Ein Jahr vor EU-Deadline sind zentrale Fragen immer noch offen – Lücken und Defizite bei Finanzierung und Einbindung der Öffentlichkeit
Neuer WWF-Report zum Gewässerschutz: Österreich droht EU-Ziele zu verfehlen
WWF fordert Naturschutz-Offensive: Deutlich mehr Flüsse renaturieren und sanieren, ausreichendes Budget garantieren

Wien/Brüssel, am 10. Juni 2021. In einem neuen Bericht warnt der WWF (World Wide Fund for Nature) vor gravierenden Mängeln bei den Entwürfen der Gewässerbewirtschaftungspläne zahlreicher EU-Länder– darunter Österreich, das nur die Note „mäßig“ erhält. „Unsere Analyse zeigt, dass die EU-Staaten immer noch nicht verstanden haben, wie dramatisch die Artenvielfalt in unseren Flüssen abnimmt und wie wichtig sie für den Schutz unserer Lebensgrundlagen ist“, sagt WWF-Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek zu den in elf Bereichen analysierten Entwürfen. „In Österreich sind die geplanten Schutzmaßnahmen unterfinanziert und von vielen Ausnahmen durchlöchert. Wir müssen deutlich mehr Flüsse renaturieren, sanieren und viele sinnlose Querbauwerke entfernen. Zusätzlich braucht es eine Sanierungspflicht für die Wasserkraftwerk-Branche, weil sieben von zehn Anlagen die geltenden ökologischen Standards verfehlen. Außerdem müssen wir endlich die Schwall-Belastung durch Wasserkraftwerke beheben“, fordert Urbanek mit Blick auf den vom Landwirtschaftsministerium vorgelegten Plan.
Aufgrund der zu starken Regulierung und Verbauung der Flüsse – darunter über 5.200 Wasserkraftwerke – ist der Handlungsbedarf in Österreich besonders groß: derzeit sind nur 14 Prozent der Flüsse ökologisch intakt, aber rund 60 Prozent befinden sich in keinem guten Zustand. Allerdings schreibt die EU vor, dass alle Gewässer bis 2027 den Zustand „gut“ aufweisen müssen. Eines der größten Hindernisse besteht darin, dass die Bundesregierung nur einen Bruchteil der erforderlichen Budgetmittel bereitstellt. Während im Entwurf des Gewässerbewirtschaftungsplans ein Finanzbedarf von rund 3,2 Milliarden Euro für die nächsten sechs Jahre genannt wird, sind die Bundesfördermittel dafür nur mit 200 Millionen Euro dotiert. „Die Regierung setzt damit die Gesundheit der Flüsse aufs Spiel – eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherung von Wasserressourcen und Trinkwasser und gerade in Zeiten der Klimakrise ein unverzichtbarer Schutzschild gegen die Folgen der steigenden Temperaturen“, warnt Urbanek.
Österreich muss Plan-Entwurf rasch verbessern
Die geplanten Sanierungsmaßnahmen müssen bis Dezember 2021 in den einzelnen Gewässerbewirtschaftungsplänen festgelegt werden, die für die kommenden sechs Jahre gelten. Die EU-Länder haben also nur noch sechs Monate Zeit, um ihre Entwürfe gründlich zu verbessern und die dafür notwendigen Mittel zu garantieren, damit alle beteiligten Branchen Planungssicherheit haben.
Über die Studie
Für die Studie untersuchte der WWF gemeinsam mit der „Living Rivers Europe Coalition“ die Entwürfe der Gewässerbewirtschaftungspläne für 13 verschiedene Flusssysteme in acht EU-Staaten. Diese Pläne dienen dazu, die EU-Wasserrahmenrichtlinie national umzusetzen. Sie umfassen die Einzugsgebiete großer Flüsse – in Österreich etwa die 32.000 Flusskilometer, die vor allem im Einzugsgebiet von Donau und Rhein liegen.
Von den 13 analysierten Entwürfen hatten nur zwei das Potential, die Qualität der betroffenen Flüsse bis 2027 auf „gut“ anzuheben. Die restlichen Pläne erreichen derzeit lediglich „schlechte“ oder „mäßige“ Noten. Die Bewertung erfolgte anhand von 47 Indikatoren aus elf Bereichen und in den Abstufungen „sehr gut“, „gut“, „mäßig“ und „schlecht“.
Link zum Bericht: https://bit.ly/3cu0qL4
Rückfragehinweis:
Valentin Ladstätter, MA
Pressesprecher WWF Österreich
valentin.ladstaetter@wwf.at
+43 676 83 488 257
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF-Erfolg: Tiger kehren in indischen Nationalpark zurück
Seit 2020 unterstützt der WWF ein Umsiedlungsprojekt im Rajaji-Nationalpark in Nordindien. Nun streifen wieder Tiger durch das Schutzgebiet – und sogar Tigernachwuchs wurde gesichtet!
WWF-Erfolg: 15 Sambars in Thailand freigelassen
Im Salakpra Wildlife Sanctuary wurden 15 Sambarhirsche in die Freiheit entlassen. Die Rückkehr der gefährdeten Pflanzenfresser ist ein wichtiger Schritt, um das Ökosystem zu stärken.
WWF: Pottwale, Finnwale und Delfine im Mittelmeer zunehmend bedroht
Schiffsverkehr gefährdet seltene Meeressäuger im Mittelmeer – WWF fordert Tempolimits und Ausweichrouten, um Kollisionen zu verhindern und ist im Einsatz gegen Geisternetze
WWF kritisiert Ausverkauf von Tiroler Naturschätzen
Geplantes Gesetzespaket der Landesregierung weicht Naturschutz auf und begünstigt Konzerne – WWF fordert Aus für “Ablasshandel” und grundlegende Überarbeitung des Entwurfs
Entsiegeln statt versiegeln: WWF fordert Hitzeschutz-Programm
Anhaltende Verbauung und Versiegelung verschärfen Hitze – WWF fordert Entsiegelungs-Offensive, Begrünung in den Städten und Limit für den Bodenverbrauch
Hohe Lebensmittelpreise: WWF fordert Maßnahmen gegen Verschwendung
Reduktion der Verschwendung sollte in jedes Maßnahmenpaket gegen die hohe Teuerung integriert werden – Bundesregierung sollte Lebensmittelspenden erleichtern
UN-Plastik-Verhandlungen: WWF fordert Abkommen gegen tödliche Plastikflut
UN-Plastik-Verhandlungen starten – Plastikmüll als Gefahr für Mensch und Tier – WWF-Weckruf: Tödliche Plastikflut stoppen, bevor es zu spät ist.
WWF-Erfolg: Neuer Meilenstein für Kroatiens Auen
Der erste Kilometer des Bjelobrdska Altarms bei Osijek wurde erfolgreich ausgebaggert – der Auftakt für eine Flusslandschaft, die wieder lebendiger wird. Denn die Renaturierung im 5-Länder-Biosphärenpark Mur-Drau-Donau kommt sowohl dem Auwald als auch vielen Arten zugute.