Europaweite Analyse durch mehrere Umweltverbände: Österreich landet in der Kategorie der Länder mit geringen Fortschritten – Mehr Ambition und Budgetsicherheit für Renaturierung gefordert
Vom Luchs bis zur Lungenflechte: Wo die wilden Kerle wohnen
Wien, am 3. Februar 2017 – Gebäude, Straßen, Menschenmassen, Schmutz und Lärm – je hektischer unsere Welt wird, desto mehr wächst die Sehnsucht der Menschen nach ruhigen, naturbelassenen Rückzugsräumen. „Die Begriffe „Unverfälschte Natur“ oder „Wildnis“ erzeugen allerhand Bilder im Kopfkino, aber was sich dahinter konkret verbirgt, wissen wohl die wenigsten“, sagt Karin Enzenhofer vom WWF. „Wir wollen das ändern und einem besonderen Naturschatz ein Gesicht verleihen: der heimischen Wildnis. Das „Buch der Wildnis“ portraitiert 50 besonders naturnahe, kaum erschlossene Gebiete Österreichs. Leserinnen und Lesern erhalten Einblick in die Schönheit, den Wert und die Verletzlichkeit dieser einzigartigen Landschaften. Das Buch ist zum kostenfreien Download auf www.wwf.at/wildnis erhältlich.
Studie zeigt: Viel wilde Natur in den Alpen
Ein Großteil der Österreichischen Landschaften trägt die Handschrift des Menschen. Nur noch sieben Prozent der Staatsfläche ist „sehr naturnah“ – das heißt, ohne Straßen, Kraftwerke, Siedlungen, Schigebiete und intensive Landnutzung –erhalten geblieben. Im Buch werden elf „relativ naturnah“ erhaltene Flächen und 39 besonders wertvolle Gebiete beschrieben. Beide sind Hoffnungsgebiete für mehr Wildnis in Österreich.
Das Institut für Soziale Ökologie an der Alpen Adria Universität Klagenfurt (SEC) ermittelte diese 50 Potenzialflächen mithilfe einer neuartigen räumlichen Modellierung mittels GIS. Christoph Plutzar vom SEC sagt: „Diese wertvollen Flächen liegen fast ausschließlich im Hochgebirge. Vom Tal bis in mittlere Höhen ist Österreichs Landschaft von intensiver Nutzung geprägt und auf Dauer verändert.“
Wie wild ist Österreich? – Ein Ranking der „unberührtesten“ Gebiete
Die 39 „wildesten“ der 50 dargestellten Gebiete bedecken 4.700 Quadratkilometer und machen damit 80 Prozent des österreichischen Wildnis-Potenzials aus. Zwei Drittel dieser Gebiete liegen in Tirol, das damit als das „wildeste“ Bundesland Österreichs gelten kann, gefolgt von Salzburg mit 13 und Kärnten mit neun Prozent. Jede fünfte Fläche liegt in einem Nationalpark, 40 Prozent sind durch das europäische Natura 2000-Netzwerk geschützt.
Unerschlossene Räume sind Rückzugsorte sowohl für wenig bekannte Arten wie die Lungenflechte, baumbewohnende Pilze oder den Totholzkäfer, als auch für die viel beachtete Vertreter der biologischen Vielfallt- vom Weißrückenspecht bis zum Luchs.
Ein Großteil der potentiellen Wildnisflächen ist derzeit noch nicht ausreichend geschützt. „Gesetzlich abgesicherte Wildnis finden wir nur auf 1,2 Prozent der Staatsfläche. Sie liegt in den von der Weltnaturschutzunion IUCN anerkannten Kernzonen der Nationalparks und in Österreichs bislang einzigem Wildnisgebiet, dem Wildnisgebiet Dürrenstein in Niederösterreich“, erklärt Enzenhofer vom WWF. „Menschen sind übrigens nicht aus diesen besonderen Schutzgebieten ausgesperrt, sondern als rücksichtsvolle Gäste und Beobachter durchaus willkommen“, führt die Wildnisexpertin und Koordinatorin des Buchprojekts aus.
Freilandlaboratorien zur Erforschung des Klimawandels
Auch für die ökologische Forschung sind ungenützte Landschaftsräume unverzichtbar – etwa um die Folgen des Klimawandels dokumentieren und besser verstehen zu können. „Die meisten unserer Ökosysteme sind so stark von menschlicher Nutzung geprägt, dass wir dringend unberührte Vergleichsflächen brauchen. Sie sind wie sensible Temperaturfühler, die uns das wahre Ausmaß der Veränderungen in der heimischen Landschaft vor Augen führen und Rückschlüsse zulassen, wie wir mit den Folgen den Klimawandels in der Nutzlandschaft umgehen sollen“, erklärt Franz Essl, Experte für Biologische Vielfalt und Naturschutz im Umweltbundesamt und Autor des Beitrags über Freilandlaboratorien.
Das „Buch der Wildnis“ versteht sich nicht als Vorschlag für eine neue Schutzgebiets-Kulisse. Es soll aber dazu beitragen, jene Flächen ausfindig zu machen, die laut Österreichischer Biodiversitätsstrategie 2020+ einer natürlichen, vom Menschen unbeeinflussten Entwicklung überlassen werden sollen.
Das Buch der Wildnis zum Download: www.wwf.at/wildnis
Druckfähige Fotos von Wildnisarten- und Lebensräumen: presse@wwf.at
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Good News: Spektakuläres Comeback von Tiger Gamma in Thailand
Erfreuliche Wendung in Thailand: Der verschollen geglaubte Tiger Gamma ist wieder aufgetaucht. Seine Reise durch neu geschaffene Wildtierkorridore zeigt eindrucksvoll, wie Tiger-Schutz wirkt.
Silvester: Stressnacht für Tiere und Umwelt – WWF fordert Verbot von Böller-Verkauf
Leid für Wild- und Haustiere, Umweltverschmutzung und Gesundheitsgefahren durch Feuerwerkskörper – WWF fordert Verkaufsstopp
Neuer Biodiversitätsbericht: WWF fordert Naturschutz-Offensive
Wissenschaft warnt vor Folgen der Klima- und Biodiversitätskrise für Österreich und schlägt Lösungen vor – WWF für rasche Umsetzung „natürlicher Schutzmaßnahmen”
WWF-Erfolg: Kameras filmen Tiger in Myanmar
In Nagaland gelang nach 5 Jahren erstmals wieder der Nachweis eines Tigers. Ein Erfolg eines Wildtierkameras-Projekts, das bereits über 30 Säugetierarten festgehalten hat.
WWF: Fünf Tipps für einen umweltfreundlichen Weihnachtsbaum
Österreicher:innen greifen zu echten Weihnachtsbäumen – WWF zeigt, worauf es bei einem nachhaltigen Christbaum ankommt
WWF: Verordnung zur Biber-Tötung in Oberösterreich Rückschritt für Arten- und Naturschutz
Bis zu 158 Biber pro Saison in Oberösterreich zur Tötung freigegeben – Vorgehen der Landesregierung widerspricht EU-Recht
WWF: Anti-Umwelt-Paket der EU ist gefährlicher Irrweg
Naturschutzorganisation kritisiert Brechstangen-Politik gegen wichtige Standards – EU-Kommission handelt fahrlässig und verantwortungslos
Good News: CITES stärkt Schutz für Meerestiere und Großkatzen
Ein Etappensieg für Meerestiere und Großkatzen: Bei der CITES-Konferenz wurde beschlossen, dass viele Arten endlich besser geschützt werden. Doch es gab auch Enttäuschungen, etwa beim Schutz von Aalen und Singvögeln.













