Wichtige Beschlüsse zur Finanzierung ausständig, der Politik fehlen Ambition und Konsequenz – Vorläufiges Scheitern der Konferenz als “herbe Enttäuschung”
Error 404: Seit 404 Tagen kein Energie-Effizienz-Gesetz in Österreich
Seit exakt 404 Tagen gibt es in Österreich kein gültiges Energieeffizienz-Gesetz. In der IT-Welt bedeutet der Fehlercode 404: “Error – not found”. Für Österreich bedeutet das Fehlen des Gesetzes jedenfalls einen herben Rückschlag am Weg zur Energiewende. „Mit dem notwendigen Ökostrom-Ausbau alleine können wir die Energiewende nicht schaffen. Es braucht auch entschlossene Maßnahmen, um die Verschwendung von Energie zu stoppen, das zeigen alle Szenarien. Es ist daher völlig untragbar, dass wir nun schon seit 404 Tagen kein Gesetz mehr haben, obwohl es europarechtlich vorgeschrieben ist und von der Bundesregierung längst angekündigt wurde”, kritisiert Karl Schellmann, Klima- und Energieexperte der Umweltschutzorganisation WWF Österreich. Das bisherige Energieeffizienz-Gesetz ist Ende 2020 ausgelaufen, ohne dass rechtzeitig eine neue Fassung beschlossen wurde.
Das Energieeffizienz-Gesetz ist auch zur Erreichung der österreichischen Klimaziele unverzichtbar. Denn es soll wichtige Maßnahmen zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Öl und Gas beinhalten. „Intelligentes Energiesparen muss oberste Priorität haben und dafür braucht es ein Energieeffizienz-Gesetz mit Biss. Ansonsten werden wir nicht nur die Klimaziele verfehlen, sondern gefährden auch viele wirtschaftliche Innovationen und Arbeitsplätze. Darüber hinaus drohen teure Strafverfahren der EU“, warnt Karl Schellmann. Dabei gibt es auch viel zu gewinnen: Denn derzeit fließen jedes Jahr acht bis zehn Milliarden Euro für den Import von Erdöl und Erdgas in Länder wie Russland, Kasachstan oder Lybien – Geld, das für Energiespar-Programme, öffentlichen Verkehr und den vollständigen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen dringend benötigt wird.
Aktuell stammen zwei Drittel der in Österreich verbrauchten Energie aus fossilen Energieträgern. Vieles davon wäre vermeidbar: Über PKW, LKW und schlecht gedämmte Häuser gehen in Österreich rund 60 Prozent der teuer gekauften Energie durch Auspuffe und Rauchfänge ungenutzt verloren. „Energieeffizienz ist volkswirtschaftlich günstig, erhöht die Resilienz sowie die Innovationskraft der Wirtschaft und ist ein zentraler Faktor für den Wirtschaftsstandort und den Technologieexport“, sagt WWF-Experte Karl Schellmann.
Die fünf zentralen Forderungen des WWF an das nun rasch vorzulegende neue Energie-Effizienz-Gesetz:
- Gesetzliche Verankerung eines 2030-Ziels von 800 Petajoule (PJ) für den Endenergieverbrauch. Österreich muss laut EU-Richtlinie ein absolutes Ziel für den Endenergieverbrauch angeben. Der WWF empfiehlt auf Basis aktueller Berechnungen einen Zielwert für 2030 von 800 PJ. Wird dieser erreicht, sinken die CO2-Emissionen allein dadurch um mehr als 40 Prozent. Im Jahr 2020 lag der Endenergieverbrauch noch bei 1.053 Petajoule, wobei der damals verzeichnete Rückgang großteils den kurzfristigen Pandemie-Folgen zuzuschreiben war.
- Reale Einsparungen sicherstellen. Die im neuen Gesetz enthaltenen Maßnahmen müssen anhand empirischer Daten regelmäßig überprüft werden. Anpassungen an den Stand der Technik sollen vierteljährlich erfolgen.
- Bei strategischen Maßnahmen müssen Einspareffekte garantiert sein. Nur zusätzliche Förderungen und jeweils neue steuerliche Maßnahmen dürfen angerechnet werden.
- Wirksamer Energie-Effizienz-Fonds. Der im Regierungsprogramm verankerte Fonds, in den anstelle von Maßnahmen ein definierter Geldbetrag eingezahlt werden kann, muss wirksam gestaltet werden. Der Ausgleichsbetrag muss sich an den Kosten realer Maßnahmen orientieren und zwischen 10 und 20 Cent pro KWh liegen, damit es keine Schlupflöcher bzw. ungerechtfertigten Vorteile gibt.
- Scheinmaßnahmen verhindern. Bisher konnten sich Energieversorger zum Beispiel massenhaft versendete Durchfluss-Begrenzer anrechnen lassen, ohne dass deren Anwendung oder Wirkung kontrolliert wurde. Diese Praxis darf sich nicht wiederholen.
Die ausführliche WWF-Position zum Energieeffizienz-Gesetz finden Sie hier zum Download.
News
Aktuelle Beiträge
Neue Studie: Über 1.000 Flusskilometer mit hohem Renaturierungs-Potenzial in Österreich
Große heimische Flüsse auf Verbauungsgrad analysiert – WWF fordert Schwerpunkt auf Flüssen im österreichischen Renaturierungsplan und Schutz frei fließender Strecken
WWF fordert starkes Klimaschutz-Kapitel im neuen Regierungsprogramm
Neue ökosoziale Steuerreform, Reduktion des Energieverbrauchs und Klimaschutzgesetz als Kernpunkte – “Mehr Klimaschutz unverzichtbar für zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort”, sagt Ökonomin Sigrid Stagl
WWF fordert Absage von Anton Mattle zu Kaunertal-Ausbauplänen
Tiwag beharrt auf Wasserableitungen aus dem Ötztal – WWF fordert Landeshauptmann zu Klarstellung auf – Auch Speichervariante im Platzertal muss gestoppt werden
Weltnaturkonferenz: WWF ortet großen Nachholbedarf bei österreichischer Biodiversitätsstrategie
Start der COP16 in Kolumbien – Österreich läuft Gefahr, Ziele des Weltnaturabkommens zu verfehlen – WWF fordert nationalen Aktionsplan zum Schutz der biologischen Vielfalt
Good News: Rekord der Meeresschildkröten auf Zakynthos
Am Strand Sekania auf der griechischen Insel Zakynthos wurde heuer eine Rekordzahl an Nestern der Meeresschildkröte Caretta caretta gefunden. Außerdem überlebten besonders viele Jungtiere.
Grenzenlos verbunden: INN Dialog diskutiert über Zukunft des Inns
Internationaler Austausch zu Schutz und Wiederherstellung der Natur am Inn – Reges Interesse und über 100 Teilnehmende bei Fachvorträgen und Exkursionen
WWF Living Planet Report zeigt dramatischen Rückgang von Wildtierbeständen weltweit
Wildtierbestände seit 1970 um fast drei Viertel geschrumpft – Naturzerstörung als Ursache – WWF fordert globale Naturschutz-Offensive
Good News: Luchsin Luna in den Wäldern bei Tarvis freigelassen
Großes Abenteuer für Luchsin Luna: Sie wurde im Rahmen des „ULyCA“-Projektes in den Wäldern bei Tarvis nahe der österreichischen Grenze freigelassen. Besonders einer wartet schon sehnsüchtig auf sie: Luchsmännchen Flori.