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Biodiversität in Österreich schützen

12 Forderungen an die österreichische Bundesregierung

Im Rekordtempo zerstören, verschmutzen und übernutzen wir unsere Natur und unseren Planeten als gäbe es kein Morgen. Wie zum Beispiel der WWF Living-Planet-Report zeigt, verzeichnet die Welt aktuell einen neuen Tief- bzw. Höchststand in Sachen Arten- und Biodiversitätsverlust. Hauptgründe für den Verlust der Biologischen Vielfalt sind zweifellos die massive Naturzerstörung und der Verlust wertvoller Lebensräume – zum Beispiel für Lebensmittel wie Tierfuttermittel, den Bau neuer Einkaufszentren oder Straßen. Dazu kommen die Folgen der Erderhitzung, die auch vielen Tier- und Pflanzenarten schadet.

Die Folge: Wir erleben das größte Artensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier. Wenn wir so weitermachen wie bisher, schwimmen im Jahr 2050 nicht nur mehr Plastikteile, als Fische in unseren Meeren, sondern wir berauben uns unserer eigenen Lebensgrundlage.

Der Erhalt der biologischen Vielfalt ist auch bei uns in Österreich die beste Versicherung, um weiterhin auf einem lebenswerten Planeten leben zu können. Eine intakte Natur versorgt uns mit sauberer Luft und sauberem Wasser, mit gesunden Lebensmitteln, wertvollen Rohstoffen und lebensrettender Medizin, reguliert das Klima, trägt zu unserer Gesundheit und Erholung bei und schützt uns vor Extremwetter-Ereignissen.

Biodiversitätsschutz in Österreich mehr schlecht als recht

Prinzipiell ist Österreich reich an Artenvielfalt. Doch mittlerweile sind 82 % der FFH-Lebensräume und 85 % der heimischen FFH-Arten in keinem guten Zustand. Alleine von den 73 heimischen Fischarten stehen rund 60 % auf der Roten Liste bedrohter Arten – als gefährdet, stark gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht.

Das aktuelle „Barometer der Biodiversitätspolitik in Österreich – herausgegeben vom Österreichischen Biodiversitätsrat– hat sich angesehen, wie Österreich in Sachen Biodiversitätsschutz dasteht. Das Ergebnis: Von insgesamt 19 Maßnahmen werden 12 als „schlecht“ umgesetzt bewertet und nur eine einzige Forderung wurde „gut“ umgesetzt.

12 Forderungen zum Schutz der Biodiversität in Österreich

Das aktuelle Regierungsprogramm spricht die Biodiversitätskrise an, aber die geplanten Maßnahmen gehen nicht ansatzweise weit genug. „Die neue Biodiversitätsstrategie muss verpflichtende Ziele, Vorgaben und Zuständigkeiten enthalten, damit sie nicht wieder zu einem zahnlosen Papiertiger verkommt“, fordert WWF-Experte Arno Aschauer, Leiter des Programms für Arten und Lebensräume. Sowohl die Bundesregierung als auch alle Bundesländer müssen dafür einen konkreten Aktionsplan beschließen.

1. Umfassenden Bodenschutz-Vertrag verankern

In Österreich werden im Schnitt pro Tag 11,5 Hektar wertvolle Natur verbraucht – für Einkaufszentren, Skipisten oder neue Straßen. Damit liegt Österreich nicht nur im europäischen Spitzenfeld, sondern auch weit über seinem (ohnehin zu laxen) Nachhaltigkeitsziel. Die Biodiversitäts-Strategie sollte sich zu einem umfassenden Bodenschutz-Vertrag bekennen und diesen als eines ihrer Hauptziele verankern.

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2. Mehr Wildnisgebiete und Nationalparks – 10 % Staatsfläche schützen

In Österreich sind aktuell nur rund 2,2 % der Bundesfläche in der höchsten Kategorie (Wildnisgebiete und Nationalparks) streng geschützt. Eine besonders wichtige Maßnahme zum Schutz der Biodiversität ist darum die Schaffung und Erweiterung streng geschützter Gebiete. Zumindest 10 % der Flächen sollten unter strengen Schutz gestellt werden. „Das würde wertvolle neue Lebensräume und Rückzugsorte für stark gefährdete Tiere wie zum Beispiel den Luchs schaffen“, erklärt WWF-Experte Arno Aschauer. Um dieses Ziel zu erreichen braucht es einen konkreten Aktions- und Maßnahmenplan, um messbare und sichtbare Fortschritte auf allen Ebenen und mit allen Beteiligten erzielen zu können.

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3. Gesamtes System der Schutzgebiete verbessern

Ergänzend zu den 10 % streng geschützter Gebiete ist gemäß EU-Vereinbarungen das restliche Schutzgebietssystem auf mindestens 20 % der Landesfläche auszubauen und ein wirksames Schutzgebietsmanagement zu etablieren. In der Praxis gibt es hier aber noch große Defizite. So braucht es dringend mehr personelle und finanzielle Ressourcen, die regelmäßig evaluiert werden sollten.

4. Zerstörte Lebensräume wiederherstellen

Rund 80 % der FFH-Lebensräume in Österreich sind in keinem günstigen Erhaltungszustand mehr. Daher sollten entsprechend den EU-Vereinbarungen bis 2030 bedeutende Gebiete mit geschädigten und kohlenstoffreichen Ökosystemen – wie Wälder, Moore und Flüsse – verbessert und wiederhergestellt werden; Mindestens 30 % dieser Lebensräume und Arten sollen bis 2030 einen „günstigen Erhaltungszustand“ oder zumindest einen positiven Trend verzeichnen.

5. Neue Schutzgebietskategorie einführen: „Hochwertige Wildflusslandschaft“

Mit dieser neuen Schutzgebietskategorie könnten natürliche, naturnahe Fließgewässer und deren engere Umgebung wirksam geschützt werden. Zugleich würde sie einen rechtlichen Rahmen für ambitionierte Renaturierungs- und Prozessschutzmaßnahmen schaffen. Die entsprechenden Gebiete sollten in den ökologisch wertvollsten Fließgewässerstrecken Österreichs eingerichtet werden. Beispiele dafür wären der Lech, die Isel und die Ötztaler Ache sowie Bäche im Karwendel.

6. Sofortmaßnahmen für Moor-Landschaften

Moor-Landschaften sind wertvolle CO2-Speicher und beherbergen eine einzigartige Artenvielfalt. Sie sind jedoch massiv durch Entwässerung und Nutzungsintensivierung bedroht. Die Biodiversitätsstrategie sollte sich dringend zur verbindlichen Rettung der Moore bekennen und zumindest 3 Sofortmaßnahmen verankern:
1. Restauration der vorrangig eingestuften, degradierten Moor- und Sonderstandorte
2. Keine weitere Entwässerung
3. Aufhebung von obsolet gewordenen Bescheiden, die Grundbesitzer zur Instandhaltung von Entwässerungsanlagen (Gräben, Drainagen) zwingen

7. Umweltrecht verbessern & Seele der Alpen schützen

Die letzten verbliebenen, weitgehend unerschlossenen Naturräume in Österreich (rund 7 % der Staatsfläche) müssen rechtsverbindlich geschützt werden. Zudem braucht es ein Konzept für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung alpiner Freiräume gemäß Alpenkonvention. Ein entsprechendes Vorhaben steht im Regierungsprogramm und sollte daher auch in der Biodiversitätsstrategie Österreich 2030 verankert werden.

Außerdem muss das Umweltrecht verbessert werden: Mit rund 3.000 Lift- und Seilbahnanlagen sowie circa 25.000 Hektar Pistenfläche zählt Österreich schon jetzt zu den am intensivsten erschlossenen Ländern weltweit. Das hat verheerende Folgen für Tiere und Pflanzen Zum Beispiel sollte daher in der Biodiversitätsstrategie verankert werden, die im europäischen Vergleich sehr hohen Schwellenwerte, ab denen eine UVP(Umweltverträglichkeitsprüfung)-Pflicht besteht, deutlich zu senken. Weiters müssen die betroffenen Bundesländer ihre EU-rechtswidrigen Vorgehensweisen beim Management streng geschützter Arten, wie Wolf, Fischotter oder Biber einstellen.

8. Anti-Wilderei-Paket

Bei sehr seltenen und streng geschützten Wildtieren – wie dem Seeadler oder Luchs – können wenige Fälle illegaler Verfolgung bereits die gesamte heimische Population bedrohen. Um Wildtierkriminalität zu verhindern, aufzuklären und konsequent zu bestrafen, sind aber deutlich mehr Maßnahmen nötig als im aktuellen Entwurf der Biodiversitätsstrategie Österreich 2030 berücksichtigt wurden. Konkret braucht es mehr Anstrengungen von Bund und Ländern sowie mehr Ressourcen für die zuständigen Stellen in Exekutive und Judikative.

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9. Rascher Abbau aller biodiversitätsschädlichen Subventionen

Das Strategie-Vorhaben “Evaluierung und weitgehender Abbau von biodiversitätsschädigenden Anreizen und Subventionen (…) und deren Umgestaltung in biodiversitätsfördernde Anreize und Subventionen“ sollte dringend einen konkreten Zeitplan im Rahmen des oben erwähnten Aktionsplanes erhalten. Denn dieses Ziel stand bereits in der letzten Biodiversitätsstrategie. Passiert ist bisher aber nichts in die Richtung.

10. Neuer Biodiversitäts-Check

Ein eigener Biodiversitäts-Check sollte alle Gesetze, Verordnungen und Förderungen sowie das öffentliche Beschaffungswesen auf ihre Folgen bewerten. Jene Projekte, die beim unabhängigen, wissenschaftlich durchgeführten Check durchfallen, dürfen nicht gestartet werden oder müssen gestoppt bzw. geändert werden. In diesem Sinne muss auch der Strategietext des Entwurfs konkreter und verbindlicher werden.

11. Biodiversitäts-Milliarde verankern

Um die Biodiversitätskrise einzudämmen, sollte mittelfristig eine Milliarde Euro pro Jahr investiert werden. Zusätzlich bräuchten bestehende Finanzierungsschienen integrativere Ansätze, indem zum Beispiel innerhalb eines Projektes Maßnahmen forciert werden können, die sich sowohl positiv auf die Biodiversität als auch auf die Land- und Forstwirtschaft und die Kohlenstoff- und Wasserspeicherung in der Region auswirken.

12. Österreichweites Monitoring einführen

Um den „Gesundheitszustand“ der Arten und Lebensräume regelmäßig zu erfassen und zu überwachen, braucht es ein regelmäßiges bundesweites Biodiversitäts-Monitoring. Dafür gibt es derzeit aber kein vollständiges und einheitliches System, das den fachlichen und EU-rechtlichen Anforderungen genügt.

 

 

Almrosen

Was ist Biodiversität?

Biologische Vielfalt ist sehr viel mehr als die bloße Vielfalt von Tierarten. Sie ist die Grundlage unseres Lebens! Biodiversität ist die Summe aus a) der genetischen Vielfalt innerhalb einer Art (also jedes einzelnen Individuums), b) der Vielfalt aller Tier- und Pflanzenarten und c) der Vielfalt von Lebensräumen. Umso naturnäher und vielfältiger, die Lebensräume und Lebensgemeinschaften auf dieser Welt, desto sicherer ist es für alles Leben auf der Erde – auch für unser eigenes.

 

 

Luchs ruht sich aus

Was sind FFH-Lebensräume und FFH Arten?

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie) ist ein Abkommen der EU zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen auf europäischer Ebene. Um das Ziel der FFH-Richtlinie, „Erhaltung der europäischen biologischen Vielfalt“, zu erreichen, wurde ein europaweites kohärentes ökologisches Schutzgebiets-Netzwerk „Natura 2000“, aufgebaut.

 

 

Links

Hier können Sie die gesamte WWF-Stellungnahme zur Biodiversitäts-Strategie der Bundesregierung nachlesen:

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