Jahrelanges Trauerspiel der Politik erreicht neuen Höhepunkt – Umweltschutzorganisation fordert wirksames Energieeffizienzgesetz und setzt fünf Maßstäbe
Drohende Verbauung österreichischer Alpenflüsse sorgt international für Aufruhr
Internationaler Bericht warnt vor Zerstörung natürlicher Flusssysteme durch Wasserkraftausbau – Osttiroler Isel einer von zehn weltweit besonders gefährdeten Flüssen – WWF fordert Schutz freifließender Flüsse und naturverträgliche Energiewende

Gland(CH)/Innsbruck, am 9. September 2021 – Ein neuer Bericht der Umweltschutzorganisation WWF International stellt zehn Flüsse auf der ganzen Welt vor, die durch den Ausbau der Wasserkraft besonders stark gefährdet sind – und den globalen Verlust natürlicher Flussökosysteme verdeutlichen. „Insgesamt könnten in den nächsten Jahren weltweit rund 260.000 Kilometer frei fließende Flüsse dem Ausbau der Wasserkraft zum Opfer fallen“, erklärt Stuart Orr, Leiter des globalen WWF-Flüsseprogramms. „Dabei würden die Kraftwerke weniger als zwei Prozent der bis 2050 benötigten erneuerbaren Energien erzeugen – mit erheblichen Folgen für Mensch und Natur.” Das Ausmaß der Zerstörung sei schon jetzt überdeutlich – vor allem bei der Biodiversität, denn laut Bericht sind die Populationen der Süßwasserarten in den letzten 50 Jahren im Schnitt um rund 84 Prozent eingebrochen.
Zu den zehn besonders gefährdeten Flüsse gehört neben der Vjosa in Albanien, dem Mekong in Laos und dem Kawango in Angola auch die Osttiroler Isel, da an all ihren Zubringern Kraftwerke in Planung oder Umsetzung sind: „Der ungebremste Ausbau der Wasserkraft an den Osttiroler Gletscherflüssen steht beispielhaft für die Ausbeutung des Alpenraumes durch die Energiewirtschaft und die Zerstörung einzigartiger und wertvoller Lebensräume“, kritisiert Marianne Götsch, Gewässerschutzexpertin des WWF Österreich. Derzeit besteht im Gebiet der Isel ein Natura-2000-Schutzgebiet, das jedoch große Lücken aufweist und ausgerechnet die Hauptzubringer der Wasserkraft preisgibt. Dabei bieten naturnahe und klimafitte Flusssysteme wie das der Isel wichtige Rückzugsorte für gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Außerdem sind sie Motoren für die regionale Entwicklung, wertvolle Naherholungsgebiete und sorgen für Resilienz gegenüber der Klimakrise.
Der WWF fordert deshalb, frei fließende Flüsse wie die Isel und ihre Zubringer wirksam zu schützen und nicht weiter zu verbauen. „Um den Ausstieg aus Öl und Gas zu schaffen, muss deutlich mehr Energie gespart und das gesamte Steuersystem ökologisiert werden. Anstatt auch noch die letzten unberührten Flüsse zu verbauen, braucht es eine massive Photovoltaik-Offensive auf Gebäuden und bereits verbauten Flächen sowie den Stopp umweltschädlicher Subventionen. Darauf muss der Schwerpunkt liegen“, mahnt Marianne Götsch.
Bedeutung des Isel-Systems
Die Bedeutung der Osttiroler Gletscherflüsse reicht weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Acht nach europäischem Recht geschützte Arten kommen hier vor, darunter die vom Aussterben bedrohte Deutsche Tamariske und die Gelbbauchunke, die in bachbegleitenden Tümpeln zu finden ist. Hinzu kommen dutzende gefährdete Arten der Roten Liste, wie etwa der Flussregenpfeifer, die Kleine Hufeisennase oder der Flussuferläufer, der seine Eier auf Kiesbänken ausbrütet. Auch die bunt schillernde Äsche ist in der Isel und ihren Zubringern zuhause. Diese gefährdete Fischart reagiert besonders sensibel auf Flussverbauungen, weshalb ihr Vorkommen durch die vielen Kraftwerksprojekte akut bedroht ist. „Dieses Naturparadies braucht einen ganzheitlichen Schutz, da die Vernetzung der Isel mit ihren Zubringern für das gesamte Ökosystem lebensnotwendig ist“, fordert WWF-Expertin Marianne Götsch.
Weiterführende Infos auf www.fluessevollerleben.at/isel
News
Aktuelle Beiträge
Vor Abstimmung im EU-Parlament: WWF fordert starkes Lieferkettengesetz
Unternehmen bei Klima- und Artenschutz stärker in die Pflicht nehmen – Finanzsektor inkludieren, Manager-Boni an Umweltziele knüpfen – WWF warnt vor Verwässerung auf letzten Metern
WWF-Erfolg: Junger Seeadler mit Sender ausgestattet
Erfolgreiche Besenderungs-Aktion im Leithagebirge: Der junge Seeadler Sorbus trägt nun einen GPS-Sender und liefert so wichtige Erkenntnisse für den Artenschutz.
Neuer WWF-Bodenreport: Österreich wird weiter verbaut, die Politik schaut tatenlos zu
Bodenverbrauch in diesem Jahrtausend bei über 100 Quadratmetern pro Minute – WWF fordert bundesweites Bodenschutz-Gesetz – Wissenschaft warnt vor Flächenfraß-Folgen
Riverwalk 2023
Der Riverwalk 2023 ist eine einwöchige Wanderung mit einer Gruppe junger Menschen (20 bis 30 Jahre alt) entlang des Inn.
Bild der Woche: Auf gute Nachbarschaft!
Ein Uhu-Paar brütet derzeit in einem Weißenstorch-Horst im WWF-Auenreservat Marchegg. Die Uhus sind dort keine Unbekannten.
Tag der Lebensmittelrettung: WWF fordert Fünf-Punkte-Plan gegen Verschwendung
40 Prozent aller weltweit produzierten Lebensmittel werden nicht gegessen – Unnötiger Ressourcenverbrauch belastet Klima und Natur – WWF fordert Verschwendungs-Stopp
Green Deal in Gefahr: WWF, Fridays for Future und Biodiversitätsrat fordern Naturschutz-Offensive
EU-Renaturierungsgesetz geht in entscheidende Phase – Österreich bisher nicht unter den Vorreitern – Ende der Bundesländer-Blockade im Naturschutz gefordert
Neue Studie: Ausbau Kraftwerk Kaunertal bedroht Wasserversorgung im Ötztal
Klimakrise führt zu Wassermangel, Gletscherschwund und höheren Temperaturen im Ötztal – WWF warnt vor verheerenden Folgen durch geplanten Kraftwerksbau – Landesregierung muss Monster-Projekt des Tiwag-Konzerns stoppen