WWF erkämpft Akteneinsicht in Landes-Gutachten und belegt unvollständige Tiwag-Unterlagen – Sachverständige sehen offene Gefahren – WWF fordert Stopp des UVP-Verfahrens
Mauer des Schweigens bröckelt nur langsam: WWF und Forum Informationsfreiheit veröffentlichen Geheim-Kritik am Standortgesetz
Wien, am 19. Oktober 2018. Der WWF Österreich und das Forum Informationsfreiheit veröffentlichen heute eine brisante Anfragebeantwortung zum viel kritisierten Standort-Entwicklungsgesetz. Demnach will das von Elisabeth Köstinger geführte Umweltressort entgegen erster Angaben vom 21. August keine formelle Stellungnahme zum Entwurf des Wirtschaftsministeriums abgegeben haben, sondern nur „fachliche Anmerkungen“. Selbst diese werden jetzt nur in einer weichgespülten Form übermittelt, während die Original-Aussagen unter Verschluss gehalten werden. „Das Umweltministerium weigert sich schon seit über zwei Monaten, die detaillierte Kritik der hausinternen Experten am umstrittenen Standortgesetz zu veröffentlichen. Dadurch wird eine umfassende öffentliche Debatte aus politischem Kalkül heraus untergraben”, kritisieren Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit, und Hanna Simons, Leiterin Naturschutz beim WWF Österreich. Deshalb war das Umweltministerium bereits im September mit dem Amtsgeheimnis-Award “Mauer des Schweigens” ausgezeichnet worden.
Aufgrund der NGO-Auskunftsbegehren übermittelte das Umweltministerium immerhin allgemeine Erläuterungen, welche Aspekte es gegenüber dem Wirtschaftsministerium am 17. August kritisiert hatte. „Selbst in dieser schöngefärbten Version werden die irreparablen Defizite des Standortgesetzes deutlich. Es dient einzig und allein dazu, den Umweltschutz auf allen Ebenen auszubremsen. Dagegen müsste sich gerade die Umweltministerin mit allen Mitteln wehren anstatt nur schaumgebremst Kritik zu üben“, sagt WWF-Sprecherin Simons. Zumindest lassen die Angaben des Umweltressorts darauf schließen, dass es die Kritik an der mehrfach rechtswidrigen Genehmigungs-Automatik für Großprojekte teilt: “(…) Zur Genehmigung durch Zeitablauf und zu Beschränkungen des Rechtschutzes wurde auf die erforderliche Vereinbarkeit mit Vorgaben relevanten EU-Rechts, insbesondere der UVP-Richtlinie, der Judikatur des EuGH und internationaler Verpflichtungen, etwa nach der UNECE Aarhus-Konvention und Espoo-Konvention, sowie mit den bestehenden verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen des Rechtschutzes hingewiesen“, schreibt das Ressort, das indirekt auch Haftungsrisiken bestätigt: „Fragen wurden zu Folgewirkungen der vorgeschlagenen Regelungen aufgeworfen, wie möglichen Auswirkungen auf Rechte Dritter und zu Haftungsfragen.“
Völlig unverständlich ist, wieso die Umweltministerin gemäß dem Schreiben nur auf „Verbesserungen“ drängt anstatt sich für die komplette Rücknahme des Standort-Entwicklungsgesetzes einzusetzen. „Das Aushöhlen der Umweltverträglichkeitsprüfung muss gestoppt werden, die laufende UVP-Novelle richtet ohnehin schon mehr als genug Schaden an. Wer Großprojekte ohne kritische Stimmen durchboxen will, verantwortet mehr Umweltverschmutzung und Naturzerstörung“, warnt Hanna Simons.
Forum Informationsfreiheit: “Ministerium hält bewusst Informationen vor Bürgern geheim”
“Entgegen einer kürzlich durch uns erreichten richtungsweisenden VwGH-Entscheidung hat das Ministerium die Stellungnahme nicht herausgegeben und Detailfragen nicht beantwortet. Darüber hinaus wurde die maximale Antwortfrist von acht Wochen bis zum letzten Tag ausgereizt, obwohl Auskunft per Gesetz ‘ohne unnötigen Aufschub’ erteilt werden hätte müssen”, sagt Mathias Huter, Generalsekretär des Forum Informationsfreiheit. “Das Ministerium hält hier ganz bewusst und ohne rechtliche Notwendigkeit Informationen vor Abgeordneten und Bürgern geheim. Informationen, die zeigen würden, welche Politik die Ministerin machen will. Sie entzieht so ihr Tun der Kontrolle der Bürger, für die sie tätig sein sollte. Das untergräbt die Grundlage eines demokratischen Diskurses – und ist nicht zu tolerieren.”
Die vollständige Anfragebeantwortung des Umweltministeriums ist ab sofort auf den Webseiten von WWF Österreich und Forum Informationsfreiheit abrufbar: www.wwf.at/presse sowie https://www.informationsfreiheit.at
Rückfragehinweis:
Volker Hollenstein, Politischer Leiter WWF Österreich
+43 664 501 31 58
volker.hollenstein@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Schlechtes Zwischenzeugnis für Österreichs Renaturierungsplan
Europaweite Analyse durch mehrere Umweltverbände: Österreich landet in der Kategorie der Länder mit geringen Fortschritten – Mehr Ambition und Budgetsicherheit für Renaturierung gefordert
Good News: Spektakuläres Comeback von Tiger Gamma in Thailand
Erfreuliche Wendung in Thailand: Der verschollen geglaubte Tiger Gamma ist wieder aufgetaucht. Seine Reise durch neu geschaffene Wildtierkorridore zeigt eindrucksvoll, wie Tiger-Schutz wirkt.
Silvester: Stressnacht für Tiere und Umwelt – WWF fordert Verbot von Böller-Verkauf
Leid für Wild- und Haustiere, Umweltverschmutzung und Gesundheitsgefahren durch Feuerwerkskörper – WWF fordert Verkaufsstopp
Neuer Biodiversitätsbericht: WWF fordert Naturschutz-Offensive
Wissenschaft warnt vor Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise für Österreich und schlägt Lösungen vor – WWF für rasche Umsetzung „natürlicher Schutzmaßnahmen”
WWF-Erfolg: Kameras filmen Tiger in Myanmar
In Nagaland gelang nach 5 Jahren erstmals wieder der Nachweis eines Tigers. Ein Erfolg eines Wildtierkameras-Projekts, das bereits über 30 Säugetierarten festgehalten hat.
WWF: Fünf Tipps für einen umweltfreundlichen Weihnachtsbaum
Österreicher:innen greifen zu echten Weihnachtsbäumen – WWF zeigt, worauf es bei einem nachhaltigen Christbaum ankommt
WWF: Verordnung zur Biber-Tötung in Oberösterreich Rückschritt für Arten- und Naturschutz
Bis zu 158 Biber pro Saison in Oberösterreich zur Tötung freigegeben – Vorgehen der Landesregierung widerspricht EU-Recht
WWF: Anti-Umwelt-Paket der EU ist gefährlicher Irrweg
Naturschutzorganisation kritisiert Brechstangen-Politik gegen wichtige Standards – EU-Kommission handelt fahrlässig und verantwortungslos













