Ein Jahr vor EU-Deadline sind zentrale Fragen immer noch offen – Lücken und Defizite bei Finanzierung und Einbindung der Öffentlichkeit
Welterschöpfungstag am 22. August: Trotz Corona droht Öko-Kollaps
Budget natürlicher Ressourcen durch Corona-Pandemie heuer drei Wochen später aufgebraucht – WWF, Plattform Footprint, GLOBAL 2000 und Greenpeace warnen vor ungebremster Ausbeutung des Planeten und fordern zukunftsgerechte Krisenpolitik

Am kommenden Samstag, dem 22. August, ist die Menge natürlicher Ressourcen verbraucht, die unser Planet im gesamten Jahr regenerieren kann. Der Welterschöpfungstag (Earth Overshoot Day) ist aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie im Vergleich zum Vorjahr drei Wochen später. „Erstmals seit 50 Jahren hat sich dieser Tag in die richtige Richtung, also gegen Jahresende hin, verschoben. Grund zur Freude ist das trotzdem keiner. Denn von einer langfristigen Erholung des Planeten kann keine Rede sein“, warnt Michael Schwingshackl von der Plattform Footprint gemeinsam mit den Umweltschutzorganisationen Greenpeace, WWF Österreich und GLOBAL 2000. „Wir schießen immer noch weit über das verträgliche Maß hinaus. Die Welt verbraucht im Jahr 2020 die Ressourcen von mehr als 1,5 Erden. Nach österreichischer Lebensweise sind es sogar etwa 3,5. Eine Menschheit, die innerhalb des ökologischen Budgets bestehen will, muss sich grundsätzlich verändern – den Rahmen dafür muss die Politik vorgeben“, fordern die Umweltschutzorganisationen.
Der WWF Österreich fordert einen weltweiten Naturschutzpakt und eine massive Reduktion der Verschwendung von Energie und Ressourcen. „Wir müssen uns auf allen Ebenen klimafit und naturverträglich aufstellen, damit wir als Gesellschaft langfristig krisensicher sind“, sagt WWF-Expertin Olivia Herzog. „Die vergangenen Monate haben schmerzhaft gezeigt, welche enormen Auswirkungen Krisen auf das gesellschaftliche und persönliche Leben haben. Mit der fortschreitenden Ausbeutung des Planeten steuern wir auf Kipppunkte zu, die das Klima und unsere Lebensweise drastisch verändern werden. Um das zu verhindern, braucht es substanzielle Veränderungen in den Bereichen Mobilität, Energie, Ernährung und Konsum. Damit verbunden muss der extrem hohe Bodenverbrauch eingebremst werden – weltweit und auch in Österreich“, sagt Herzog.
„Ein weiter wie bisher ist nicht möglich. Wir brauchen eine Transformation im Energie- und Verkehrsbereich um die schonungslose Ausbeutung des Planten zu beenden und damit unseren Lebensraum zu sichern. Dabei müssen wir Lehren aus der Corona-Krise ziehen: Die Politik muss auf die Wissenschaft hören und sofort mit aller Entschlossenheit handeln. Für den Klimaschutz muss jetzt gelten, was auch in der Corona-Krise das Motto der Regierung war: ‘Koste es, was es wolle`. Es braucht jetzt eine umfassende ökosoziale Steuerreform, die die Gesundheit und Sicherheit der Menschen in den Mittelpunkt stellt und Klimaschutz oberste Priorität gibt. Dabei kann die ökosoziale Steuerreform nicht nur zu mehr Gerechtigkeit führen, sondern stellt auch eine Finanzierungsmöglichkeit für die in der Corona-Krise getätigten Ausgaben dar“, stellt Jasmin Duregger, Klimaexpertin bei Greenpeace, in Aussicht.
„Die durch das Corona-Virus schlagartig ausgelöste Krise zeigt die Gefahr des ‚Change by Disaster‘ – aber auch die Möglichkeiten einer internationalen Zusammenarbeit und Solidarität bei der Krisenbewältigung und der Entwicklung eines Impfstoffes. Wir haben in vielen Bereichen längst das Wissen, um ein ‚Change by Disaster‘ zu vermeiden und vielmehr ein ‚Change by Design‘ jetzt gezielt und auf Basis der langjährigen wissenschaftlichen Erkenntnis einzuleiten – ein Systemwandel weg von einer umweltzerstörerischen, nicht nachhaltigen Ausbeutung der Erde durch unsere imperiale Lebensweise und hin zu nachhaltigem, kleinräumigem, solidarischem Wirtschaften für Mensch und Planeten“, so Agnes Zauner, Geschäftsführerin von GLOBAL 2000.
Die Dringlichkeit zur Veränderung auf allen Linien ist heuer besonders deutlich: „Durch den globalen Ausnahmezustand mit Covid-19 hat eine große Anzahl an Menschen erkannt, dass die persönliche Freiheit, eigensinnig zu agieren, dort enden muss, wo es die Gesundheit und das Leben anderer Mitmenschen gefährdet. Alles was wir ab dem Welterschöpfungstag verbrauchen, geht auf die Kosten der nächsten Generationen und schädigt die natürlichen Systeme der Erde“, sagt Wolfgang Pekny von der Plattform Footprint und Mitinitiator des Lebensmanifests des Club of Rome. Gemeinsam fordern WWF, Greenpeace und GLOBAL 2000 mit dem Footprint Network daher die Bundesregierung auf, längst bekannte Methoden zur Schonung von Ressourcen umzusetzen. “Eine Rückkehr nach Covid-19 zur alten Normalität ist keine Option.“
Für Rückfragen:
Alexa Lutteri, MA BSc
Pressesprecherin
alexa.lutteri@wwf.at
+43 676 83488 240
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