Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
Kniefall von Doha: WWF zutiefst enttäuscht von Artenschutzkonferenz

Wien/Doha, 25. März 2010 – Mit Anträgen zum Schutz der Roten Koralle, des Blauflossentunfischs und diverser Haiarten hätte die internationale Staatengemeinschaft auf der UN-Artenschutzkonferenz in Doha die Gelegenheit gehabt, die Artenvielfalt in den Meeren besser zu schützen. Doch diese Chance wurde nach Einschätzung des WWF verspielt. Alle Anträge zum Schutz der Meeresbewohner sind bei den Abstimmungen durchgefallen. Selbst dem seltenen Heringshai, der zunächst ein positives Votum erhielt, wurde heute am letzten Tag der Konferenz doch noch der Schutz verweigert. „Die Meeresbewohner sind offenbar in den Augen vieler Staaten nicht schützenswert. Das ist ein Kniefall vor der Fischereilobby. Kurzfristige, wirtschaftliche Interessen scheinen von größerer Bedeutung als das Überleben der Arten“, kritisiert WWF-Merresexperte Georg Scattolin. Mit der Ablehnung des Handelsverbots für den hoch bedrohten Blauflossenthunfisch wird dieser weiterhin als Sushi-Delikatesse auf dem japanischen Markt enden – und das, obwohl die Population nach WWF-Angaben um bis zu 85 Prozent eingebrochen ist. Ähnlich dramatisch ist die Situation von Weißspitzen-Hochseehai und Hammerhai. Die großen, charakteristischen Flossen dieser Fische landen wohl auch in Zukunft in der Suppenschüssel. Afrikanischer Elefant und Tiger gehören nach Einschätzung des WWF zu den wenigen Gewinnern der Konferenz.
„Bei den Anträgen zum Blauflossentunfisch und den Haien ging es darum, das dauerhafte Überleben dieser Arten zu sichern. Es ist eine Schande, dass sich hier Staaten durchsetzen konnten, die schonungslos ihre Gewinninteressen verfolgen“, kritisiert Scattolin. Vor allem Japan, China und ihre Verbündeten haben die Konferenz offen und aggressiv torpediert. So feierte beispielsweise die japanische Delegation die Entscheidung zum Blauflossenthunfisch mit Sushi-Häppchen, die aus eben dieser hoch bedrohten Fischart hergestellt wurden. „Es ist fraglich ob es bei der nächsten UN-Artenschutzkonferenz in drei Jahren noch genügend Blauflossenthunfische im Mittelmeer gibt, damit sich ihr Fang überhaupt lohnt“, so Scattolin. Auch die Rote Koralle, als Bestandteil von Schmuck und Medizinprodukten beliebt, ist weiterhin der starken kommerziellen Nutzung schutzlos ausgeliefert. Inzwischen gibt es nach WWF-Angaben im Mittelmeer fast nur noch kleine, nicht fortpflanzungsfähige Kolonien. „Es findet ein Ausverkauf des Mittelmeeres an den Meistbietenden statt“, fasst Scattolin die Entscheidungen zusammen. Verbrauchern rät der WWF auf Hai-Produkte wie Schillerlocke (Dornhai) oder Kalbsfisch (Heringshai) zu verzichten.
Afrikanischer Elefant und Tiger gehören nach Einschätzung des WWF zu den wenigen Gewinnern der Konferenz. So sind Tansania und Sambia mit ihren Anträgen gescheitert, eine Lockerung des Verbots beim Elfenbeinhandel herbeizuführen. „Besonders die Ablehnung des Antrags von Tansania ist von entscheidender Bedeutung für den Schutz afrikanischer Elefanten. Die Vertragsstaaten haben sich mit ihrem Votum klar zum Schutz dieser Art bekannt“, erklärt WWF-Artenschutzexpertin Jutta Jahrl. Tansania hatte einen Antrag eingereicht, der die Erlaubnis für den Handel mit Jagdtrophäen für nichtkommerzielle Zwecke beinhaltet. Außerdem wollte das afrikanische Land seine staatlichen Lagerbestände an Rohelfenbein (rund 90.000 Kilogramm) verkaufen und das Handelsverbot für Häute, Lederwaren und lebende Tiere lockern.
Als Erfolg wertet der WWF außerdem eine Resolution zum effektiveren Schutz der letzten 3.200 Tiger in freier Wildbahn. Der von der EU eingebrachte Text war in seiner ursprünglichen Form zwar am Widerstand der Tigerverbreitungsstaaten gescheitert. Immerhin konnten sich die Verhandlungsdelegationen auf einen Kompromissvorschlag einigen. Demnach soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit im Kampf gegen Wilderei und Schmuggel mit Tigern verbessert werden. Außerdem wurde angekündigt, eine internationale Tiger-Datenbank für ein besseres Monitoring aufzubauen. Der WWF kritisiert jedoch, dass eine der Hauptbedrohungen, nämlich die asiatischen Tigerfarmen, im finalen Text keine Berücksichtigung mehr findet. Aktuell gibt es Bestrebungen von entsprechenden Lobbygruppen nationale Handelsverbote für Zuchttiger zu lockern. Das würde, so befürchtet der WWF, die Wilderei allerdings weiter anheizen.
Rückfragehinweis:
MMag. Franko Petri, Medienleiter WWF, Tel. 01-48817-231, Email: franko.petri@wwf.at.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.
Seeadler getötet: WWF und BirdLife fordern Aktionsplan gegen Wildtierkriminalität
Besenderter Seeadler “Dante” stirbt nach Schussverletzung und Zugkollision – WWF und BirdLife fordern konsequentes Vorgehen gegen illegale Verfolgung streng geschützter Arten
Sie haben abgestimmt: Größte Bausünde steht in Ohlsdorf
Das Logistikzentrum in Ohlsdorf wurde zur größten Bausünde gewählt! Für den Bau mussten 19 Hektar Wald weichen – ein trauriges Beispiel für die fehlgeleitete Bodenpolitik in Österreich.
Zerstörung Schwarze Sulm: Umweltverbände ziehen gegen Kraftwerkspläne erneut vor Gericht
WWF, ÖKOBÜRO und Arbeitskreis zum Schutz der Koralpe reichen Revision beim Höchstgericht ein – Forderung nach endgültigem Projektstopp und verbindlichen Schutz für frei fließende Flüsse
WWF warnt zum Ferienstart vor Artenschmuggel im Gepäck
Mitbringsel aus seltenen Tier- und Pflanzenarten gefährden Artenvielfalt – Geld- und Gefängnisstrafen drohen auch bei ungewolltem Schmuggel – WWF-Souvenir-Ratgeber klärt auf
Neuer WWF-Bodenreport: Bis 2050 drohen weitere 1.000 Quadratkilometer verloren zu gehen
Politische Ziele bislang deutlich verfehlt, Prognose negativ – WWF fordert Kurswechsel mit Bodenschutz-Vertrag
WWF warnt vor Folgen der Regenwald-Zerstörung für Artenvielfalt und Klima
Tag des Regenwaldes am 22. Juni: Regenwälder schrumpfen weltweit, im Amazonas besonders rasant – WWF fordert verstärkten Schutz und entschlossenen Kampf gegen weltweite Entwaldung