WWF Artikel mit bestimmten Darstellungsformen: Manuell (Sonderformate)

 

© Pixabay

5 Punkte Energiespar-Programm für Österreich

So erreichen wir die Klimaziele und werden unabhängiger von fossiler Energie

24. März 2022

Österreichs Energieverbrauch ist noch immer viel zu hoch. Ein wesentlicher Faktor: Schlecht gedämmte Häuser, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren oder veraltete Anlagen in der Industrie verschwenden immer noch Unmengen Energie. Energie, die durch bessere Technik oder nachhaltigeres Verhalten gar nicht erst benötigt werden würde. Leider hat die österreichische Bundesregierung den Bereich Energiesparen über Jahrzehnte vernachlässigt. Die Folgen bekommen wir jetzt während des Ukraine-Kriegs deutlich zu spüren. Es ist höchste Zeit für ein historisches Energiespar-Programm.

Große Abhängigkeit von fossiler Energie

Immer noch wird rund zwei Drittel der in Österreich verbrauchten Energiemenge fossil importiert. Das Öl kommt aus Ländern wie Kasachstan, Nigeria und Saudi-Arabien, Gas zu 80 % aus Russland. Rund 900.000 Gasheizungen sind derzeit in Österreich installiert und auch Fernwärme benötigt zu einem bestimmten Anteil Erdgas. Ganze Industriezweige sind massiv von Erdgas abhängig. Der Krieg in der Ukraine und die dadurch verstärkten Preissteigerungen führen uns nun den Preis für unsere große Abhängigkeit von Öl und Gas vor Augen. Eskaliert die Lage noch weiter, gerät die Versorgungssicherheit für Haushalte und Industrie in Gefahr. Daher muss Energiesparen gerade in der aktuellen Situation ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit rücken.

Klimaneutralität nur mit Energiesparen erreichbar

Die österreichische Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass Österreich bis 2040 klimaneutral wird. Das bedeutet, dass sich unsere CO2 Emissionen und unsere CO2 Senken die Waage halten. Nur wenn wir unseren Energieverbrauch deutlich senken, werden wir dieses Ziel erreichen. Erneuerbare Energieformen können aus heutiger Sicht nur rund die Hälfte des derzeitigen (fossilen) Energieverbrauches abdecken. Denn auch Anlagen für Erneuerbare Energie können in Österreich nicht unbegrenzt ausgebaut werden, weil raumplanerische, ökologische und soziale Grenzen respektiert werden müssen. Das verdeutlicht umso mehr: Ein Stopp jeglicher Energieverschwendung und ein effizienter Umgang mit Energie sind in Zukunft zwingend notwendig.

5 Punkte Energiespar-Programm für mehr Sicherheit und Unabhängigkeit

Energiesparen beschleunigt also den Klimaschutz und erhöht die Versorgungssicherheit, weil Österreich damit unabhängiger von fossilen Importen aus Krisen- und Konfliktregionen wird. Inmitten der aktuellen Krise sollte die österreichische Bundesregierung einen klugen Mix aus Sofort-Maßnahmen und langfristigen Weichenstellungen beschließen. Folgende 5 Maßnahmen muss die Politik rasch beschließen.

1. Ambitioniertes Energieeffizienz-Gesetz beschließen: Das Vorgänger-Gesetz ist bereits Ende 2020 ausgelaufen. Seither verhandeln die Koalitionsparteien ergebnislos über einen unzureichenden Entwurf, der laut den bisher bekannten Informationen nicht der Klimaneutralität 2040 entspricht und auch angesichts der aktuellen Krise deutlich verbessert werden muss. Die Novelle muss ein absolutes Energiespar-Ziel festlegen, auf das alle relevanten Maßnahmen ausgerichtet werden. Ziel: den Energieverbrauch bis 2030 um zumindest 30 Prozent senken und auch in den Folgejahren deutlich verringern. Insgesamt muss der Verbrauch halbiert werden, um die Klimaneutralität zu erreichen und zu sichern.

2. Jährliche Energiespar-Milliarde festschreiben: Die effizienteste Kilowattstunde ist jene, die gar nicht erst verbraucht wird. Daher muss Energiesparen mit einem langfristigen Sonderbudget ausgestattet werden. Mit einer zusätzlichen Milliarde pro Jahr könnten insbesondere die folgenden Maßnahmen geschaffen bzw. beschleunigt werden: Fortführung und Ausweitung des Sanierungsschecks, Umstellung auf effiziente, klimafreundliche Heizungen, gezielte Soforthilfe für energiearme, notleidende Haushalte, eigene Energiespar-Gutscheine für alle Haushalte sowie Klein- und Mittelbetriebe und Finanzierung von Energiesparmaßnahmen in der Industrie.

3. Ausstieg aus Öl und Gas gesetzlich vorgeben. Trotz der seit Jahren bekannten Klimaschutz-Verpflichtungen dürfen 2022 immer noch neue Gasheizungen beworben und eingebaut werden. Neben einem Einbau-Stopp für neue Gasheizungen muss die Bundesregierung mit dem Erneuerbaren-Wärme-Gesetz rasch einen verbindlichen Rahmen für den Ausstieg aus allen bestehenden Öl- und Gasheizungen bis spätestens 2040 beschließen. Auch die Fernwärme soll bis 2040 frei von Gas werden. Mit Fernwärme aus erneuerbarer Energie, Wärmepumpen, Solarenergie oder Geothermie kann Österreich eine saubere und unabhängige Wärmeversorgung schaffen. Rechtliche oder administrative Hürden für diese Technologien müssen auf Bundes- und Landesebene rasch abgebaut werden.

4. Fachkräfte-Offensive starten. Die Energiewende leidet laut Branchenberichten unter einem Mangel an Fachkräften. Daher sollten Wirtschafts-, Klimaschutz- und Arbeitsministerium gemeinsam mit den Bundesländern ein neues Fachkräfte-Paket vorlegen. Die bisherigen Maßnahmen hatten offensichtlich schon vor der aktuellen Krise keine ausreichende Wirkung und müssen rasch verbessert werden. Für besonders relevante Bereiche wie zum Beispiel PV-Installationen muss es fokussierte Qualifizierungsangebote geben, die innerhalb kurzer Zeit Personalengpässe überwinden können. In Ausbildungsberufen in der Energie-, Mobilitäts- und Gebäudebranche braucht es Schwerpunkt-Module, die auf das Ziel der Klimaneutralität 2040 und die dafür erforderlichen Technologien (darunter Wärmepumpen, nachhaltiges Bauen samt Dämmstoffen, intelligente Netze etc.) ausgerichtet sind.

5. Mobilitätswende beschleunigen. Der Verkehr ist besonders stark von importiertem Erdöl abhängig. Daher müssen Bund, Länder und Gemeinden das aktuelle Mobilitätssystem entlang des Prinzips „vermeiden – verlagern – verbessern“ umgestalten und Sofort-Maßnahmen beschließen, darunter zum Beispiel auch niedrigere Tempolimits, um den Diesel- und Benzinverbrauch rasch zu reduzieren und Kosten zu sparen. Am wichtigsten sind der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und das Schaffen einer sicheren Rad-Infrastruktur im städtischen und ländlichen Raum. Im Gegensatz dazu müssen neue Schnellstraßen-Projekte eingestellt werden, weil sie nicht nur klimaschädlich, bodenfressend und teuer sind, sondern auch die Mobilitätswende hemmen.

Begleitende Maßnahmen zum Energiespar-Programm 2022

Das hier skizzierte Energiespar-Programm erfordert eine Vielzahl an begleitenden Maßnahmen, die rasch umgesetzt bzw. weiter beschleunigt werden müssen. Dazu zählen unter anderem die Eindämmung des Bodenverbrauchs, der Ausbau von Photovoltaik, der naturverträgliche Ausbau erneuerbarer Energien, ein wirksames Klimaschutzgesetz, der Abbau umweltschädlicher Subventionen eine klimagerechte CO2-Bepreisung und eine Stärkung des Umweltrechts. Um das öffentliche Bewusstsein für das Energiesparen zu steigern, sollte die Bundesregierung – begleitend zu den politischen Maßnahmen – eine weitreichende Energiespar-Kampagne starten, damit konkrete Tipps zum Sparen von Heiz- und Stromkosten möglichst alle Menschen inklusiv erreichen und in der Praxis angewendet werden.

Zahlen & Fakten

  • 2021 importierte Österreich Erdöl im Wert von 7,3 Mrd. Euro und Erdgas im Wert von 4,2 Mrd. Euro (laut Angaben der Energieagentur)
  • Allein von Erdgas sind derzeit sowohl die Industrie (Papier, Chemie, Eisen- und Stahlerzeugung, Baustoffe) als auch viele Haushalte massiv abhängig.
  • Rund 900.000 Gasheizungen sind derzeit in Österreich installiert.
  • Österreich bezieht rund 80 % seines Erdgases aus Russland.
  • Energieverschwendung ist ein riesiges Problem:
  • In alten Gebäuden geht 80% der Energie durch undichte Fenster, ungedämmte Wände oder schlecht gedämmte Dächer verloren.
  • Fossil betriebene Autos verwenden nur 25 % der getankten und bezahlten Energie für die Fortbewegung, 75 % werden als Abwärme verschwendet.

Lies hier mehr

Windkraft im Wald
Unterrichtsmaterialien: Earth Hour
Hier finden Lehrende viele Infos und Tipps
INNBewegung: WWF Video-Reihe über den Inn
Wieso der Platzertal-Speicher keine Lösung ist