Anhaltende Verbauung und Versiegelung verschärfen Hitze – WWF fordert Entsiegelungs-Offensive, Begrünung in den Städten und Limit für den Bodenverbrauch
Protestaktion „Stopp Ausbau Kraftwerk Kaunertal“: TIWAG muss naturzerstörerisches Projekt beenden

Mit einer Aktion am Innsbrucker Landhausplatz forderten die Naturschutzorganisation WWF Österreich und die Vereine „Lebenswertes Kaunertal“ und „Wildwasser Erhalten Tirol“ (WET) den Stopp für den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal. Stattdessen müssten das Platzertal erhalten sowie die Gletscherflüsse Venter Ache und Gurgler Ache geschützt werden. Als Zeichen des Protests entrollten die Organisationen vor der Zentrale des zuständigen TIWAG-Konzerns ein Banner, das die Dimensionen des geplanten Staudamms verdeutlicht: „Mit seinen 120 Metern wäre der Staudamm fast so hoch wie der Stephansdom in Wien und sieben Mal so hoch wie das Goldene Dachl. Dieses Monsterprojekt steht wie kein anderes für die gestrige und zerstörerische Ausbaupolitik der TIWAG. Die Zeiten, in denen man ohne Rücksicht auf die Natur die Alpen zupflastern kann, müssen vorbei sein“, sagt Bettina Urbanek, Gewässerschutzexpertin des WWF Österreich. Gemeinsam fordert die Umwelt-Allianz, dass die naturverträgliche Energiewende auch für Speicherkraftwerke gelten muss. „Die TIWAG muss sich zur konsequent naturverträglichen Umsetzung der Energiewende bekennen. Mit den Projektgeldern könnte sie sowohl den Sonnenstrom rascher ausbauen, als auch die ökologischen Belastungen durch ihre Kraftwerke sanieren. Die Klima- und Biodiversitätskrise muss gemeinsam gelöst werden.“
Wasserentzug: Bis zu 80 Prozent werden abgeleitet
Die Kaunertal-Verbauung wäre ein massiver Eingriff in den Wasserhaushalt der Ötztaler Alpen: Aus den ausgewiesenen Flussheiligtümern Venter und Gurgler Ache sowie aus Verwall- und Königsbach sollen bis zu 80 Prozent des Wassers ab- und zwei Täler weit in künstliche Stauseen umgeleitet werden. „Die Ableitung der Gletscherflüsse hat fatale ökologische Folgen für die Flüsse und bringt einen dauerhaften Wasserentzug für das gesamte Ötztal. Das ist gerade in Zeiten der Klimakrise völlig kontraproduktiv“, warnt Bettina Urbanek vom WWF Österreich. Insgesamt würden im Projektgebiet laut dem TIWAG-Plan 88 Flusskilometer zu Restwasserstrecken degradiert, während durch die enorm verstärkte Schwalleinleitung der Kraftwerke ein über vier Kilometer langer Abschnitt des Inns ökologisch völlig zerstört würde. „Dabei ist die TIWAG dazu verpflichtet, die Schwallbelastung des Inns bis 2027 zu sanieren und nicht, ihn zusätzlich zu belasten. Es geht also in die völlig verkehrte Richtung“, sagt Urbanek.
Verheerende Folgen hätte das Projekt auch auf das Platzertal. Das ökologisch einzigartige Hochtal und 11 Hektar wertvoller Moorflächen würden vom Wasser des Stausees überflutet. Durch die massiven Eingriffe in eine hochsensible Naturlandschaft zerstört der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal wichtige Lebensräume und befeuert die Biodiversitätskrise. Das gefährdet eine ganze Reihe geschützter Tier- und Pflanzenarten, wie zum Beispiel Steinadler, Alpenschneehuhn, Innäsche, Murmeltier oder Edelweiß.
Jahrelange Großbaustellen
Insgesamt betrifft das Projekt 20 Gemeinden, sei es durch die jahrelangen Großbaustellen oder durch den dramatischen Wasserentzug aus dem Ötztal, durch den neben der Natur auch die Bewässerung in der Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen wird. „Das Kaunertal war früher das Tal der Wasserfälle. Doch seit dem Bau des Kraftwerks liegen unsere ehemaligen Almböden unter Wasser und die sprudelnden Seitenbäche sind versiegt. Wir können und wollen keine weitere Naturzerstörung zulassen“, sagt Anita Hofmann, Obfrau des Vereins Lebenswertes Kaunertal. „Hinzu kommt, dass wir seit Jahren mit der Sorge vor einer Hangrutschung beim bereits bestehenden Gepatschstausee im Kaunertal leben. Der Ausbau des Kraftwerks mit Pumpspeicherbetrieb würde dieses Risiko noch weiter erhöhen, da die Gefahr besteht, dass die umliegenden Hänge durch das ständige Fluten und Leeren stärker in Bewegung kommen.“
Für Marieke Vogt von WET steht der Schutz der Ötztaler Ache im Vordergrund. „In Tirol ist fast kein Fluss mehr ohne Kraftwerk, und wir Kajakfahrerinnen und -fahrer müssen jeden Tag sehen, wie schlecht es unseren Flüssen geht. Bisher war das Ötztal eine wertvolle Ausnahme. Wenn Venter und Gurgler Ache ausgeleitet werden, dann werden nicht nur diese zwei wertvollen Gletscherflüsse zerstört, sondern auch die gesamte Ötztaler Ache. Dadurch geht ihr hoher Wert für uns komplett verloren.“
Neuigkeiten zum Thema finden Sie ab sofort unter www.fluessevollerleben.at/kaunertal
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