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© Barreto / WWF UK

6 Gründe warum das EU-Lieferkettengesetz NICHT gut genug ist

WWF fordert Nachschärfungen beim EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten

18. November 2021

Fleisch, Kakao, Kaffee, Mais, Palmöl, Holz oder Soja für Futtermittel – viele Produkte, die wir in der EU und in Österreich täglich konsumieren, haben eine zerstörerische Vorgeschichte. Oft wissen Konsumentinnen und Konsumenten gar nicht, wie viel Naturzerstörung, Menschenrechtsverletzungen oder Tierleid mitunter in einem Produkt im Supermarkt, im Morgenkaffee oder im Stück Fleisch auf dem Teller stecken.

Was viele Konsumentinnen und Konsumenten vermutlich auch nicht wissen: Die EU ist der weltweit zweitgrößte Importeur tropischer Waldzerstörung.

EU-Importe befeuern nicht nur weltweite Entwaldung…

In Zahlen ausgedrückt: Der Konsum in der EU ist für ganze 16% der weltweiten Waldzerstörung verantwortlich. Damit liegt die EU im weltweiten Vergleich auf Platz 2 – direkt nach China (24%) und vor Indien (9%), den USA (7 %) und Japan (5 %), wie der WWF-Report „Stepping up“ zeigt. Insgesamt ist die hohe Nachfrage nach Produkten aus nicht-nachhaltiger Landwirtschaft heute für gut 80 % der weltweiten Waldzerstörung verantwortlich.

Waldzerstörung

…zerstören auch Grasländer, Moore und Savannen

Doch nicht nicht nur Regenwälder, sondern auch Savannen, Grasländer und Feuchtgebiete werden weltweit aufgrund der wachsenden Agrarproduktion zerstört. Alleine die Zerstörung von Mooren ist für 5 % der gesamten globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich – das ist doppelt so viel wie die weltweiten Emissionen des Flugverkehrs. Dabei sind diese Ökosysteme allesamt besonders schützenswert und wichtige Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise. Grasländer und Savannen können zweimal mehr Kohlenstoff speichern als tropische Wälder. 

Wenn wir die Klimakrise bekämpfen wollen, können wir auf diese natürlichen Kohlenstoff-Speicher nicht verzichten. Darum fordern wir, dass neben Regenwäldern auch diese Ökosysteme unbedingt im geplanten EU-Lieferkettengesetz berücksichtigt werden sollen. Lesen Sie in unserem neuen WWF-Report „Mehr als Wald“ mehr über die Wichtigkeit (und momentane Zerstörung) von Mooren, Savannen und Grasländern.

Waldzerstörung

Wir brauchen ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten

Europa muss Verantwortung für die Folgen seines Konsums übernehmen und mit dem EU-Lieferkettengesetz verhindern, dass Naturzerstörung auf unseren Tellern landet. Mit der Petition „together4forests“ fordert(e) der WWF gemeinsam mit über 50 anderen Naturschutz- und Menschenrechtsorganisationen ein starkes EU-Lieferkettengesetz gegen den Import von Produkten, die den Regenwald und andere Ökosysteme zerstören. Im November 2021 legte die Europäische Kommission einen Gesetzesentwurf vor. WWF-Ernährungsexpertin Hannah-Heidi Schindler hat sich den Entwurf genau angesehen. Ihr Fazit:

„Der Entwurf geht nicht ansatzweise weit genug, um die Entwaldung zu stoppen. Es gibt zu viele Schlupflöcher und Ausnahmen.“

Nun gilt es nachzuschärfen und Lücken zu schließen, damit aus dem laxen Entwurf ein starkes Gesetz wird.

6 Schwachstellen, die dringend nachgeschärft werden müssen:

1) Auch andere Ökosysteme – nicht nur Regenwälder – müssen sofort berücksichtigt werden. Die Zerstörung der Regenwälder verlagert sich immer mehr auf andere Ökosysteme. Der WWF fordert daher, dass neben Regenwäldern auch andere Ökosysteme, wie Savannen, Gras- und Moorlandschaften, von Beginn an in das Gesetz einbezogen werden – und nicht erst zwei Jahre nach dessen Inkrafttreten, wie derzeit vorgesehen. HIER geht es zum ganzen WWF-Report „Mehr als Wald“.

2) Einhaltung der Menschenrechte muss garantiert werden. Ein weiteres großes Defizit ist, dass in dem Entwurf die Einhaltung internationaler Menschenrechts-Standards für Unternehmen, die mit Tropenprodukten handeln, nicht vorgeschrieben ist. Das gefährdet die Lebensgrundlage vieler Menschen – denn weder die Rechte von Kleinbauern/Kleinbäuerinnen noch die der indigenen Bevölkerung werden auf diese Art berücksichtigt oder geschützt.

3) Die Sorgfaltspflicht muss sich auf gesamte die Lieferkette erstrecken – tut sie in dem aktuellen Entwurf aber nicht. Das neue Gesetz muss alle Marktteilnehmer verpflichten, Sorgfaltspflichtregelungen einzuführen. Denn nur die Rückverfolgbarkeit bis zum Ernte- oder Produktionsort gibt den Verbrauchern in der EU die Gewissheit, dass die auf den EU-Markt gebrachten Produkte nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen.

4) Das Gesetz muss alle Produkte, die mit der Entwaldung in Verbindung stehen, berücksichtigen – auch weiterverarbeitete Erzeugnisse. Dies ist aktuell nicht der Fall. „Derzeit wird zum Beispiel die Einfuhr von Mais nicht reguliert – obwohl er jenes Agrargut ist, das die EU nach Soja und Palmöl am meisten aus tropischen Ländern importiert“, kritisiert WWF-Expertin Schindler die Lücke im Entwurf. Und weiter: Außerdem wird „auch nur der Import von Sojabohnen reguliert, nicht aber der Import von Sojakuchen – einem Futtermittel auf Sojabasis, das einen großen Teil der Einfuhren in die EU ausmacht“. Hier muss dringend nachgeschärft werden.

5) Das Gesetz muss für alle Unternehmen gelten, egal wie groß oder klein sie sind. Es besteht absolut kein Zweifel daran, dass auch kleinere Unternehmen erhebliche Mengen an Waren auf den EU-Markt bringen können. Der Gesetzesentwurf richtet sich aktuell aber lediglich nach Eigenschaften wie der Größe der Unternehmen und nicht nach dem Umfang der Waren und Produkte, die sie vertreiben.

6) Die EU-Kommission muss ihr Versprechen einlösen, sowohl die Entwaldung („deforestation“) als auch die Waldschädigung („Forest degradation“) zu bekämpfen. Und zwar durch eine angemessene und strenge Definition, die den gesamten ökologischen Wert von Wäldern und Ökosystemen anerkennt und sich nicht nur auf den wirtschaftlichen Ertrag konzentriert, wie es im aktuellen Gesetzesentwurf der Fall ist.

 

Fakten & Zahlen

  • Die EU ist weltweit der zweitgrößte Waldzerstörer durch Importe
  • Deutschland, Italien, Spanien, England, Niederlande, Frankreich, Belgien und Polen verbrauchen 80 % der importierten waldzerstörenden Waren der EU
  • Das meiste importierte Produkt ist Soja
  • Mehr als 80 % des in Europa verbrauchten Soja wird für Tierfutter verwendet

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