Umgang der Bundesländer mit fünf Arten untersucht: Fast 90 Prozent der Bewertungen nur in den Kategorien “mangelhaft” oder “teilweise Umsetzung” – WWF fordert wirksames Artenschutz-Paket
Land der Berge, Land des Flächenfraßes
![PassThurn-c-Christian Lendl](https://www.wwf.at/wp-content/uploads/2022/10/PassThurn-ChristianLendl-HQ-4899.jpg)
Anlässlich des österreichischen Nationalfeiertages macht die Naturschutzorganisation WWF auf den anhaltend hohen Bodenverbrauch in Österreich aufmerksam. „Tag für Tag werden im Schnitt 11,5 Hektar Boden verbraucht. Das ist eine ökologische Katastrophe, die Klimakrise und Artensterben weiter befeuert”, warnt WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. Der WWF fordert daher von Bund, Ländern und Gemeinden einen Bodenschutz-Vertrag mit einer verbindlichen Obergrenze für den Flächenfraß und einen konkreten Maßnahmenkatalog für dessen Umsetzung. Am 20. Oktober 2021 hatte die damalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger versprochen, innerhalb eines Jahres die „1. Österreichische Bodenschutzstrategie“ samt Umsetzungspakt zu erarbeiten und zu beschließen. Auch im Regierungsprogramm verspricht die Koalition eine Reduktion auf 2,5 Hektar pro Tag bis 2030. Passiert ist bisher aber viel zu wenig. „Die Bundesregierung muss nun rasch ihr Versprechen einlösen und den Bodenverbrauch massiv reduzieren”, fordert Simon Pories vom WWF.
Um den rücksichtslosen Umgang mit unseren Böden zu verdeutlichen, hat der WWF neun Negativ-Beispiele aus allen neun Bundesländern gesammelt. „Die Beispiele zeigen, wie unsere Zukunft vom Neusiedler See bis zum Bodensee unter neuen Großprojekten begraben wird”, sagt Simon Pories.
Tirol: Ausbau Kraftwerk Kaunertal – Durch den Bau eines 120 Meter hohen Staudamms im Platzertal würden rund 6,3 Hektar wertvolle Moorflächen überflutet und ein einzigartiges Hochtal zerstört.
Niederösterreich: Während das Zentrum Wiener Neustadts von Leerständen geprägt ist, sollen am Stadtrand weiterhin ausgedehnte Gewerbegebiete sowie eine Umfahrungsstraße entstehen, was im Regelfall weitere Verbauungen nach sich zieht. Dadurch gehen bedeutende agrarische Flächen verloren.
Oberösterreich: In der Gemeinde Ohlsdorf im Bezirk Gmunden wurden für ein neues Gewerbegebiet rund 18 Hektar Wald gerodet.
Salzburg: Das Chalet-Dorf am Pass Thurn bei Mittersill wird direkt neben dem Naturschutzgebiet Wasenmoos errichtet. Das vier Hektar große Ressort, davon zwei Hektar auf einer gerodeten Waldfläche, soll neben Luxus-Chalets und Appartements auch einen großen Hotelbau enthalten.
Kärnten: Auf dem Berger Boden in Goldeck soll ein Chaletdorf mit 78 Luxus-Almhütten gebaut werden. Beansprucht würden dadurch 6,4 Hektar wertvoller Berglandschaft auf über 1.800 Metern Seehöhe.
Burgenland: Der geplante Krankenhausbau in Gols befindet sich im Europaschutzgebiet Neusiedler See-Seewinkel, das ein wichtiges Brut- und Nahrungsgebiet streng geschützter oder gefährdeter Vogelarten darstellt.
Wien: Um 460 Millionen Euro wird die „Stadtstraße Aspern” gebaut – eine vierspurige, autobahnähnliche Straße, die Prognosen zufolge zu einem Anstieg des Autoverkehrs führen wird und damit den klimapolitischen Zielsetzungen der Stadt Wien widerspricht.
Steiermark: Der Bau des Kraftwerks Koralm würde ein wertvolles Hochmoor und große Waldflächen zerstören – allein die beiden geplanten Speicherseen sollen eine Fläche von jeweils rund 20 Hektar bedecken.
Vorarlberg: Durch die 8,5 Kilometer lange S-18-Schnellstraße, einer Verbindungsstraße zwischen zwei Autobahnen, würden rund 25 Hektar Boden verbaut werden. Darüber hinaus würde die Straße direkt an einem Natura 2000 Gebiet vorbeiführen.
Massiver Treiber des Artensterbens
Österreich verbraucht nach wie vor jeden Tag 11,5 Hektar (Durchschnitt der Jahre 2018-2020) wertvollen Grünraums – rund 40 Prozent davon werden versiegelt. Zugleich gelten nur noch rund sieben Prozent der Landschaft als weitgehend naturbelassen. Nur noch 14 Prozent der heimischen Flüsse sind ökologisch intakt und nur noch rund elf Prozent der Wälder naturnah. Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur weisen 83 Prozent der bewerteten Tier- und Pflanzenarten einen „mangelhaften“ bis „schlechten Zustand“ auf, womit Österreich nur auf dem vorletzten Platz von 28 untersuchten Ländern liegt. Zudem befinden sich 79 Prozent der bewerteten Lebensräume in mangelhaftem oder schlechtem Zustand – hier landet Österreich mit Platz 18 nur im hinteren Mittelfeld.
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