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© Sebastian Frölich

8 absurde Fakten zum Ausbau des Kraftwerks Kaunertal

27. Juni 2022

Seit 15 Jahren verfolgt die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) den Plan, das bestehende Kraftwerk Kaunertal auszubauen. Was auf den ersten Blick nach einer „harmlosen“ Erweiterung klingt, entpuppt sich jedoch als Mega-Kraftwerksprojekt, das eine der letzten nahezu unberührten hochalpinen Landschaften und zwei Flussheiligtümer für immer zerstören würde. Viele Aspekte des Projekts scheinen in Zeiten der vorherrschenden Klima- und Biodiversitätskrise besonders absurd.

1. Großflächige Naturzerstörung im Namen „grüner“ Energie

Das Speicherkraftwerk Kaunertal soll zu einer Kraftwerkskette inklusive Pumpspeicherkraftwerk ausgebaut werden. Für das Pumpspeicherkraftwerk braucht es einen neuen Stausee. Um diesen Stausee zu errichten und mit genügend Wasser zu speisen ist ein enormer Aufwand nötig. Zwei je 25 Meter hohe Betonsperren, ein 120 Meter hoher Staudamm und kilometerlange Wassertunnel durch die Berge sind nur einige Elemente, die für das Projekt gebaut werden müssten und die Ötztaler Alpen verschandeln würden. Das bedeutet auch, dass es zu jahrelangen Großbaustellen in sensiblen Hochgebirgsregionen kommt. In Summe wird das Projekt unter dem Deckmantel der „Energiewende“ massiven Schaden in den letzten alpinen Freiräumen und an den Flussheiligtümern Venter und Gurgler Ache anrichten. Das absurde daran: Wir können die Klimakrise nur mit der Natur gemeinsam lösen. Die letzten Flecken intakte Natur zu zerstören, wird nicht helfen.

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

2. Die größte geplante Moorzerstörung Mitteleuropas

Der neue Staudamm für das geplante Pumpspeicherkraftwerk soll im ökologisch einzigartigen Platzertal errichtet werde. Hinter dem 120 Meter hohen Damm würden 6,3 Hektar wertvolle Moorlandschaften im Wasser versinken. Das ist besonders tragisch, weil Moore extrem wichtige Kohlenstoffspeicher und somit wichtige Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise sind. Versinken die Moore im Wasser, dann wird das über Jahrtausende gespeicherte CO2 aus dem Boden gelöst und wieder ausgestoßen. Diese massive Naturzerstörung widerspricht der Alpenkonvention und der von der Bundesregierung beschlossenen Strategie zum Schutz der Moore.

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

3. Das Wasser für den Stausee kommt durch kilometerlange Tunnelsysteme.

Das Wasser für den neuen Stausee im Platzertal kommt aus dem 23 km entfernten Ötztal, genauer gesagt aus 4 Wildbächen im Hochgebirge, die auf knapp 2.000 Meter Seehöhe liegen: Verwallbach, Königsbach, Gurgler Ache und Venter Ache. Diese Bäche sollen durch kilometerlange Tunnelsysteme durch zahlreiche Bergkämme und unter vier Schutzgebieten hindurch zum Gepatschstausee geleitet werden.

 

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

4. Zwei geschützte Flussheiligtümer werden zerstört

Venter Ache und Gurgler Ache wurden 1998 vom WWF und vom damaligen Umweltministerium als Flussheiligtümer ausgewiesen. Damit hat sich Österreich zum Schutz und Erhalt dieser Flüsse für künftige Generationen bekannt. Flussheiligtümer sind ganz besonders schützenswerte Flussstrecken, die noch natürlich und großteils unverbaut sind. Mit der Realisierung des Kraftwerksprojekts würde der Schutz der Flussheiligtümer ausgehebelt. Beide Flüsse würden durch eine 25 Meter hohe Mauer gestaut.

 

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

5. Einem der niederschlagärmsten Täler Tirols wird massiv Wassers entzogen

Wenn bis zu 80 % das Wasser aus Venter und Gurgler Ache ausgeleitet wird, wird dem schon jetzt niederschlagsarmen Ötztal massiv Wassers entzogen. Die Ötztaler Ache, die aus dem Wasser von Venter und Gurgler Ache gespeist wird, würde sich vom wilden Gletscherfluss, dessen Dynamik Wissenschaftler*innen aus aller Welt studieren, zu einem kümmerlichen Rinnsal verwandeln. Das Wildwasserparadies für Kajaker*innen – an der Ötztaler Ache finden regelmäßig Meisterschaften statt – wird zu einer Übungsstrecke degradiert. Darüber hinaus verlieren zahlreiche, an der Ötztaler Ache beheimatete Arten ihren Lebensraum.

 

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

6. Der Inn würde auf 4 km Länge ökologisch zerstört.

Das Wasser aus dem ausgebauten Kraftwerk Kaunertal würde bei Prutz schwallweise in den Inn geleitet und verstärkt dort die jetzt schon große Schwallbelastung des Inns. Durch das neue Kraftwerk würde die Schwallbelastung im Inn so erhöht, dass dieser auf 4 km Länge praktisch völlig ökologisch zerstört würde. Denn um die zusätzlichen Wassermengen aufzufangen, muss das Wehr an der Runser Au noch weiter erhöht werden, der Inn um durchschnittlich 0,5m ausgebaggert und die Ufer noch stärker befestigt werden. Da in diesem Abschnitt des Inn kein Fisch mehr leben könnte, würde ein Umgehungsgerinne errichtet werden. Fische sollen dann durch einen beleuchteten Tunnel im Berg schwimmen anstatt im Fluss.

7. Es entsteht ein hohes Risiko für stärkere Hangrutschungen

Schon heute gibt es am bestehenden Gepatschspeicher im Kaunertal Probleme mit Hangrutschungen am Berghang oberhalb des Stausees. Wenn das Kraftwerk zu einem Pumpspeicher-Kraftwerk wird, besteht Gefahr, dass Hangrutschungen verstärkt auftreten könnten, weil sich der Wasserspiegel des Stausees durch das Hin- und Herpumpen des Wassers zwischen den zwei Stauseen ständig hebt und senkt.

8. Massive Kritik ist kein Hindernis um die Pläne voranzutreiben

Das Kraftwerks-Projekt wird von der TIWAG trotz massiver Kritik von vielen Organisationen seit Jahren vorangetrieben. Sogar eine unabhängige internationale Prüfkommission (HSAP) hat dem Projekt 2017 ein schlechtes Zeugnis ausgestellt – eines der schlechtesten, das sie je veröffentlicht hat. Mittlerweile sind die Planungen Jahrzehnte alt und einfach nicht mehr zeitgemäß. Eine starke Allianz von Umweltorganisationen, Wassersportler*innen, Wissenschaftler*innen und der Bevölkerung protestiert gegen das Projekt. Die Forderungen an die Politik haben sie in der Kaunertalerklärung formuliert.

Ausbaupläne Kraftwerk Kaunertal WWF Österreich

Zahlen & Fakten

  • Neuer Staudamm im Platzertal geplant
  • Staudamm soll 120 Meter hoch und 450 Meter breit werden
  • Moore in der Größe von 9 Fußballfeldern würden unter dem Damm im Wasser versinken
  • 6 Schutzgebiete durch Kraftwerksausbau bedroht
  • 20 Gemeinden betroffen
  • 3 Talschaften betroffen: Kaunertal, Öztal, Platzertal
  • Geschützte Tierarten wie Murmeltier, Alpenschneehuhn oder Innäsche würden ihren Lebensraum verlieren
  • Im Ötztal werden bis zu 80 % des Wassers aus 4 Gebirgsbächen und -flüssen in ein anderes Tal abgeleitet

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