Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
Cancún muss Meilenstein für kommende Kyoto-Regelung werden

Wien/Cancún, Freitag, 3. Dezember 2010 – Schon von Beginn an stand die Klimakonferenz im mexikanischen Cancún unter einem schlechten Stern. Seit Kopenhagen schienen die Verhandlungen wie „schockgefroren“.
Doch der Klimagipfel in Mexiko darf auf keinen Fall unterschätzt oder durch bewusst niedrig gehaltene Erwartungen in seiner Bedeutung geschwächt werden. Die diesjährige COP 16 ist ein wichtiger Meilenstein um die notwendigen Weichen für ein verbindliches Klimaabkommen 2011 zu stellen und damit endlich wieder Fahrt in die Verhandlungen zu bringen. Nur wenn es der Weltgemeinschaft gelingt, sich in den zentralen Punkten endlich zu einigen, ist es möglich, die globale Erwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Werten zu begrenzen und die drohende Klimakatastrophe in diesem Jahrhundert zu vermeiden. Auch Österreich muss sich endlich wieder auf die Bühne der Vorbilder und Vorreiter im Klimaschutz wagen und internationale Verantwortung im Kampf gegen den Klimawandel zeigen. „Ohne klare Reduktionsziele, die Fortsetzung des Kyoto-Protokolls, eine Finanzierungszusage und ein wirksames Abkommen zum Waldschutz produziert diese Klimakonferenz mehr Treibhausgase als sie verhindern soll“, so WWF-Klimasprecherin Kathrin Hebel.
Am kommenden Montag wird Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich nach Mexiko fliegen, um an der Konferenz teilzunehmen. Der WWF möchte der Bundesregierung vier Hauptforderungen ins Handgepäck geben, für die sich Österreich auf der Klimakonferenz aktiv einsetzen und stark machen soll.

1. Damit die drohende Klimakatastrophe vermieden werden kann, müssen die Industrieländer gegenüber 1990 mindestens 40 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen bis 2020 und 95 Prozent bis 2050 reduzieren. Das bisherige Angebot der EU – eine Reduktion um 20 Prozent – ist unzureichend, insbesondere weil dieses Ziel 2010 schon fast erreicht wurde. Die EU muss deshalb jetzt eine Aufstockung der Reduktionsziele auf zumindest 30 Prozent bekunden. Österreich soll diese Aufstockung der EU-Ziele öffentlich unterstützen und sich im Inland zu höheren Zielen bereit erklären.
2. Österreich muss sich in Cancún und besonders innerhalb der EU dafür stark machen, dass neben einem globalen, verbindlichen und fairen Klimaabkommen auch eine zweite Periode des Kyoto-Protokolls fixiert werden kann. Die EU muss mit allen Ländern, die dieses Ziel unterstützen, eine Allianz zur Fixierung des neuen Kyoto-Abkommens bilden. „Dazu müsste die EU aber die unrealistische Forderung aufgeben, dass sich China bereits in der nächsten Kyoto-Periode auf verbindliche Treibhausgasreduktionsziele einlässt“, so Hebel.
3. Österreich muss sich dafür einsetzen, dass die Klima-Anschubfinanzierung (Fast Start Finance) und die langfristige Klimafinanzierung für Entwicklungsländer sichergestellt werden. In Kopenhagen haben sich die Industrienationen 2009 bereit erklärt 30 Milliarden US-Dollar zwischen 2010 und 2012 zur Verfügung zu stellen. Österreich muss seine in Kopenhagen gemachten Zusagen einhalten und neue und zusätzliche Mittel für die Klimafinanzierung in Entwicklungsländern bereitstellen. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Mittel zusätzlich zu bisher eingegangenen Verpflichtungen aufgebracht werden, was über transparente Berichte dargestellt werden muss. „Die Mittel sollen in einen globalen „Klimafonds“ unter der Aufsicht der UNO fließen“, fordert der WWF. Neben der Anschubfinanzierung muss auch die langfristige Klimafinanzierung sichergestellt werden. Die zugesagten 100 Milliarden US-Dollar müssen rasch bereitgestellt und die nötigen Programme und Strukturen für einen solchen Fond entwickelt und integriert werden.
4. Österreich sollte mit Deutschland eine führende Rolle dafür übernehmen, dass ein Programm zum Schutz der globalen Wälder unter strengen Umwelt- und Sozialstandards, samt entsprechender Finanzierung beschlossen wird. In diesem Abkommen sollen verbindliche Regeln zum Erhalt der globalen Wälder geschaffen werden. Nur durch faire Leitsätze kann eine Wahrung der Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften gesichert und deren Mitbestimmung auch bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen zum Walderhalt explizit garantiert werden.
Weitere Informationen:
MMag. Franko Petri, WWF-Pressesprecher, Tel. 01-48817-231 o Email: franko.petri@wwf.at.
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