Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
Bikinifigur ? Nicht auf Kosten der Natur !

Wien, am 4. Juli 2008 – Das unscheinbare kaktusähnliche Gewächs namens Hoodia aus dem Süden Afrikas kann auf eine lange Karriere als Appetitzügler zurück blicken. Die Hunger und Durst löschende Wirkung der Inhaltsstoffe der Pflanze ist dem Volk der San in der Kalahari-Wüste seit Jahrhunderten bekannt. Seit aber Hoodia-Produkte als Schlankmacher die westlichen Märkte überschwemmen, ist es mit der nachhaltigen Nutzung vorbei – für die Herstellung von Diätmitteln werden die Wildbestände schonungslos geplündert. „Schönheitsideale in Ehren – aber bitte nicht mit illegalen Produkten aus Raubbau!“ mahnt WWF-Artenschutzexpertin Jutta Jahrl. „Die wertvollen natürlichen Heilmittel sind ein Schatz, der uns nicht unbegrenzt zur Verfügung steht.“ Weltweit fallen bereits 350 Medizinalpflanzen unter die strengen Schutzbestimmungen des Washingtoner Artenschutzübereinkommens. Auch Hoodia darf in die EU und somit nach Österreich nur mit amtlichen Papieren eingeführt werden.
Die steigende Nachfrage unserer Überflussgesellschaften nach Schlankmachern und anderen Nahrungsergänzungsmitteln aus der Natur hat zum gefährlichen Schrumpfen der Bestände von Heil- und Medizinalpflanzen geführt. 80 Prozent dieser Pflanzen werden nicht kommerziell angebaut, sondern wild gesammelt. Hoodia kann noch nicht in großem Stil gezüchtet werden und stammt deshalb zur Gänze aus den bedrohten natürlichen Vorkommen.
Artenschwund und Biopiraterie
Während Pharmakonzerne Millionengewinne machen, werden die indigenen Völker an den Einnahmen, die die Verwertung ihres traditionellen Wissens und die Ausbeutung ihrer Ressourcen bringt, nur marginal beteiligt. Auch die San erhielten erst nach einem jahrelangen Rechtsstreit nur eine geringe Entschädigung durch den Patentinhaber, ein Forschungsinstitut in Südafrika. Ein Großteil der Diätmittel aus Hoodia wird jedoch ohne Lizenz verkauft – auch in Österreich. Somit ist eine Gewinnbeteiligung der San nicht gewährleistet.
“Medizin und Artenschutz müssen Hand in Hand gehen. Ohne Handelskontrolle droht wertvollen Pflanzen, die wir für unsere Gesundheit nutzen, das Aus“, erklärt Dr. Max Abensperg-Traun, CITES-Experte des Lebensministeriums. „Gleichzeitig entzieht man durch rücksichtslose Ausbeutung den Einheimischen die Möglichkeit der Nutzung von Heilmethoden und lebensnotwendiges Wissen, das sie von Generation zu Generation weiter gegeben haben.“
Vor allem bei Bestellungen im Internet können KonsumentInnen die Herkunft oder Zulassung von Diätmitteln und anderen pflanzlichen Präparaten nur schwer nachvollziehen. Unwissenheit schützt dennoch nicht vor – teils empfindlich hohen – Strafen. In Österreich wurden 2007 erstmals größere Mengen illegal importierter Produkte aus bedrohten Medizinalpflanzen beschlagnahmt. Darunter befanden sich auch fast 3.000 Stück Hoodia-Tabletten – Dunkelziffer unbekannt. Für den Import von – gemäß CITES Anhang II geschützten – Hoodia-Präparaten in die EU sind behördliche Genehmigungen erforderlich.
Weiterführende Informationen zu CITES: www.wwf.at/CITES
Rückfragehinweis und Foto:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17 250.
Jutta Jahrl, WWF-Artenschutzexpertin, Tel. 01/488 17 264.
Dr. Max Abensperg-Traun, Lebensministerium, Tel. 01/51522-1404
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neue WWF-Studie: Ankerschäden bedrohen artenreiche Seegraswiesen im Mittelmeer
Urlaubssaison am Mittelmeer: Seegraswiesen durch ankernde Boote stark gefährdet – Wichtiger Lebensraum beheimatet über 400 Tier- und 1.000 Pflanzenarten – WWF fordert Ausweitung von Schutzzonen
Vielfalt braucht Weide: “Arten-Boom” im WWF-Auenreservat Marchegg
Zehn Jahre Beweidung mit Konik-Pferden sorgt für mehr Artenvielfalt – Naturschutzorganisation empfiehlt Ausweitung naturnaher Beweidungsprojekte in Österreich
WWF-Erfolg: Pinger-Projekt schützt Flussdelfine in Brasilien
Immer weniger Konflikte zwischen Fischer:innen und Delfinen: Am Tapajós-Fluss zeigt der Einsatz von Pingern erste vielversprechende Erfolge zum Schutz der bedrohten Tiere.
EU-Budget: WWF warnt vor “Rückschritt auf Kosten der Natur”
Kommission will erfolgreiches LIFE-Programm streichen – Ohne Reformen würde Naturschutz zur finanziellen Nebensache degradiert – WWF fordert Bundesregierung zum Einschreiten auf
Kaunertal: WWF kritisiert Ausbauprojekt als “gefährlich und naturzerstörerisch”
Platzertal-Speicher zur UVP aufgelegt – Sicherheitsrisiken durch Naturgefahren weiterhin ungeklärt – WWF fordert Stopp des Projekts und verweist auf naturverträgliche Alternativen
WWF-Grillfleisch-Check: Billigfleisch-Aktionen befeuern die Naturzerstörung
Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.