Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
„Platzertal bleibt“: Protestaktion mit 50-Meter-Banner gegen Kraftwerksausbau Kaunertal

“Platzertal bleibt!” steht auf dem 50 Meter langen Transparent, das quer über das Hochtal in den Ötztaler Alpen in Tirol gespannt ist: Aktivistinnen und Aktivisten von “Lebenswertes Kaunertal”, “WET – Wildwasser erhalten Tirol” und River Collective sowie GLOBAL 2000 und WWF brachen heute ins Platzertal auf, um gegen das Festhalten der Tiwag an ihren Ausbauplänen des Kraftwerks Kaunertal zu protestieren: Demnach soll mitten im unberührten Platzertal ein 120-Meter-Staudamm errichtet und das Hochtal samt seinem Moorgebiet für ein Pumpspeicherkraftwerk geflutet werden. “Dieses Großbauprojekt auf 2.350 Metern Seehöhe ist völlig veraltet, massiv naturzerstörerisch und energiewirtschaftlich so nicht nötig. Die Landesregierung soll endlich die Notbremse ziehen, bevor noch mehr Zeit und Geld verschwendet werden”, sagt Gewässerexpertin Bettina Urbanek vom WWF Österreich. Gemeinsam fordern alle am Protest beteiligten Organisationen den endgültigen Stopp des Projekts, die Ausweisung des Platzertals als Naturschutzgebiet und eine naturverträgliche Energiewende in Tirol.
Energiewende und Klimaschutz gemeinsam denken
Im Platzertal liegt der größte und fast unberührte hochalpine Moor- und Feuchtgebiets-Komplex Österreichs – seine Fläche erstreckt sich über mehr als 20 Hektar. Dass in der Klimakrise genau diese noch intakten Naturinseln essentiell sind, weiß Viktoria Auer, Klima- und Energiesprecherin von GLOBAL 2000: “Energiewende und Klimaschutz sollen endlich gemeinsam gedacht werden. Dazu müssen wir ausnahmslos alle intakten Moore, wie das im Platzertal, schützen, weil sie CO2 aus der Luft speichern. Wir fordern heute von der Tiroler Landesregierung und der Tiwag, endlich auf zukunftsfähige Lösungen zu setzen. Die Menschen in Tirol haben eine Energieversorgung verdient, die ihre Natur schont, klimafreundlich und leistbar ist”, fordert Viktoria Auer.
Pumpspeicher baut man heute anders
Aktueller Stand der Technik bei Pumpspeicherkraftwerken ist die Verbindung zweier bestehender Speicherseen – ohne zusätzlichen Flächenverbrauch. Zudem ist laut Analyse des Energie-Experten Jürgen Neubarth der Neubau eines Pumpspeichers im Platzertal energiewirtschaftlich in dieser Form überflüssig. “Das Märchen, dass der Bau von naturzerstörerischen Pumpspeicherprojekten alternativlos sei, soll nur die veraltete Planung der Tiwag kaschieren. Die Wege aus der Krise sind klar: Speicher müssen heute naturverträglich sein, der tatsächliche Speicherbedarf muss ermittelt werden und der Ausbau der Stromnetze samt Verbrauchsmanagement muss vorangetrieben werden. Der geplante Pumpspeicher im Platzertal erfüllt all das nicht”, sagt Bettina Urbanek, Gewässerexpertin des WWF Österreich.
Die Forderung nach dem sofortigen Projektstopp wird von 35 Organisationen, NGOs und Vereinen sowie 12 Wissenschaftler:innen getragen. Die Petition “Stopp Ausbau Kaunertal” haben mit 8. Juli bereits mehr als 24.000 Menschen unterschrieben.
Link zur Petition (GLOBAL 2000)
Link zur Petition (WWF)
Moore und Klimaschutz
Für den Klimaschutz sind intakte Moore wesentlich, weil sie Kohlendioxid wie ein großer Schwamm aufnehmen und langfristig in Form von Torf speichern. Sie sind eine der wichtigsten und wertvollsten CO2 Senken, die wir haben. Auch für die Speicherung von Wasser spielen Moore eine wichtige Rolle, genauso wie als Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten. Alle intakten Moore müssen daher geschützt und geschädigte Moore renaturiert werden.
Vor allem durch Wasserkraft- und Tourismusprojekte gehen immer mehr intakte Moorflächen verloren: Schon jetzt sind nur noch 10 Prozent der einstigen Moore Österreichs erhalten, davon sind wiederum nur 10 Prozent intakt – wie eben jenes im Platzertal. Der WWF setzt sich deshalb für den Erhalt aller wertvollen Moorflächen ein und hat gemeinsam mit Vertretern aus Wissenschaft und der “IG Moorschutz” auch die Ausweisung der Moorlandschaft im Platzertal als Naturschutzgebiet beantragt.
Fotos und Videos der Protestaktion im Platzertal zur freien Verwendung gibt es hier.
News
Aktuelle Beiträge
Neue WWF-Studie: Ankerschäden bedrohen artenreiche Seegraswiesen im Mittelmeer
Urlaubssaison am Mittelmeer: Seegraswiesen durch ankernde Boote stark gefährdet – Wichtiger Lebensraum beheimatet über 400 Tier- und 1.000 Pflanzenarten – WWF fordert Ausweitung von Schutzzonen
Vielfalt braucht Weide: “Arten-Boom” im WWF-Auenreservat Marchegg
Zehn Jahre Beweidung mit Konik-Pferden sorgt für mehr Artenvielfalt – Naturschutzorganisation empfiehlt Ausweitung naturnaher Beweidungsprojekte in Österreich
WWF-Erfolg: Pinger-Projekt schützt Flussdelfine in Brasilien
Immer weniger Konflikte zwischen Fischer:innen und Delfinen: Am Tapajós-Fluss zeigt der Einsatz von Pingern erste vielversprechende Erfolge zum Schutz der bedrohten Tiere.
EU-Budget: WWF warnt vor “Rückschritt auf Kosten der Natur”
Kommission will erfolgreiches LIFE-Programm streichen – Ohne Reformen würde Naturschutz zur finanziellen Nebensache degradiert – WWF fordert Bundesregierung zum Einschreiten auf
Kaunertal: WWF kritisiert Ausbauprojekt als “gefährlich und naturzerstörerisch”
Platzertal-Speicher zur UVP aufgelegt – Sicherheitsrisiken durch Naturgefahren weiterhin ungeklärt – WWF fordert Stopp des Projekts und verweist auf naturverträgliche Alternativen
WWF-Grillfleisch-Check: Billigfleisch-Aktionen befeuern die Naturzerstörung
Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.