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Amazonas-Brände: WWF warnt vor Verlagerung der Waldzerstörung in die Cerrado-Savanne

Was zunächst nach guten Nachrichten klingt, sorgt bei der Umweltschutzorganisation WWF für Alarmbereitschaft: Daten des brasilianischen Raumforschungsinstitut INPE belegen zwar einen Rückgang der Abholzung im Amazonas-Gebiet seit Jahresbeginn um ein Drittel im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Im Juni allein war die Zerstörung sogar um 41 Prozent geringer. Jedoch steigt die Fläche an Naturzerstörung in einem anderen, nicht weniger artenreichen Gebiet umso mehr an: dem Cerrado. Hier ist die Zerstörung im ersten Halbjahr um 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. “Die Verlagerung in die Cerrado-Savanne ist dramatisch. Das Gebiet ist Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten und als Wassertank Brasiliens bekannt. Viel größere Flächen werden hier unwiderruflich in enorme Monokulturen umgewandelt – hauptsächlich um Futtermittel für die Fleischproduktion anzubauen”, erklärt Georg Scattolin, Leiter des internationalen Programms beim WWF Österreich. Vergleichbar mit der afrikanischen Savanne beheimatet der Cerrado eine unglaubliche Artenvielfalt – seltene Tiere wie der Ameisenbär, das Gürteltier, der Mähnenwolf, der Tapir und der Jaguar leben hier. Die Umwandlung der tief durchwurzelten und daher sehr fruchtbaren Flächen in Ackerland geht mit gewaltsamen Konflikten einher und stellt eine Bedrohung weit über regionale Gebiete hinaus dar: “Nicht nur die Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung sind dramatisch – sie haben mit Trockenheit zu kämpfen, weil ihnen der großflächige Anbau von Soja immense Wassermengen abzwackt. Aber auch die Trinkwasserreseven der Großstädte Rio de Janeiro oder Sao Paolo hängen von dem intakten Ökosystem des Cerrado ab ”, erklärt Scattolin.
Anhaltende Zerstörung durch enormen Fleischkonsum
Während die Naturzerstörung im Amazonas-Gebiet hauptsächlich aufgrund von illegaler Abholzung, Umwandlungen in Weideflächen und illegalem Bergbau stattfindet, ist der Haupttreiber der Naturzerstörung im Cerrado auf den enormen, weltweiten Hunger auf Fleisch zurückzuführen. Denn für die Produktion von Tierfutter werden riesige Anbauflächen benötigt. So hat sich die Sojaproduktion in Südamerika in den letzten Jahrzehnten fast verdoppelt. Allein Österreich importiert jährlich 500.000 Tonnen Soja aus Südamerika. „Mit unserem Konsum in Europa tragen wir weltweit massiv zur Zerstörung von Wäldern, Grasländern und Feuchtgebieten bei. Mit einer Reduktion des österreichischen Fleischkonsums um ein Fünftel könnten genug Flächen frei werden, um den gesamten Restbedarf an Soja-Futtermitteln hierzulande zu produzieren”, rechnet Julia Haslinger, Ernährungsexpertin des WWF Österreich vor.
Mehr als 60 Kilogramm Soja konsumieren die Menschen in Europa durchschnittlich pro Kopf – doch den meisten ist das gar nicht bewusst. Denn 55 Kilogramm davon sind in Form von Futtermitteln in Fleisch, Eiern, Milch oder Fisch “versteckt” – transparente Kennzeichnungen auf Produkten fehlen und machen eine umwelt- und klimaschonende Entscheidung schwer. “Es braucht mehr Transparenz zu Herkunft und Produktionsbedingungen, sodass keine Regenwaldabholzung in unseren Regalen landet. Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten sollte im nächsten Schritt neben Regenwäldern auch andere schützenswerte Ökosysteme mit einschließen – dafür muss sich auch die österreichische Bundesregierung einsetzen”, fordert Haslinger vom WWF Österreich.
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