Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
Greifvogelverordnung: Land NÖ erlaubt Töten als Freizeitvergnügen

St. Pölten/Wien, am 9. Dezember 2009 – Ab sofort ist in Niederösterreich wieder die Jagd auf geschützte Greifvögel eröffnet: bis 31. Jänner dürfen 200 Mäusebussarde und 40 Habichte abgeschossen werden, obwohl sie nach der EU-Vogelschutzrichtlinie in ganz Europa unter Totalschutz stehen. Die im Vorjahr erlassene „Niederösterreichische Beutegreiferverordnung“ macht dies möglich, weil sie einen Ausnahmeparagraphen des EU-Regelwerkes zugunsten der Jagd auslegt: Greifvögelabschüsse als Freizeitvergnügen seien zulässig, weil sie eine „vernünftige Nutzung“ darstellen. WWF und BirdLife protestieren und fordern eine sofortige Rücknahme der Verordnung.
Die europäische Vogelschutzrichtlinie verbietet in Artikel 5 das „absichtliche Töten oder Fangen“ wildlebender Vogelarten. Welche Arten im Ausnahmefall dennoch bejagt werden dürfen, ist in Anhang II der Richtlinie angeführt. Greifvögel wie Bussarde und Habichte gehören eindeutig nicht dazu.
„Wir sind sicher, dass die EU das reine Freizeitvergnügen nicht als Ausnahmegrund anerkennt. Von einer ‚vernünftigen Nutzung’ kann bei Mäusebussard und Habicht sowieso keine Rede sein – sie sind weder essbar, noch kann man die Herstellung von Stopfpräparaten als dringende Notwendigkeit darstellen“, sagt Bernhard Kohler vom WWF Österreich.
“Obendrein geraten durch die Verordnung weltweit gefährdete Vogelarten wie der Sakerfalke ins Visier der Jagd“, warnt Gábor Wichmann von BirdLife Österreich. „Diese vom Aussterben bedrohte Falkenart kann aufgrund ihrer Ähnlichkeit mit dem Mäusebussard sehr leicht verwechselt und versehentlich abgeschossen werden“.
Mit der im Vorjahr erlassenen Beutegreifer-Verordnung gibt Naturschutzlandesrat Pernkopf neuerlich dem Druck der Niederösterreichischen Jägerschaft nach. Bereits 2002 versuchte das Land Niederösterreich eine Ausnahmeregelung für Mäusebussard und Habicht bei der EU-Kommission durchzusetzen, damals ohne Erfolg. „Von einem Umweltlandesrat erwarten wir uns ein sorgsames Abwägen zwischen den Interessen von Schutz und Nutzung statt eines Kniefalls vor der Jägerschaft“, so die Naturschutzverbände empört.
Im Artikel 9 der EU-Vogelschutzrichtlinie sind Ausnahme-Situationen festgelegt, in denen das generelle Tötungsverbot (gemäß Artikel 5) gelockert werden kann: Seltene Arten dürfen bejagt werden, wenn menschliches Leben in Gefahr ist, große wirtschaftliche Schäden drohen oder es die wissenschaftliche Forschung unbedingt erfordert. Darüber hinaus ist eine „vernünftige Nutzung“ bestimmter Vogelarten in geringen Mengen möglich – freilich nur selektiv und „unter streng überwachten Bedingungen“. Auf diese Bestimmung beruft sich die Niederösterreichische Beutegreiferverordnung. „Eine Fehlinterpretation des Ausnahmeparagraphen“, bringt es Wichmann auf den Punkt.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF Pressesprecherin, Tel. 01/488 17 250
Bernhard Kohler, WWF Österreich, Tel. 01/488 17 281
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