Abbau umweltschädlicher Subventionen überfällig – Neue Privilegien sabotieren Klimaziele
WWF-Report: Grasländer, Moore und Savannen essentiell im Kampf gegen die Klimakrise

Wien, Brüssel, am 18. Jänner 2022. Nicht nur Regenwälder, sondern auch Savannen, Grasländer und Feuchtgebiete werden weltweit aufgrund wachsender Agrarproduktion zerstört. Diese Ökosysteme sind jedoch allesamt besonders schützenswert und sollten daher laut einem neuen Report der Naturschutzorganisation WWF (World Wide Fund for Nature) unbedingt im geplanten EU-Lieferkettengesetz berücksichtigt werden. “Grasländer und Savannen können zweimal mehr Kohlenstoff speichern als tropische Wälder. Die Zerstörung von Mooren ist für fünf Prozent der gesamten globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich – doppelt so viel wie die weltweiten Emissionen des Flugverkehrs. Wenn wir die Klimakrise bekämpfen wollen, können wir auf diese natürlichen Kohlenstoff-Speicher nicht verzichten”, sagt Hannah-Heidi Schindler, WWF-Expertin für nachhaltige Ernährung.
Die artenreichste Savanne der Erde, der brasilianische Cerrado ist aufgrund von Weidehaltung und Soja-Anbau für europäisches Rindfleisch besonders betroffen. Hauptschuld dafür trägt unser großer Hunger auf Fleisch, der für einen Großteil dieser Lebensraumzerstörung, den Artenverlust und die Beschleunigung der Klimakrise verantwortlich ist. Dabei können Konsument*innen oft nicht einmal nachvollziehen, woher ihre Lebensmittel stammen und unter welchen Bedingungen sie produziert wurden. „Europa muss Verantwortung für die Folgen seines Konsums übernehmen und mit dem EU-Lieferkettengesetz verhindern, dass Naturzerstörung auf unseren Tellern landet“, sagt Schindler.
Der WWF fordert, dass neben Regenwäldern auch weitere wertvolle Ökosysteme, wie Savannen, Gras- und Moorlandschaften, von Beginn an in den gesetzlichen Rahmen einbezogen werden. Ebenfalls zentral sei eine verbindliche und transparente Sorgfaltspflicht für alle relevanten Unternehmen – unabhängig von deren Größe: „Nur so können die verwendeten Rohstoffe entlang der Lieferkette konsequent rückverfolgt werden“, mahnt Hannah-Heidi Schindler. Darüber hinaus müsse die geplante Verordnung alle Produkte, die mit der Entwaldung in Verbindung stehen, berücksichtigen: „Derzeit wird zum Beispiel die Einfuhr von Mais nicht reguliert – obwohl er jenes Agrargut ist, das die EU nach Soja und Palmöl am meisten aus tropischen Ländern importiert“, kritisiert WWF-Expertin Schindler eine Lücke im Entwurf der EU-Kommission.
Die Europäische Union ist nach China der zweitgrößte Importeur von weltweiter Regenwaldabholzung. Beispielsweise stammt ein Fünftel der Rindfleisch-Importe in die EU aus dem Cerrado-Gebiet, dem Zuhause von fünf Prozent aller Arten weltweit. Auch das argentinische Chaco-Gebiet leidet massiv unter dem Soja-Anbau für den Export in Europas Futtertröge. Darüber hinaus sind laut dem Report bereits 94 Prozent der Moore in Sumatra der Ackerlandgewinnung für Palmölplantagen, der Gummi- oder Zellstoffproduktion zum Opfer gefallen.
Der neue WWF-Bericht zeigt, dass die von der EU zu verantwortenden Liefer- und Handelsketten eine direkte Rolle bei der Degradierung und Umwandlung von Ökosystemen weltweit spielen – und das weit über die Wälder hinaus. “Wenn die EU natürliche Ökosysteme jenseits der Wälder im Geltungsbereich der Verordnung außen vor lässt, verpasst sie die Chance, ihren eigenen Fußabdruck zu verringern und untergräbt ihre Klima- und Biodiversitäts-Ziele”, warnt Hannah-Heidi Schindler.
Kurzfassung des Reports auf Deutsch: https://bit.ly/3rLX0dJ
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