Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich bewertet die heute veröffentlichten „Österreichischen Ernährungsempfehlungen“ als „Schritt in die richtige Richtung“, fordert aber konkrete Reformvorschläge vom federführend verantwortlichen Gesundheitsminister.
WWF Österreich: Künstliche Wasserzufuhr zum Neusiedler See wäre ökologische Katastrophe
Naturschutzorganisation warnt Land Burgenland vor fatalem Irrweg - Zufuhr von Donau- oder Raabwasser würde Steppensee radikal verändern und Fortbestand des Naturjuwels gefährden
![Schilfgürtel Neusiedler See](https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2021/07/4eba40a07e885.jpg)
Eisenstadt, am 29. Mai 2020. Die am Freitag vom burgenländischen Landesrat Heinrich Dorner vorgestellte Idee einer künstlichen Wasserzufuhr zum Neusiedler See, um dessen möglicherweise bevorstehende Austrocknung zu verhindern, hätte aus Sicht des Naturschutzes katastrophale ökologische Folgen. „Die Ökologie des westlichsten Steppensees Europas würde durch eine Wasserzufuhr aus der Donau oder der Raab so tiefgreifend verändert, dass sogar der weitere Fortbestand dieses einzigartigen Naturjuwels gefährdet wäre“, warnt Dr. Bernhard Kohler von der Naturschutzorganisation WWF Österreich. „Als echter Steppensee erhält der Neusiedler See sein Wasser zu 90 Prozent aus Niederschlägen. Starke Schwankungen des Wasserstandes – die von tiefer Überflutung bis zu völliger Austrocknung reichen können – sind für den See völlig normal, ja sogar lebensnotwendig“, sagt WWF-Experte Kohler.
„In den Trockenphasen kann sich der Schlamm, der sich am Bodengrund des Sees angesammelt hat, an der Luft zersetzen und die Verlandung des Sees wird gestoppt. Auf diese Weise ist die seichte Seewanne, die nirgendwo tiefer als zwei bis drei Meter ist, über mehr als 13.000 Jahre unverändert erhalten geblieben. Im gleichen Zeitraum sind wesentlich tiefere Alpenseen, die eine andauernde Wasserführung hatten, durch Verlandung spurlos von der Landkarte verschwunden", erklärt Kohler. Würde der Wasserstand durch künstliche Wasserzufuhr dauerhaft hoch gehalten, würde allein diese Veränderung zu einer beschleunigten Verlandung des Sees führen.
Donau- oder Raabwasser wird Chemismus des Sees radikal verändern
Die schädliche Stabilisierung des Wasserstandes wäre nur ein Teil des Problems: „Die Zufuhr von Donau- oder Raabwasser wird den Chemismus des Sees radikal verändern“, warnt WWF-Experte Kohler. „Der Neusiedler See ist ein leicht salzhaltiger Soda-See und dieser Salzgehalt hält seine bekannte, graue Trübung aufrecht. Leitet man kalkreiches Flusswasser in den See, würden die Trübstoffe plötzlich absinken und das Wasser würde klar werden. Nun sitzen aber auf den Milliarden Trübe-Partikeln, die sich im Seewasser in Schwebe befinden, winzige Bakterien-Rasen, die fast alles organische Material zersetzen, ehe es den Seeboden erreichen kann, sodass sich dort nur wenig Schlamm ansammelt. Wenn die Trübe durch die Wasserzuleitung plötzlich ausfällt, drohen massive Algenblüten und die Verschlammung und Verlandung des Sees würde noch rascher fortschreiten. Eine künstliche Wasserzufuhr würde dem See letztlich den Todesstoß versetzen“, sagt WWF-Experte Kohler.
Die Gefahr der Zerstörung durch künstliche Wasserzuleitung haben bereits mehrere wissenschaftliche Untersuchungen aufgezeigt, die anlässlich der letzten Debatte um eine künstliche Wasserzufuhr im Jahr 2003 durchgeführt wurden. Die gewonnenen Erkenntnisse waren ausschlaggebend dafür, dass das Projekt auf Eis gelegt wurde. „Das Land Burgenland sollte den damals eingeschlagenen Weg weiterverfolgen: nämlich passiven Wasserrückhalt durch konsequentes Schließen des Wehrs am Einserkanal zu betreiben und ansonsten die wechselhafte Natur des Steppensees zu akzeptieren," fordert Bernhard Kohler.
„Neusiedler See nicht zu schlammiger Badewanne degradieren“
Bislang ist der See im Durchschnitt ein bis zwei Mal pro Jahrhundert ausgetrocknet. "In Zeiten des Klimawandels werden solche Austrocknungsereignisse sicher häufiger werden. Aber auf die Trockenperioden sind immer wieder Hochwasserphasen gefolgt – nur wenige Jahre nach der letzten Austrocknung 1865 bis 1868 war der See Mitte der 1870er Jahre fast drei Meter tief. Auch auf die jetzige Trockenphase wird ein Hochwasser folgen – beides braucht der See um langfristig gesund zu bleiben“, argumentiert WWF-Experte Bernhard Kohler. „Wir sind zu Recht stolz auf unseren Steppensee und dürfen ihn nicht zu einer schlammigen Badewanne degradieren."
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