Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
Satellitentechnik im Kampf gegen illegale und unregulierte Fischerei

Berlin/Wien, 26. September 2012: Das Globale Fischereiprogramm des WWF hat ein Programm entwickelt, mit dem sich zukünftig einfach und effektiv eines der größten Probleme der Fischerei eindämmen lässt: Die illegale, unregulierte und undokumentierte Fischerei. Auch in der Europäischen Union könnte diese Technik zum Einsatz kommen.
Schätzungen zufolge wird heute weltweit jeder fünfte Fisch illegal gefangen – auch von Schiffen der EU. Europa legt in seiner Fischereipolitik Fangquoten und zahlreiche weitere Regeln fest, allerdings fehlt es an geeigneten Kontrollen zur Einhaltung dieser Vorgaben.
Um diese Lücke zu schließen, hat der WWF ein Monitoringprogramm entwickelt, das auf Satellitentechnik setzt.Kernstück des Programms ist das in der weltweiten Schifffahrt genutzte Anti-Kollisionssystem „Automatic Identification System“ (AIS).
Es liefert via Satellit Daten zur Identifizierung eines Schiffes: Name, Größe, Position und weitere Details der Fahrzeuge werden übermittelt und auch die Geschwindigkeit eines Schiffes ist ablesbar.
„Wir wollten endlich wissen, was draußen auf See wirklich passiert“, sagt Alfred Schumm, Leiter des Globalen Fischereiprogramms des WWF. „Denn die illegale und unregulierte Fischerei richtet weltweit ökologische und ökonomische Schäden an, die uns alle betreffen.“
Das neue System schafft einen Einblick in die Fischereipraxis auf Hoher See, wo es bislang keine Zeugen gab. Lediglich küstennahe Fischereiaktivitäten bis 50 Seemeilen waren bislang von Land aus beobachtbar.
Der WWF wertete AIS-Daten des Satellitenbetreibers ORBCOMM der letzten eineinhalb Jahre mit einer eigens dafür entwickelten Methode aus. So konnten die Routen einzelner Schiffe ebenso nachvollzogen werden wie die Aktivitäten der Fischereischiffe. „Wir können jetzt genau sagen, wer wann wo gefischt hat“, so Schumm.
AIS ist seit Ende 2000 als verbindlicher Standard der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) angenommen. Fast jedes Schiff ist heute zur eigenen Sicherheit mit dieser Technik ausgerüstet. Industrielle Fischereischiffe müssen weltweit ab einer Größe von 300 BRZ (Bruttoraumzahl) – das entspricht bei Fischereischiffen Längen von über 30 Metern – ein AIS-Gerät führen und sind so eindeutig erkenn- und überprüfbar. In der EU gilt die Pflicht für knapp 3000 Fischereifahrzeuge, nämlich für alle Fischerboote ab 24 Meter Länge. In der WWF AIS Datenbank existieren weltweit etwa 27.000 Fischereischiffe.
„AIS ist ein unbestechlicher Datenlieferant und bietet sich als internationaler Standard für eine transparente Fischerei an“, erläutert Schumm. „AIS ist eine bereits etablierte Technik, weltweit einsetzbar und lässt sich daher kostengünstig für mehr Transparenz im Fischereisektor einsetzen.“ Schiffe, die sich einer Identifikation bislang durch manipulierte oder mangelnde Kennzeichnung entzogen haben, würden ihrer Anonymität beraubt.
Die aktuelle Auswertung zeigt zum Beispiel, dass die Fänge von 111 industriellen Schiffen unterschiedlicher Herkunft vor West Afrika fast ausschließlich in der EU angelandet wurden. Die Schiffe aus der EU, Japan Russland oder Korea fingen vor West Afrika sowohl in nationalen als auch in internationalen Gewässern und steuerten anschließend meist direkt den Hafen von Las Palmas auf Gran Canaria an. Die Bewegungsmuster und Geschwindigkeiten der Schiffe offenbaren, ob und wo ein Schiff gefischt oder nur Strecke zurückgelegt hat. Gleicht man dies mit anderen Daten ab, kann man überprüfen, ob etwa in Schutzgebieten gefischt wurde. Es ist auch erkennbar, ob sich ein EU-Fangschiff vor Westafrika an die EU Fischerei-Partnerschaftsabkommen hält und im vertraglich festgelegten Fanggebiet fängt oder etwa schwarz in Küstengewässern fischt, die der lokalen Bevölkerung vorbehalten sind.
Ein verbreitetes System zur Erhöhung der Schiffssicherheit auf den Meeren kann im Nebeneffekt der nachhaltigen Entwicklung und dem Schutz der Ozeane und der Fischbestände dienen. Jetzt ist die Politik aufgefordert, die verfügbaren Instrumente zum Einsatz zu bringen. Ein erster Schritt wäre, das satellitengestützte AIS System auch für kleinere Fischerei-Fangschiffe und Fischerei-Frachtschiffe verbindlich einzuführen.
„Für einen glaubwürdigen Kurswechsel zu nachhaltiger Fischerei muss die EU auch daran arbeiten, dass ihre Regeln eingehalten werden“, fordert Schumm. „Ein großer Schritt wäre, wenn die satellitengestützte Rückverfolgbarkeit für die gesamte EU-Flotte und alle Schiffe, die europäische Häfen anlaufen, zur Pflicht gemacht wird.“
Der WWF erwartet von der EU Fischereireform zudem, dass alle Fischerei-Partnerschaftsabkommen und Joint Ventures mit EU Fischereien entsprechend den in der EU geltenden Fischereiregeln umgesetzt werden.
Der WWF fordert, dass ausschließlich Fischbestände befischt werden, die nicht überfischt sind, dass Beifang auf Werte nahe Null reduziert wird und Meereslebensräume nicht beeinträchtigt werden. Hierzu sind wissenschaftsbasierte Mehrjahrespläne ebenso Voraussetzung, wie ein lückenloses Monitoring und Kontrollen. Der WWF erwartet von der EU, dass sie gemeinsam mit den EU-Fischerei-Partnerländern das effektive Monitoring und die Kontrolle der Vereinbarungen umsetzt.
Weitere Informationen:
MMag. Franko Petri, Pressesprecher WWF, Tel. 01-48817-231, Email: franko.petri@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.
Seeadler getötet: WWF und BirdLife fordern Aktionsplan gegen Wildtierkriminalität
Besenderter Seeadler “Dante” stirbt nach Schussverletzung und Zugkollision – WWF und BirdLife fordern konsequentes Vorgehen gegen illegale Verfolgung streng geschützter Arten
Sie haben abgestimmt: Größte Bausünde steht in Ohlsdorf
Das Logistikzentrum in Ohlsdorf wurde zur größten Bausünde gewählt! Für den Bau mussten 19 Hektar Wald weichen – ein trauriges Beispiel für die fehlgeleitete Bodenpolitik in Österreich.
Zerstörung Schwarze Sulm: Umweltverbände ziehen gegen Kraftwerkspläne erneut vor Gericht
WWF, ÖKOBÜRO und Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe reichen Revision beim Höchstgericht ein – Forderung nach endgültigem Projektstopp und verbindlichen Schutz für frei fließende Flüsse
WWF warnt zum Ferienstart vor Artenschmuggel im Gepäck
Mitbringsel aus seltenen Tier- und Pflanzenarten gefährden Artenvielfalt – Geld- und Gefängnisstrafen drohen auch bei ungewolltem Schmuggel – WWF-Souvenir-Ratgeber klärt auf
Neuer WWF-Bodenreport: Bis 2050 drohen weitere 1.000 Quadratkilometer verloren zu gehen
Politische Ziele bislang deutlich verfehlt, Prognose negativ – WWF fordert Kurswechsel mit Bodenschutz-Vertrag
WWF warnt vor Folgen der Regenwald-Zerstörung für Artenvielfalt und Klima
Tag des Regenwaldes am 22. Juni: Regenwälder schrumpfen weltweit, im Amazonas besonders rasant – WWF fordert verstärkten Schutz und entschlossenen Kampf gegen weltweite Entwaldung