Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
WWF: Schlechte Karten für Innkraftwerk Telfs

Innsbruck, Donnerstag, 21. Mai 2009 – Die Vorprüfungsverhandlung in Rietz zum Kraftwerk Telfs wurde gestern aus Gründen des Naturschutzes eindeutig als negativ beurteilt. Denn betroffen wäre dadurch das Sonderschutzgebiet „Rietzer und Mieminger Innauen“, das die Tiroler Landesregierung selbst ausgewiesen hat. „Es wäre gesetzeswidrig und absurd in ein strenges Schutzgebiet, in dem jeder Eingriff verboten ist, ein Kraftwerk hineinzusetzen. Dem Ausbauwahn der E-Wirtschaft dürfen ökologisch hochwichtige Bereiche nicht zum Opfer fallen“, sagte Nicole Schreyer, Leiterin des WWF-Alpenprogramms. Der WWF appelliert an die Innsbrucker Kommunalbetriebe, die Pläne für das Kraftwerk Telfs nun endlich zu den Geschichtsakten zu legen.
Die Rietzer und Mieminger Innauen gehören zu den letzten Resten an Lebensraum am Inn, der am massiv genutzten Fluss noch übrig geblieben ist. „In diesen Auen finden wir noch natürliche, artenreiche Schwemmländer, Schotterbänke und Erlen-Urwälder vor“, erklärt Anton Vorauer, der als Schutzgebietsbetreuer von WWF und Land Tirol am wasserrechtlichen Vorprüfungsverfahren teilnimmt. Die Auen genießen aufgrund ihres hohen ökologischen Wertes den strengsten Schutzstatus, den das Land vergeben kann. „Eine Beeinträchtigung des Schutzgebietes ist im derzeit vorliegenden Kraftwerksplan in jedem Fall gegeben und kann auch durch Ausgleichsmaßnahmen nicht wett gemacht werden“, so Vorauer. Auch aus Sicht der Sachverständigen der Tiroler Landesregierung gibt es keine Möglichkeit diesen wertvollen Innabschnitt durch Ausgleichsmaßnahmen wieder herzustellen. „Es ist sehr löblich, dass die Innsbrucker Kommunalbetriebe sich im Vorfeld über die Meinung aller Beteiligten informieren, doch die negative Beurteilung muss akzeptiert werden bevor weiter Steuergelder in solche unsinnige Projekte fließen“, fordert Nicole Schreyer.
Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) schreibt eine Verbesserung des ökologischen Zustandes aller europäischen Gewässer vor. Im Sinne dieser Richtlinie hat das Land Tirol in der gemeinsamen Initiative „der.inn“ mit dem Lebensministerium und dem WWF 2007 unter Einsatz beträchtlicher finanzieller Mittel begonnen den Inn durch eine Reihe von Revitalisierungsmaßnahmen wieder „lebendiger und sicherer“ zu gestalten. So wurde etwa bei Radfeld/Kundl ein Seitenarm wieder angebunden und Augewässer geschaffen. Weitere Projekte – auch bei Telfs – sind derzeit in Planung. „Eine Kraftwerksnutzung bei Telfs wäre nicht nur gesetzeswidrig, sondern stünde im krassem Widerspruch zu diesen Bemühungen“, so Schreyer.
Am 20. Mai hat die Tiroler Landesregierung eine Studie genehmigt, in der sämtliche Potenziale für den Ausbau der Wasserkraft an Tirols Gewässern erhoben werden sollen. „Wir begrüßen, dass hier die betroffenen Gemeinden im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie eingebunden werden“, erklärt Schreyer. „Die letzten ökologisch hoch sensiblen Bereiche an unseren Flüssen, wie die Rietzer und Mieminger Innaue, müssen hier unbedingt berücksichtigt werden“, fordert der WWF.
2006 hat das Land Tirol bereits einen „Naturschutzplan Fließgewässer“ mit einer „Checkliste“ für die Wasserkraft erstellt. Im Sinne einer umfassenden Analyse von Tirols Fließgewässern muss der Inn in diesen Naturschutzplan aufgenommen werden und in die Wasserkraftpotenzialstudie integriert werden, fordert der WWF. „Mit einer Einbeziehung der naturschutzfachlichen Anliegen im Vorfeld ließen sich unnötige Geldsummen durch nicht realisierte Projekte vermeiden“, so Schreyer.
Rückfragehinweis:
MMag. Franko Petri, WWF Pressesprecher, E-mail: franko.petri@wwf.at.
Nicole Schreyer, Leiterin WWF Alpenprogramms, E-Mail: nicole.schreyer@wwf.at.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Neue WWF-Studie: Ankerschäden bedrohen artenreiche Seegraswiesen im Mittelmeer
Urlaubssaison am Mittelmeer: Seegraswiesen durch ankernde Boote stark gefährdet – Wichtiger Lebensraum beheimatet über 400 Tier- und 1.000 Pflanzenarten – WWF fordert Ausweitung von Schutzzonen
Vielfalt braucht Weide: “Arten-Boom” im WWF-Auenreservat Marchegg
Zehn Jahre Beweidung mit Konik-Pferden sorgt für mehr Artenvielfalt – Naturschutzorganisation empfiehlt Ausweitung naturnaher Beweidungsprojekte in Österreich
WWF-Erfolg: Pinger-Projekt schützt Flussdelfine in Brasilien
Immer weniger Konflikte zwischen Fischer:innen und Delfinen: Am Tapajós-Fluss zeigt der Einsatz von Pingern erste vielversprechende Erfolge zum Schutz der bedrohten Tiere.
EU-Budget: WWF warnt vor “Rückschritt auf Kosten der Natur”
Kommission will erfolgreiches LIFE-Programm streichen – Ohne Reformen würde Naturschutz zur finanziellen Nebensache degradiert – WWF fordert Bundesregierung zum Einschreiten auf
Kaunertal: WWF kritisiert Ausbauprojekt als “gefährlich und naturzerstörerisch”
Platzertal-Speicher zur UVP aufgelegt – Sicherheitsrisiken durch Naturgefahren weiterhin ungeklärt – WWF fordert Stopp des Projekts und verweist auf naturverträgliche Alternativen
WWF-Grillfleisch-Check: Billigfleisch-Aktionen befeuern die Naturzerstörung
Mehr als die Hälfte der Grillfleisch-Produkte enthält Übersee-Futtermittel ohne Umweltstandards – Tropische Wälder und Savannen werden dafür abgeholzt – WWF: Umweltzerstörung am Grill stoppen
“Viel verbautes Österreich”: WWF schreibt Bundeshymne neu
Chor singt in Kunstaktion über hohen Bodenverbrauch in Österreich – WWF fordert Bodenschutz-Vertrag mit verbindlicher Obergrenze für Bodenverbrauch
Hoher Bodenverbrauch: WWF schreibt Bundeshymne um
In einem Video präsentiert der WWF eine neue Version der Bundeshymne, in der das „viel verbaute Österreich“ besungen wird.