Naturschutzorganisation anlässlich Bund-Länder-Gipfel in Niederösterreich: Renaturierung konstruktiv vorantreiben und finanzieren, Schutzgebiete stärken und ausbauen
Dämpfer für die TIWAG: Kaunertal-Ausbau auf Rumpfprojekt zurechtgestutzt

Presseaussendung WWF und ÖKOBÜRO
Wien, Innsbruck, Brüssel, am 1. Dezember 2015 – In Sachen Kaunertal-Erweiterung muss die TIWAG eine herbe Schlappe einstecken: Die Energieabteilung der EU-Kommission entzog jetzt den Wasser-Überleitungen vom Ötztal in den Gepatschspeicher den so genannten PCI-Status. Somit steht der wichtigste Teil des Kaunertal-Projekts nicht mehr im „besonderen öffentlichen Interesse“ europäischer Energieprojekte. Für den WWF und das ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung hat sich mit dieser Entscheidung das gesamte Vorhaben totgelaufen. Sie haben im März 2015 über die europäische Umweltorganisation Justice & Environment Beschwerde bei der EU-Kommission eingereicht und jetzt Recht bekommen.
Jene Projektteile, die nicht der PCI-Verordnung der Europäischen Union entsprechen, müssen nun gestrichen werden. Dies betrifft unter anderem die kilometerlange Überleitung der Venter und Gurgler Ache aus dem hinteren Ötztal ins Kaunertal, die Untertunnelung der Täler sowie die neuen Druckstollen nach Prutz. Wenngleich sich das Kraftwerk Kaunertal weiterhin auf der offiziellen PCI-Liste befindet und der Speicherstandort Platzertal den PCI-Status behalten hat, stellt die Aberkennung dieses Status für zentrale Projektteile einen schweren Rückschlag für die TIWAG dar.
Diese Klarstellung der EU-Kommission mischt auch die Karten für die Grundbesitzer des Ötztals und die Gemeinde Sölden völlig neu. „Ohne europäische Schützenhilfe und den Deckmantel des übergeordneten Interesses, können dort keine Enteignungen stattfinden“, erklärt Christoph Walder, Leiter des WWF Tirol. Für ihn macht die Entscheidung der Kommission nun den Weg frei für echte Energiewendeprojekte in Tirol: „Als ersten Schritt sollte die Landesregierung die UVP zum Kaunertal schleunigst einstampfen und die TIWAG beauftragen, endlich ökologisch und sozial vertretbare Kraftwerksvorhaben auszuarbeiten,“ so Walder. Auch den Stromkunden, den Steuerzahlern bzw. dem Land Tirol als Eigentümer sei nicht zuzumuten, dass ihr Geld weiterhin für unrealistische Projekte in den Sand gesetzt wird. Nach Angaben der TIWAG haben die bisherigen Planungen für den Kaunertalausbau bereits 64 Millionen Euro verschlungen.
PCI – Projects of Common Interest
Die PCI-Liste an wichtigen Energieprojekten unter der TEN-E Verordnung listet prioritäre Stromleitungen und -speicher, – dazu zählen auch Pumpspeicherkraftwerke –, in der EU auf. Diese genießen ein besonderes öffentliches Interesse und können mit Verfahrensbeschleunigung und Finanzhilfen aus öffentlichen Töpfen rechnen. Alle zwei Jahre werden die darin angeführten Vorhaben von der Kommission evaluiert.
Weil die von der TIWAG geplanten massiven Eingriffe in die Ötztaler Alpen und die Achen nach österreichischem Recht alleine nicht durchzusetzen wäre, hatte man versucht, ein übergeordnetes europäisches Interesse geltend zu machen – zunächst erfolgreich: 2013 wurde das Kraftwerksvorhaben Kaunertal auf die PCI-Liste lobbyiert. Im Zuge der neuerlichen Veröffentlichung der Liste am 18. November 2015 wurde wurde klargestellt, dass die kritischen Teile des Projektes keinen PCI-Status haben.
Ausschlaggebend für die aktuelle Entscheidung der EU-Kommission waren Verhandlungen in Brüssel im Juni 2015 zwischen WWF, ÖKOBÜRO und TIWAG, die unter Leitung der Europäischen Kommission und unter Beobachtung des Europäischen Parlaments stattgefunden haben.
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/48817-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO – Allianz der Umweltbewegung, Tel.: 01/5249377, E-Mail: thomas.alge@oekobuero.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Gemeinsamer Appell: Einzelhandel und WWF fordern Maßnahmen für pflanzenreiche Ernährung
Umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung gefordert – Bundesregierung soll mehr Fairness im Steuersystem schaffen und neue Ernährungsstrategie erarbeiten
WWF-Erfolg: Kleine Tiger-Familie in Thailands Wäldern gesichtet
Drei Tigerjungen wurde in der Dawna Tenasserim-Landschaft gesichtet – ein weiteres Zeichen dafür, dass die jahrzehntelangen Schutzbemühungen erfolgreich sind!
Budgetrede: WWF kritisiert fehlenden Abbau umweltschädlicher Subventionen
Umweltschutzorganisation vermisst strukturelle Reformen, kritisiert massive Kürzungen im Klima- und Umweltschutz und fordert stärkere Dotierung des Naturschutzes
WWF alarmiert: Lebensraum der Asiatischen Elefanten fast komplett zerstört
Naturzerstörung und Wilderei gefährden Asiatische Elefanten zunehmend – Umweltschutzorganisation WWF sieht “ökologische Katastrophe”
Good News: Fast 400 Schneeleoparden leben in Nepal
397 Schneeleoparden streifen durch Nepals Berge – das sind mehr als gedacht. Neue Daten aus einer aktuellen Schätzung machen Hoffnung für den Schutz der scheuen Großkatze.
Schutzstatus Wolf: WWF kritisiert Abschwächung als “gefährlichen Präzedenzfall”
EU-Parlament stimmt für Änderung der FFH-Richtlinie – WWF befürchtet fatale Folgen für weitere gefährdete Arten und Lebensräume in EU
WWF: Erster “Statusbericht Biodiversität” zeigt negative Trends
Neuer Report: Großteil der heimischen Artengruppen und Lebensräume sind in keinem guten Zustand, Tendenz negativ – Politik säumig, Bund und Länder gefordert
WWF-Erfolg: Comeback des Blauflossen-Thunfisch
Der Blauflossen-Thunfisch im Atlantik und Mittelmeer ist nicht mehr überfischt! Ein bedeutender Meilenstein im Artenschutz, der zeigt, wie wichtig Zusammenarbeit ist.