken damit wie ein Magnet für neue Gewerbeparks, Parkplätze und Supermärkte. Das schwächt die bisherigen Stadtzentren befeuert den Flächenfraß noch zusätzlich – ausgerechnet im Marchfeld, das mit seinen fruchtbaren Ackerflächen sehr wichtig für den österreichischen Gemüseanbau ist.

Schnellstraßen tragen massiv zum Flächenfraß bei © ChristophWisser

2. Verkehr und Klimaschutz

Ein oft erklärtes Ziel der Lobau-Autobahn sollte sein, den Verkehr in Wien zu entlasten. Doch das ist ein Märchen. Denn einerseits ist der meiste Verkehr in Wien kein Transitverkehr, wie die Verkehrszählungen zeigen. Das heißt, die meisten Verkehrswege haben zumindest entweder ihren Ursprung oder ihr Ziel in Wien. Hier kann also eine Umfahrungsstraße grundsätzlich wenig bringen. Andererseits ist es wissenschaftlich erwiesen, dass mehr Straßen noch mehr Verkehr mit sich bringen, weil Autofahren im Vergleich zu anderen Verkehrsformen attraktiver wird und die Zersiedelung (wie oben beschrieben) zunimmt. So hätte beispielsweise auch die S1 Vösendorf-Schwechat laut Politik dafür sorgen sollen, dass es auf der Tangente keinen Stau mehr gibt. Das Ergebnis: Auf der Tangente staut es nach wie vor und die S1 ist ebenfalls voll.

Mehr Straßen bedeuten auch mehr schädliche Autoabgase. Der Verkehrssektor zählt zu den Hauptverursachern der Klimakrise. Er ist heute für ein Drittel aller schädlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Lobau-Autobahn steht damit im Widerspruch zu den Klimazielen, wie auch der Umweltbericht festhält. Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur verursacht die Luftverschmutzung in Österreich rund 4.500 vorzeitige Todesfälle pro Jahr. Selbst bei einem vollständigen Umstieg auf E-Autos würden ökologische Probleme wie der hohe Flächenbedarf oder auch Mikroplastik durch Reifenabrieb bleiben.

Morgenstimmung im Nationalpark Donau-Auen

3. Naturschutz

Nicht zuletzt aus Naturschutz-Sicht wären Lobau-Tunnel und Autobahn eine Katastrophe. Geplant war, den 8,3 Kilometer langen Tunnel unterirdisch unter dem Nationalpark Donau-Auen verlaufen zu lassen. Die Ein- und Ausgänge des Lobau-Tunnels würden zu unglaublichen Abgasmengen direkt vor dem Nationalpark führen. Die Autobahn soll in Form von 2 großen Rohren quer durch den Grundwasserkörper von Donau und Lobau gebaut werden. Doch gerade in einer Au und ganz besonders in einem Nationalpark sollte man äußerst vorsichtig mit dem Wasser umgehen. Es gibt zudem starke Vermutungen, dass dort seit dem Zweiten Weltkrieg Öl im Grundwasser „schwimmt“. Hier sollte keinesfalls gebohrt oder gebaut werden. Zudem bezieht die Stadt Wien einen Teil ihres Trinkwassers aus der Lobau. Die Folgen der (Zer-)Störung dieses Grund- und Trinkwasser-Reservoirs wären nur schwer abzuschätzen.

Eine weitere Folge des Lobau-Tunnels wäre die geplante Schnellstraßen-Verlängerung (S8) quer durchs Marchfeld in die Slowakei – einer der letzten Orte in Österreich, an dem heute noch der Triel (ein in Mitteleuropa selten gewordener Vogel) vorkommt. Die Verlängerung würde zudem wichtige Schutzgebiete im Marchfeld beeinträchtigen und in einem Gebiet südlich unseres Marchegger Auenreservats die March queren, welches ebenfalls Potenzial hat, ein Nationalpark zu werden.

Jetzt Infrastruktur für die Zukunft bauen!

Die Politik hat über Jahrzehnte falsche Entscheidungen getroffen, die uns bis heute teuer zu stehen kommen. Die Lobau-Autobahn wäre ein ebensolcher. Wer angesichts der massiven Klimakrise und des Artensterbens an derart verfehlten Großprojekten festhält, hat die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Wir sollten nicht einfach immens veraltete Konzepte für den vorhandenen Verkehr fortführen, sondern für die Zukunft bauen: Mehr und bessere Verbindungen mit Bahn und Bus in den Regionen und auf lokaler Ebene kompakte Siedlungsstrukturen mit guten Öffis sowie Fuß- und Radwegen. Dann bleibt auf dem bereits dichten Straßennetz auch genug Platz für jene, die wirklich darauf angewiesen sind.

Denn: Wer Öffis ausbaut, Fuß- und Radverkehr fördert und den Bodenverbrauch einschränkt, erntet saubere Luft, weniger Lärm, mehr Platz zum Spielen und für Bäume in der Stadt, sprich: mehr Erholungsräume und Lebensqualität. Wer Straßen baut, wird dagegen mehr Straßenverkehr, Hitzeinseln und zerstörte Grünflächen ernten.

Unsere Forderungen an die Politik

Österreich braucht eine mutige Trendwende, um die Lebensqualität für die Menschen zu erhöhen und einen wirksamen Beitrag gegen die Klimakrise und den Flächenfraß zu leisten. Statt neuer Schnellstraßen und Autobahnen brauchen wir ein klimafreundliches, zukunftsträchtiges Verkehrskonzept für ganz Österreich. Die Politik muss in den öffentlichen Verkehr und in die Rad-Infrastruktur investieren – nicht in den Bau neuer Straßen. Gleichzeitig braucht es eine verbindliche Obergrenze für den Bodenverbrauch und wirksame Maßnahmen, um die wertvollen Naturjuwele zu schützen.

Der Lobau-Tunnel

  • Seit 2005 geplant
  • Soll unter dem Nationalpark Donau-Auen durchführen
  • 19 Kilometer Asphalt
  • 8,2 Kilometer Tunnel
  • Mindestens 2,4 Milliarden Euro Kosten
  • 1,3 Quadratkilometer dauerhafter Bodenverbrauch
  • Jänner 2025: Umweltbericht empfiehlt Streichen des Projekts

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