Große heimische Flüsse auf Verbauungsgrad analysiert – WWF fordert Schwerpunkt auf Flüssen im österreichischen Renaturierungsplan und Schutz frei fließender Strecken
WWF: Land Tirol säumig beim Schutz der Osttiroler Gletscherflüsse
An der Isel gehen der Kraftwerks-Ausbau und damit die Zerstückelung der Flusslandschaft ungebremst voran, während das Land Tirol mit der Ausweisung des Naturschutzgebiets immer noch säumig ist. Konkret drohen an der Isel neben dem aktuell in Bau befindlichen Kraftwerk Tauernbach auch weitere Projekte am Kalserbach und an der Schwarzach.
„Das Gebiet wurde bereits 2018 als Natura-2000-Schutzgebiet verordnet. Es fehlen aber bis heute die Festlegung der Schutzgüter, Schutzziele und Erhaltungsmaßnahmen – damit ist der Schutz praktisch unwirksam. Auch ein ergänzender Antrag des WWF und des Vereins Osttirol Natur zur fachlich vollständigen Ausweisung ist unerledigt”, sagt Bettina Urbanek, Gewässerschutz-Expertin beim WWF Österreich. „Landesrat René Zumtobel muss nun endlich handeln, um die Bedrohung unserer Osttiroler Naturjuwele durch unnötige Kraftwerksbauten ein für allemal abzuwenden”, sagt Renate Hölzl vom Verein Osttirol Natur. Der WWF und der Verein Natur Osttirol fordern einen besseren Schutz für den Kalserbach und die Schwarzach, sowie ökologische Verbesserungsmaßnahmen für das einmalige Gletscherfluss-Gebiet.
Von Gletschern gespeiste Gewässer stellen einen besonderen Fließgewässertyp im Gewässernetz der Alpen dar. Durch ihre ökologischen Eigenheiten tragen sie besonders zur Vielfalt aquatischer Lebensräume im Alpenraum bei, sie spielen damit auch eine wesentliche Rolle für die ökologische Stabilität sowie die Biodiversität des gesamten alpinen Gewässer-Netzwerkes.
Chronologie: Was bisher geschah – und was unerledigt blieb
- 2018 wurden mit großer Verspätung Teilstrecken im Isel-Flusssystem als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen. Die angekündigte formale Ausweisung als Naturschutzgebiet fehlt jedoch bisher.
- Wie auch durch die EU massiv kritisiert wird, fehlen für das Natura-2000-Gebiet konkrete Schutzinhalte, Schutzziele und Erhaltungsmaßnahmen – das Schutzgebiet ist damit nur ein Papiertiger.
- 2022 hat die Europäische Kommission festgestellt, dass Tirol damit gegen EU Recht verstößt und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.
- 2021 wurde ein EU finanziertes Gewässerschutz-Konzept fertiggestellt – entsprechende Umsetzungsschritte wurden jedoch bisher nicht gesetzt.
- Während Tirol alle erforderlichen Schutzmaßnahmen verschleppt, werden in Sachen Zerstörung der Flussjuwelen vollendete Tatsachen geschaffen:
- Der Ausbau des Kraftwerks Tauernbach wurde 2023 gestartet. Wertvolle Tamarisken-Lebensräume und eine teils noch intakte Flussstrecke werden dort zugebaut.
- Die Erweiterung des TIWAG-Kraftwerks an der Schwarzach wurde trotz gravierender Kritikpunkte am Verfahren 2021 bis 2023 umgesetzt.
- Das Kraftwerk am Lesachbach wurde mit einer umstrittenen Weisung 2018 bewilligt und trotz erheblicher fachlicher Bedenken umgesetzt.
- Das Projekt “Schwarzach Oberstufe” liegt nach einer Bescheidaufhebung durch das Landesverwaltungsgericht nun wieder bei der Behörde.
- Das Kraftwerk Haslach am Kalserbach wird trotz klarem negativen Naturschutzgutachten weiterverfolgt.
Insgesamt droht die letzte, weitgehend unverbaute Gletscherfluss-Landschaft Österreichs damit für immer verloren zu gehen.
Fotos von der Isel zum Download gibt es hier.
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