Warenkorb-Untersuchung: Gesündere Ernährung und weniger Verschwendung ermöglichen Bio-Qualität ohne Mehrkosten – Vorteile für Umwelt, Gesundheit und Haushaltsbudget
Überzogene Wasserkraftpläne: Tiroler Naturjuwele in Gefahr

Innsbruck, am 14. Dezember 2011 – Mehr als 30 neue Wasserkraftwerke bedrohen teils noch unversehrte Flüsse und Bäche Tirols. Schwerpunkte der Ausbaupläne sind das hintere Ötztal, das Stubaital, der Inn sowie Osttirol. Den Kraftwerken geopfert werden sollen auch Flüsse, die noch unverbaut und ungestaut von der Quelle bis zur Mündung frei fließen, wie die Flussheiligtümer Venter Ache in Nord- und die Isel in Osttirol. Die größten heimischen Naturschutzorganisationen, darunter die Naturfreunde, der Naturschutzbund, das Forum Wissenschaft und Umwelt sowie der WWF präsentieren heute eine aktuelle Karte der bekannt gewordenen Ausbaupläne in Tirol und warnen angesichts deren Ausmaßes vor einer massiven Schädigung der Tiroler Natur. Sie fordern Landeshauptmann Günther Platter auf, noch heuer einen Kraftwerksgipfel einzuberufen, um wieder Ordnung in die aus den Fugen geratenen Kraftwerksvorhaben zu bringen.
„Uns wurde versprochen, dass der Tiroler Kriterienkatalog dem Wildwuchs an Kraftwerken einen Riegel vorschieben und klug gewählte Standorte begünstigen wird. Eingetreten ist das Gegenteil. Die meisten Projekte liegen an ökologisch wertvollen Gewässerstrecken“, ist Christoph Walder, Wasserkraftexperte des WWF, enttäuscht. Mehr als die Hälfte der Kraftwerksvorhaben – wie das Kaunertalprojekt – liegt in sensiblen Gebieten, beeinträchtigt Schutzgebiete – wie im Kühtai, oder verschlechtert sogar Gewässer in der Nationalparkregion. Dies trifft auf die Projekte Isel, Kalserbach und Froßnitzbach in den Hohen Tauern zu.
Ja zur ökologisch und sozial verträglichen Wasserkraftnutzung
Die Naturschutzorganisationen stehen der Wasserkraftnutzung prinzipiell positiv gegenüber, wenn sie ökologisch und sozial verträglich ist. Die heute vorgestellten Ausbaupläne – allen voran die Großprojekte der TIWAG wie der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal – lassen jedoch Strategie und Augenmaß vermissen, bemängeln die Kritiker. So sind auch bei Matrei in Osttirol im Umkreis von nur 15 Kilometern drei riesige Kraftwerke geplant, die viel mehr Energie erzeugen würden, als die Region jemals benötigen wird, aber die Natur massiv schädigen. „Wenn diese Kraftwerke realisiert werden, müsste die Isel an mehreren Stellen zerstückelt, ausgeleitet und aufgestaut werden, was bei diesem natürlichen Gletscherfluss einer ökologischen Katastrophe gleich kommt“, ist Limnologie-Professor Dr. Roland Psenner, zugleich Vizepräsident des Forums Wissenschaft und Umwelt, entsetzt.

Nein zur Zerstörung der Venter und Gurgler Ache
Besonders besorgt sind die Umweltschützer über die Ausbaupläne am Kraftwerk Kaunertal im Tiroler Oberland. Geht es nach den Plänen der TIWAG, würden dafür die Venter und Gurgler Ache, sowie zwei weitere Bäche im hinteren Ötztal über zwei 25 Kilometer lange, mehrere Meter hohe Stollen ins Kaunertal umgeleitet werden. „Das ist ein unbotmäßiger Eingriff in einer hochalpinen Region, die sich durch großflächig erhaltene Wildnisgebiete und eine ganz besonders schützenswerte Fauna und Flora auszeichnet“, unterstreicht Prof. Dr. Roman Türk, Präsident des Naturschutzbundes Österreich.
Die Region des hinteren Ötztales steht unter nationalem und internationalem Naturschutz und muss für die Nachwelt erhalten bleiben, sind sich die Naturschutzorganisationen einig. Zudem hat sich die Republik Österreich in einem Übereinkommen mit dem WWF verpflichtet, Flussheiligtümer wie die Venter Ache vor jeder Verschlechterung zu schützen. „Wenn der Landeshauptmann und der Umweltminister das Kraftwerk Kaunertal beschließen, ist das ein Schlag ins Gesicht der Österreichischen Umweltbewegung“, sagt Walder vom WWF.
Als Limnologin ist Ao. Prof. Birgit Sattler, stv. Vorsitzende der Tiroler Naturfreunde überzeugt, dass gerade die intakten Gewässerabschnitte dieser einzigartigen Fließgewässer eine besondere Funktion im Naturhaushalt Tirols spielen, Lebensräume einer typischen und vielfach verschwundenen Fauna und Flora darstellen und nach einer energiewirtschaftlichen Nutzung viele dieser Qualitäten einbüßen werden.
Tirol zerstört sich mit den Kraftwerksprojekten nicht nur seine letzten Flussjuwele, sondern beraubt sich auch des eigenen Potenzials für Naturtourismus, fürchten die Naturfreunde. Viele betroffene Regionen werben seit Jahrzehnten mit ihrer Natürlichkeit. „Unsere Tiroler Wildflüsse ziehen Wassersportler aus ganz Europa an, weil wir mit unseren Klammen, Schluchten und Wildwasserstrecken noch begehrte Erlebnisstrecken zur Verfügung haben. Diese Paradiese sollen auch in Zukunft bewahrt bleiben“, unterstreicht Sattler.

Kurskorrektur in der Wasserkraft statt Flüssekollaps
Landeshauptmann Günther Platter soll die überbordenden Ausbaupläne zur Chefsache machen und wieder in geordnete Bahnen lenken, fordern die Naturschutzorganisationen. Der Kriterienkatalog dürfe seine Wirkung nicht verfehlen. „Andernfalls gibt es gleich drei Verlierer: Die Tiroler Flüsse gehen ebenso kaputt, wie das Vertrauen in eine berechenbare Politik, und letztlich auch die Planungssicherheit für Kraftwerksbetreiber“, erklärt Walder vom WWF. Denn der derzeitige „Wildwuchs“ an Wasserkraftprojekten führe auch zu unnötigen Grabenkämpfen zwischen Naturschutz und Energiewirtschaft. „Gegen die meisten Vorhaben sind massive Widerstände vorprogrammiert“, warnen die Umweltverbände. Dadurch würden letztlich auch ökologisch verträgliche und energiewirtschaftlich sinnvolle Projekte gelähmt.
Aus Sicht der Naturschutzorganisationen kann nur ein breit angelegter Kraftwerksgipfel, der die Interessen von Ökologie, Energiewirtschaft und Landespolitik bestmöglich unter einen Hut bringt, eine Trendwende einleiten.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250
E-mail: claudia.mohl@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neue Studie: Pumpspeicher im Platzertal könnte “Milliardengrab” werden
Studie zu Kaunertal-Ausbau zeigt fehlende Wirtschaftlichkeit – Projekt wäre teuerstes Pumpspeicherkraftwerk Österreichs – WWF fordert Wirtschaftlichkeitsprüfung aller Alternativen
Wie Wale wandern: WWF veröffentlicht digitale Plattform zum Schutz “mariner Superhighways”
Schiffsverkehr, Lärm und Verschmutzung stören die Wanderrouten der Wale zunehmend – WWF veröffentlicht interaktives Online-Tool zum Schutz der Ozeanriesen
Bodenverbrauch: WWF sucht die “Schlimmste Bausünde Österreichs”
Naturschutzorganisation lässt online über sechs Negativbeispiele für hohen Bodenverbrauch abstimmen – “Kein Weiter-wie-bisher” im heimschen Bodenschutz gefordert
WWF: Zwei Seeadler besendert – Population im Aufwind
90 Seeadler-Paare in Österreich – Beringungen und Besenderungen liefern wichtige Erkenntnisse für Artenschutz – Zahlreiche Bedrohungen für heimische Population
Tag der Lebensmittelrettung: WWF legt Fünf-Punkte-Plan gegen Verschwendung vor
Tag der Lebensmittelrettung am 26. Mai – Allein in Österreich werden 1,2 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr nicht gegessen – WWF fordert verbindliches Maßnahmenpaket gegen Verschwendung
100.000 Unterschriften: Breite Allianz fordert Stopp von Ausbau Kraftwerk Kaunertal
100.000 Unterschriften für Projektstopp gesammelt – Über 35 Bürgerinitiativen, Vereine und Naturschutzorganisationen fordern Absage des Planungsfossils im Kaunertal
100.000 Unterschriften gegen den Ausbau Kraftwerk Kaunertal!
Ein Meilenstein für den Natur- und Umweltschutz: Wir haben 100.000 Unterschriften gegen den Ausbau des Kraftwerks Kaunertal gesammelt.
WWF fordert Rettungspaket für Untere Lobau im Wiener Regierungsprogramm
Untere Lobau massiv von Austrocknung bedroht – WWF fordert Wasserzuleitung und Renaturierung zur Rettung des Naturjuwels