Es braucht ein Time Out, um die Dringlichkeit von Natur- und Klimaschutz zu unterstreichen. Nehmen wir uns bewusst 60 Minuten unserer Zeit, in denen wir die Natur wieder zurückholen, uns politisch engagieren, eine Petition unterschreiben oder uns mit anderen Menschen über Natur- und Klimaschutz unterhalten.
Mit der gemeinsamen Aktion „Renaturieren statt Betonieren“ zur WWF Earth Hour können wir ein Zeichen setzen und eine politische Trendumkehr einfordern.
WWF warnt vor Tiroler Kraftwerksskandal: Tumpen-Baustart trotz offener Rechtsfragen
Ötztaler Ache könnte ohne rechtskräftige Bewilligung verbaut werden – Beschwerden zum KW Tumpen noch ungeklärt – WWF: Land Tirol muss Notbremse ziehen und faire Verfahren garantieren

Seit Jahren ist das geplante Kraftwerk Tumpen an der Ötztaler Ache hoch umstritten. Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen befürchten massive Umweltschäden an einer praktisch unberührten Wildwasserstrecke. Laut Informationen, die dem WWF und ÖKOBÜRO vorliegen, startet die Betreibergesellschaft im Schatten der Coronavirus-Krise mit dem Kraftwerksbau, ohne den Ausgang der offenen Verfahren abzuwarten. „Anstatt die Bedenken auszuräumen, wollen die Projektbetreiber jetzt vollendete Tatsachen schaffen. Das ist eine skandalöse Verfahrenspraxis, die unbedingt unterbunden werden muss. Die Tiroler Landesregierung muss hier dringend als Aufsichtsbehörde einschreiten und ein faires Verfahren garantieren“, fordert WWF-Flussexperte Gerhard Egger. Die entsprechende Bauanzeige wurde bereits bei der Naturschutzbehörde des Landes eingebracht. Neue vom WWF Österreich veröffentlichte Fotos von gestern, Donnerstag, belegen, dass schon diese Woche mit Bauarbeiten an der entsprechenden Flusstrecke begonnen wurde. Auf Nachfrage bestätigt das Bauamt der Gemeinde Ötz, dass es sich bei der Baustelle auf den Feldern bei Habichen tatsächlich um den Baubeginn des Kraftwerks Tumpen-Habichen handelt.
Gegen das Kraftwerk sind noch mehrere Beschwerden anhängig: Der WWF Österreich hat gegen die naturschutzrechtliche Bewilligung Beschwerde ans Landesverwaltungsgericht eingelegt, die wasserrechtliche Bewilligung ist sogar beim Höchstgericht (VwGH) anhängig. Auch eine lokale Bürgerinitiative hat sich aus Zweifeln an der Bewilligung an das Höchstgericht gewandt. „Für relativ wenig Energieausbeute soll einer einzigartigen Wildwasserstrecke das Wasser abgegraben werden. Darüber hinaus betrifft der Kraftwerksbau ein geologisch hochriskantes Gebiet“, sagt Alfred Kuen von der Bürgerinitiative gegen Wasserstau Tumpen. „Die Bürger werden mit dem überfallsartigen Baubeginn ohne Information und Bauverhandlung vor den Kopf gestoßen.“
Die Anliegen der Region und Umweltverbände wurden im ersten Verfahren nicht gehört, was in Folge als rechtswidrige Einschränkung der Mitsprachemöglichkeiten gewertet wurde. Dennoch will die Betreibergesellschaft jetzt mit dem Bau beginnen. „Ob es den Betreibern passt oder nicht, Umweltschutzorganisationen stehen Parteistellung und Rechtsschutz zu. Zu einem fairen Verfahren gehört auch der aufschiebende Rechtsschutz und der muss gewahrt werden“, sagt Umweltjurist Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO.

Nachweisliche Verschlechterung eines einzigartigen Wildflusses
Die Ötztaler Ache ist ein stark gletschergeprägter sowie hydrologisch weitgehend intakter Fluss und gilt daher als besonders wertvoll. Mehrere Abschnitte sind praktisch unberührt und als Wildwasserstrecke ein international beliebtes Ziel für Wassersportler. Im Naturschutzplan Fließgewässer des Landes Tirol ist der betroffene Abschnitt als „einzigartige Strecke“ bewertet. Durch den Kraftwerksbau der Ötztaler Wasserkraft GmbH (bestehend aus den Gesellschaftern Gemeinde Oetz und Umhausen, TIWAG und Auer Beteiligungs GmbH) würde einer der letzten Flussstrecken dieser Art in ganz Tirol der Großteil des Wassers entzogen werden. Zu erwarten sind nachweisliche ökologische Verschlechterungen sowie schwere Schäden an den angrenzenden Auen. „Eine kritische naturschutzfachliche Bewertung des Vorhabens an der Ötztaler Ache wurde aufgrund der politischen Willensbekundung für das Kraftwerk vom Tisch gewischt“, kritisiert Gerhard Egger. „Aufgrund dieser völlig unverständlichen vorauseilenden Zustimmung der Tiroler Landespolitik braucht es unbedingt eine unabhängige Überprüfung. Die großen Naturschäden stehen in keinerlei Verhältnis zur geringen Energieausbeute.“
Download der Bilder in Druckqualität unter: https://bit.ly/3cRQABb
(honorarfreie Verwendung unter Angabe der Foto-Credits: © WWF / Marianne Götsch)

Rückfragen und Kontakt:
Vincent Sufiyan
WWF Österreich
Pressesprecher
Tel.: 0676 83 488 308
E-Mail: vincent.sufiyan@wwf.at
Gregor Schamschula
ÖKOBÜRO
Umweltjurist
Tel.: 0699 10 656 303
E-Mail: gregor.schamschula@oekobuero.at
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