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© Philipp Kanstinger / WWF

Aquakultur

Eine tödliche Verschwendung

Die Menschen essen immer mehr Fisch. Mittlerweile stammt jeder zweite Fisch oder jede zweite Meeresfrucht aus Zuchten, sogenannten Aquakulturen. Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, wird also Fisch in Teichen, Netzkäfigen oder Kreislaufanlagen gezüchtet. Eine Entlastung für ihre frei lebenden Artgenossen? Leider nein – der wachsende Bedarf an Futter stellt eine zusätzliche Gefahr für die überfischten Bestände dar.

Die Aquakultur ist mit Steigerungsraten von durchschnittlich neun Prozent seit 1970 der am schnellsten wachsenden Zweig innerhalb der Lebensmittelindustrie. Rund 80 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte werden inzwischen in Süßwasser- und Meereszuchten erzeugt. Das entspricht fast der Hälfte des weltweit konsumierten Speisefisches.

Ökologisch bedenklich

Um Fisch aus Aquakultur zu züchten wird zusätzlich Wildfisch gefangen und verfüttert. Diese Fischereien sind oftmals nicht nachhaltig. Außerdem verursachen Aquakulturen in der Regel große Umweltschäden, wenn Chemikalien, Nahrungsreste, Fischkot und Antibiotika aus den offenen Netzkäfigen oder Teichen in die Flüsse und Meere gelangen. Da die rasant wachsende Aquakultur viel Fläche in den Küstenregionen tropischer und subtropischer Länder verbrauchen, gehen durch den Bau von Zuchtanlagen oft auch wertvolle Lebensräume wie Mangrovenwäldern verloren.

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten, Fisch in Aquakultur zu züchten. Nicht alle Methoden haben schädliche Auswirkungen und sind ökologisch bedenklich: Es gibt auch umweltfreundliche Fisch-Zuchten. Bio-Zuchten beispielsweise brauchen nicht zusätzlich Fischmehl und -öl aus Wildfängen, da diese beiden wertvollen Rohstoffe hier ausschließlich aus Abschnitten der Filetierindustrie stammen dürfen. Es wird also nicht zusätzlich Wildfisch den Meeren entnommen. Ein Blick auf Bio-Siegel wie „Naturland“ und „EU-Bio“ hilft hier weiter.

Durch Initiative des WWF entwickelte sich 2009 der Aquaculture Stewardship Council (ASC). Der ASC ist eine unabhängige Organisation, die durch eine objektive Beurteilung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Aquakulturen eine zuverlässige Empfehlung für Verbraucher und Händler geben und dabei helfen soll, die steigende Nachfrage nach verantwortungsvollen Produkten zu decken.

Auswirkung der Aquakultur: Massentierhaltung unter Wasser

Fischfarmen können an verschiedenen Stellen und auf verschiedene Weise negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Das beginnt mit der Errichtung der Anlage, setzt sich beim Betrieb fort und endet auch nicht mit ihrer Stilllegung.

Schon die Errichtung von Aquakulturanlagen bringt Konflikte mit sich – zwischen Umweltschutz und Fischzucht, zwischen traditioneller Landnutzung und der neu errichteten Fischfarm. Besonders drastisch ist dies bei Garnelen-Farmen – sie liegen in tropischen Gebieten in Afrika, Südamerika und Asien. Für ihre Errichtung müssen an vielen Stellen die ökologisch wertvollen und leider bedrohten Mangrovenwälder weichen. Alleine auf den Philippinen sind für die Errichtung von Garnelen-Zuchten zwei Drittel der Mangrovenwälder abgeholzt worden. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass seit 1980 3,6 Millionen Hektar Mangrovenwälder weltweit verloren gegangen sind. Ein wesentlicher Grund dafür sind Garnelen-Zuchten.

In den Mangroven lebt jedoch eine Vielzahl von Arten. Sie dienen aber auch als Kinderstube vieler Fischarten die später auch als Speisefische gefangen werden. Ihre Zerstörung hat also massive Folgen für mit ihnen verbundene Ökosysteme. Abgesehen davon sind die oft kilometerbreiten Mangrovenwälder ein wichtiger Küstenschutz, der z.B. bei Tsunami-Katastrophen die Auswirkungen der Riesenwelle drastisch reduziert.

Verschmutzung

Sind die Farmen errichtet, haben sie massive Auswirkungen auf ihre Umgebung. Der Großteil der weltweiten Aquakulturen findet in so genannten offenen Systemen statt, das heißt, die Anlagen stehen mit dem natürlichen Wasserkörper in direkter Verbindung. Solch offene Systeme sind zum Beispiel Netzgehege, die frei im Meer hängen und in denen unter anderem Lachse gezüchtet werden.

Absinkendes Futter und Fäkalien verschmutzen den Meeresboden unter den Gehegen. Durch die Haltung vieler Tiere auf engem Raum können sich Krankheiten unter ihnen schnell verbreiten. Daher werden oft Antibiotika und Pestizide eingesetzt. Der Boden unter den Käfigen ist oft hoch belastet mit den Rückständen aus den Zuchten.

Auch bei den für Garnelen-Zuchten typischen Teichanlagen sammeln sich am Grund der Anlage Fäkalien, Chemikalien und Medikamente an. Wird die Anlage, wie bei Garnelen-Zuchten häufig der Fall, nach einigen Jahren aufgegeben und trocknet aus, verteilen sich diese Rückstände in der Umgebung, kontaminieren die Böden und können ins Grundwasser gelangen.

Belastung von Wildpopulationen

Zuchtfische haben meistens ein verändertes Genmaterial im Vergleich zu ihren wilden Artgenossen. Diese Tiere sind nämlich auf die Bedingungen der Zucht angepasst und für ihr schnelles Wachstum selektiert worden. Brechen jedoch Exemplare aus den Zuchtanlagen aus, vermischen sie sich mit ihren wilden Verwandten und tragen verändertes Erbgut ein. Auch Krankheiten aus den Farmen können auf Wildpopulationen übertragen werden.

Viele Aquakulturen werden auch dort errichtet, wo die Art gar nicht heimisch ist. Entkommene Tiere können dann das natürliche Gleichgewicht stören, indem sie zum Beispiel mit heimischen Arten konkurrieren. Dadurch können diese Arten ihr Verbreitungsgebiet deutlich ausdehnen, wie z.B. die Pazifische Auster oder verschiedene Flusskrebs-Arten.

Energie- und Futterverbrauch

Einige in Aquakulturen gezüchtete Arten benötigen regulierte Temperaturen oder Wasserzufuhr. Das führt zu einem hohen Energie- und Wasserbedarf. Daneben müssen die Tiere gefüttert werden. Häufig wird dazu Fischmehl oder Fischöl verwendet, welches wiederum aus der Fischerei auf wildlebende Bestände stammt. Daher sollte man sich bei Zuchtfisch eher für Friedfische wie Karpfen oder für Arten mit geringem Fischanteil im Futter wie Wels oder Tilapia entscheiden.

Umweltsiegel soll Verbrauchern den Kauf von Zucht-Fisch erleichtern

Aquakultur ist häufig ein ökologisches Desaster. Deshalb wurde auf Initiative des WWF ein angelehnt an das Vorbild des Marine Stewardship Council (MSC) für Wildfische ein Gütesiegel für Zuchtfische eingeführt: der Aquaculture Stewardship Council (ASC). Gemeinsam entwickelten 2.000 Fischzüchter, Umweltschützer, Regierungsvertreter und andere Interessengruppen gemeinsame Standards für nachhaltige Aquakulturen. Dazu gehören konkrete Anforderungen für verantwortungsvolle Zuchten der zwölf häufigsten Aquakultur-Arten.

Verantwortungsvolle Zucht heißt:

Die Auswirkungen der Aquakultur auf Wildfischpopulationen, Küsten- und marine Lebensräume, Wasserqualität und Gesellschaft sind minimal. Nationale Gesetze und lokale Vorschriften müssen befolgt werden und die Zucht darf die regionale Biodiversität nicht beeinträchtigen. Wasser- und andere Ressourcen werden geschützt und verantwortlich verwendet und die Zuchtfische werden artgerecht und umweltverträglich gehalten. Zudem muss die Zucht unter Anwendung sozialer Standards betrieben werden – wie unter anderem Sicherheit am Arbeitsplatz, Nichtdiskriminierung und faire Arbeitsbedingungen.

 

Umweltbewusste Konsumenten können sich also am ASC-Label orientieren oder aber den WWF Fischratgeber zu Rate ziehen https://fischratgeber.wwf.at/

Fischratgeber

Links

  • Der WWF Fischratgeber
    (Berücksichtigt in seiner Bewertung von Fisch- und Meeresfrüchten unter anderem auch die Fangmethode und damit die Gefahr, Beifang zu verursachen)

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