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Biodiversität in Österreich: Unsere Lebensgrundlagen schützen und verbessern
So können wir die biologische Vielfalt wiederherstellen
Verschmutzung, Übernutzung, Verbauung, Zerstörung – wir gefährden die Natur in Österreich immer mehr. Und damit auch unsere Lebensgrundlagen. Dabei besitzt Österreich dank seiner geografischen und klimatischen Besonderheiten eine für die vergleichsweise kleine Fläche erstaunlich hohe Vielfalt von Arten und Lebensräumen.
Der WWF legt in seinem Positionspapier eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Natur in Österreich vor, analysiert die Ursachen und Probleme und bietet umfassend beschriebene Ansatzpunkte für die Politik, um die notwendigen Änderungen herbeizuführen.
Bedrohte Lebensgrundlagen
Die Folgen des Raubbaus an der Natur zeigen sich in Österreich immer drastischer. Beim Erhalt der EU-weit geschützten Arten belegt Österreich den vorletzten Platz, bei den Lebensräumen nur Platz 18. Über 80 Prozent der EU-geschützten FFH-Arten und -Lebensräume sind hierzulande in keinem günstigen Erhaltungszustand. Vom Umweltmusterland Österreich kann keine Rede sein. Dabei ist Natur für uns (über)lebenswichtig und mit jedem Stück intakter Natur, das wir verlieren, verlieren wir auch ein Stück unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen.
Klima- und Biodiversitätskrise: Zwei Seiten derselben Medaille
Während die Klimakrise politisch, gesellschaftlich und medial zumindest diskutiert wird, findet die Biodiversitätskrise kaum Beachtung. Seit Jahrzehnten wird Biodiversitätsschutz politisch vernachlässigt. Dringend notwendige Aktionspläne zum Schutz von Arten und Lebensräumen verschwinden in Schubladen, werden unzureichend umgesetzt oder fehlen völlig.
Klima- und Biodiversitätskrise basieren auf ähnlichen Ursachen und sind eng miteinander verknüpft. Wir nähern uns bereits mehreren Kipppunkten, an denen sich Eigendynamiken entwickeln, die sich gegenseitig verstärken und weder beeinflusst noch rückgängig gemacht werden können. Dabei kann gerade die Natur die schlimmsten Klimafolgen abwenden.

Die größten Herausforderungen für den Schutz der Biodiversität in Österreich:
- Fehlende Ziele, Strukturen und Prozesse
Der Biodiversitätsschutz leidet unter unverbindlichen Zielen und ambitionslosen Maßnahmenkatalogen, die in der Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern allzu oft versanden. Sowohl die europäischen als auch die nationalen Biodiversitätsziele sind häufig unverbindlich und daher nicht sanktionierbar. Eine Koordinationsstelle, die für die Grundlagenerstellung, Planung und Begleitung der Maßnahmenumsetzung zentral zuständig ist, wie sie beispielsweise in der Schweiz oder in Deutschland bereits eingeführt wurde, gibt es in Österreich nicht.
Die Planungsgrundlagen sind oft fachlich nicht mehr aktuell oder unvollständig erhoben. Beispiele dafür sind die in Österreich verfügbaren Roten Listen, die oft veraltet sind, oder das Monitoring gemäß FFH- und Vogelschutz-Richtlinie, die nur einen Teil der Schutzgüter abdecken oder deren aktuelle Verbreitung nicht widerspiegeln. Zudem fehlt Schutzgebieten häufig das notwendige flächendeckende Management mit einheitlichen und vergleichbaren Mindeststandards. Dadurch sind übergeordnete Ziele schwer oder gar nicht messbar und erreichbar.
- Umweltschädliche Steuern und Subventionen
Österreich subventioniert die Naturzerstörung mit Milliarden an öffentlichen Geldern. Laut WIFO-Analyse machen allein die klimaschädlichen Förderungen ungefähr 5,3 Milliarden Euro pro Jahr aus. Die tatsächliche Summe dürfte sogar noch höher sein, da vielerorts Daten fehlen. Gesamtsummen für biodiversitätsschädigende Förderungen sind auf Grund mangelnder Daten nicht verfügbar. Das Steuersystem ist blind gegenüber gesamtgesellschaftlichen Kosten, die durch naturschädigendes Verhalten entstehen, obwohl diese oft von einigen wenigen Profitierenden verursacht werden und nichtsdestotrotz von der Allgemeinheit getragen werden müssen.
Maßnahmen zum Biodiversitätsschutz sind hingegen massiv unterdotiert: Lediglich 80 Millionen Euro stehen beispielsweise dem 2020 neu ins Leben gerufenen Biodiversitätsfonds für insgesamt sechs Jahre zur Verfügung. Das sind rund 13 Millionen Euro pro Jahr – angesichts der Herausforderungen und Dringlichkeit ist das nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein.
- Nicht nachhaltige Produktionsweise und Konsumverhalten
Österreich hat einen verschwenderisch hohen ökologischen Fußabdruck. Wir verbrauchen mehr als dreimal so viele Ressourcen, wie wir zur Verfügung haben. Ein wichtiges Beispiel ist unser Fleischkonsum. Wie viel Fleisch und welches Fleisch wir essen, hat große Auswirkungen – auf unser Klima, die Biodiversität, den Flächenverbrauch, die Böden, die Gewässer und nicht zuletzt auch auf unsere eigene Gesundheit sowie die Ernährung der restlichen Weltbevölkerung. Der jährliche Fleischkonsum in Österreich beträgt im Durchschnitt knapp 59 kg pro Kopf – das ist ein europäischer Spitzenwert.

Politische Lösungsansätze für den Biodiversitätsschutz:
- Strukturen und Prozesse reformieren
Der Schutz von Biodiversität muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. Das erfordert vereinheitlichte Strukturen, Prozesse und Rechtsrahmen über alle österreichischen Bundesländer hinweg, die den Anforderungen für den Erhalt unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen gerecht werden. Dazu braucht es eine nationale Koordinationsstelle für Biodiversität, die sich der Thematik, sowie der Strukturierung und Abstimmung der notwendigen Prozesse, Planungen und Maßnahmen annimmt. Zusätzlich müssen diese Anstrengungen ausreichend personell und finanziell unterfüttert und Bürger:innenbeteiligung gefördert werden.
- Fachgrundlagen schaffen
Um die Nationale Biodiversitätsstrategie umsetzen zu können, braucht Österreich einen klaren Aktionsplan, der beschreibt, wie und mit welchen Mitteln wir vom aktuellen Zustand messbar zu unseren Zielen kommen.
- In Naturschutz investieren
Es müssen ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden, damit Ökosysteme auch zukünftig unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen sichern können. Dazu sind die verbliebenen Naturjuwele Österreichs zu schützen. Darüber hinaus müssen beeinträchtigte Ökosysteme und ihre Ökosystemdienstleistungen wiederhergestellt werden. Insbesondere gegenüber den Herausforderungen der Klimakrise und naturverträglicher Landnutzung braucht es diese Investitionen in naturbasierte Lösungen, deren volkswirtschaftlicher Nutzen die Kosten um ein Vielfaches übersteigen.
- Gesamtgesellschaftliche Transformation
Politik und (Finanz-)Wirtschaft müssen nachhaltige Ausrichtung unserer Gesellschaft ins Zentrum ihrer Bemühung stellen. Dafür sind die Lenkungswirkungen von Subventionen, Steuern und Investitionen so einzusetzen, dass Biodiversitäts- und Klimaschutz gefördert und nicht weiter verwässert werden. Weiterhin ist der Übergang unserer Produktions-und Lebensweise politisch zu gestalten, hin zu einer regenerativen, von erneuerbaren Energien angetriebenen Kreislaufwirtschaft, in der nur so viele Ressourcen verbraucht und konsumiert werden, wie sie die Natur wieder erneuern kann.
Was ist Biodiversität?
Biologische Vielfalt ist sehr viel mehr als die bloße Vielfalt von Tierarten. Sie ist die Grundlage unseres Lebens! Biodiversität ist die Summe aus a) der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art (also jedes einzelnen Individuums), b) der Vielfalt aller Tier- und Pflanzenarten und c) der Vielfalt von Lebensräumen. Umso naturnäher und vielfältiger, die Lebensräume und Lebensgemeinschaften auf dieser Welt, desto sicherer ist es für alles Leben auf der Erde – auch für unser eigenes.
Was sind FFH-Lebensräume und FFH Arten?
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie) ist ein Abkommen der EU zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen auf europäischer Ebene. Um das Ziel der FFH-Richtlinie, „Erhaltung der europäischen biologischen Vielfalt“, zu erreichen, wurde ein europaweites kohärentes ökologisches Schutzgebiets-Netzwerk „Natura 2000“, aufgebaut.
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