Anhaltende Verbauung und Versiegelung verschärfen Hitze – WWF fordert Entsiegelungs-Offensive, Begrünung in den Städten und Limit für den Bodenverbrauch
Europa ist Motor der Regenwaldzerstörung am Amazonas

Wien/Brasilia, 28. Jänner 2008 –Letzte Woche hatte die brasilianische Regierung erschreckende Zahlen über die Amazonasentwaldung veröffentlicht. Neben der daraufhin angekündigten verstärkten Entsendung von Bundesbeamten gelten in Teilen Amazoniens ab sofort neue gesetzliche Regelungen. Für das Fällen von Bäumen im Amazonasgebiet werden bis auf Weiters keine Genehmigungen mehr erteilt. Laut der brasilianischen Umweltministerin Marina Silva werden in den nächsten zwei Monaten die Grundstücke von 80.000 Landbesitzern in das System der Satellitenüberwachung integriert. Damit kann die brasilianischen Raumfahrtbehörde INPE künftig in Echtzeit kontrollieren, ob 80 Prozent des jeweiligen Grundstückes als Regenwald erhalten bleiben, wie es das Forstgesetz fordert. Die neuen Regelungen gelten in jenen 36 von 603 Regionen Amazoniens in denen 50 Prozent der Abholzung stattfanden. Der WWF begrüßt diese Initiativen, erinnert jedoch die brasilianische Regierung an den dringenden Ausbau des ARPA-Schutzgürtels (Amazon Region Protected Area Programme) auf 500.000 Quadratkilometer bis 2012. „Nur so können die totale Vernichtung des Regenwaldes und die Folgen für das Weltklima aufgehalten werden“, so WWF-Amazonasexperte Emil Benesch.
Als weitere Maßnahme wird in Brasilia gleich nach dem Karneval eine parlamentarische Untersuchungskommission zur Entwaldung in Amazonien eingerichtet. Und auch der Präsident der brasilianischen Rechtsanwaltskammer, Cezar Britto, wurde aktiv. Er beabsichtigt ein internationales Tribunal zur Verteidigung Amazoniens ins Leben zu rufen. Schon im vergangenen Jahr hat die brasilianische Umweltbehörde IBAMA die Kontrollen im Zusammenhang mit illegaler Abholzung in Amazonien intensiviert. 228.450 Festmeter Urwaldholz wurden 2007 beschlagnahmt, 665 LKWs konfisziert, 510 Personen festgenommen und Strafen in der Höhe von 600 Millionen Euro wurden verhängt. Doch die illegalen Holzfäller haben mächtige Verbündete im Ausland. Besonders Europa ist seit Jahrzehnten in Geschäfte mit illegalem Tropenholz verwickelt. Das hat in den letzten 40 Jahren zur Vernichtung von 700.000 Quadratkilometern Regenwald im Amazonasgebiet geführt. Das entspricht der 8-fachen Fläche Österreichs. Die EU-Kommission gibt sogar zu, dass 50 Prozent der in Europa angebotenen Tropenhölzer aus illegalen Quellen stammen. Der WWF geht von weit höheren Werten aus. „Europa ist ein Motor der Zerstörung der Amazonas-Regenwälder. Wir fordern deshalb einen Einfuhrstopp für Tropenholz aus illegalen oder nicht nachvollziehbaren Quellen“, so Benesch.
Illegales Holz ist billiger als Holz aus sozial und ökologisch verantwortungsvoller Waldwirtschaft. Nach den Berechnungen des WWF sind rund 80 Prozent des Holzeinschlages in Amazonien illegal. Die Holzfirmen zahlen keine Steuern, Arbeiter werden schlecht bezahlt und die Bäume werden vor allem in Staatswäldern geschlagen. Derzeit kann deshalb ausschließlich das Zertifikat des Forest Stewardship Council (FSC) garantieren, dass ein Holz- oder Papierprodukt aus einer ökologisch und sozial verantwortungsvollen Waldbewirtschaftung stammt und nicht aus illegalen Quellen kommt. Der WWF setzt sich weiterhin dafür ein, den Import von illegal oder nicht nachhaltig eingeschlagenem Holz auch auf EU-Ebene gesetzlich zu verbieten. Da Holzimporte zu einem hohen Anteil aus verarbeiteten Produkten bestehen, muss ein derartiges Verbot, um effektiv zu sein, alle Holzprodukte unabhängig vom Verarbeitungsgrad erfassen. Insgesamt sind im brasilianischen Teil Amazoniens bereits 2,7 Millionen Hektar Regenwald FSC-zertifiziert. „Wir fordern die österreichische Bundesregierung und die EU-Kommission auf, nur zertifiziertes Tropenholz zum Verkauf in Europa zuzulassen. Auf diese Weise können die FSC-Wälder weiter ausgebaut und die Regenwaldzerstörung bekämpft werden“, erklärt Benesch.
Weitere Informationen:
MMag. Franko Petri, WWF Pressesprecher, Tel. 01-48817-231
Weitere Informationen zum Amazonas: www.wwf.at/amazonas.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
Hohe Lebensmittelpreise: WWF fordert Maßnahmen gegen Verschwendung
Reduktion der Verschwendung sollte in jedes Maßnahmenpaket gegen die hohe Teuerung integriert werden – Bundesregierung sollte Lebensmittelspenden erleichtern
UN-Plastik-Verhandlungen: WWF fordert Abkommen gegen tödliche Plastikflut
UN-Plastik-Verhandlungen starten – Plastikmüll als Gefahr für Mensch und Tier – WWF-Weckruf: Tödliche Plastikflut stoppen, bevor es zu spät ist.
WWF-Erfolg: Neuer Meilenstein für Kroatiens Auen
Der erste Kilometer des Bjelobrdska Altarms bei Osijek wurde erfolgreich ausgebaggert – der Auftakt für eine Flusslandschaft, die wieder lebendiger wird. Denn die Renaturierung im 5-Länder-Biosphärenpark Mur-Drau-Donau kommt sowohl dem Auwald als auch vielen Arten zugute.
WWF-Erfolg: Rekord bei Störchen, Jubiläum bei Konik-Pferden
Gleich zwei besondere Erfolge aus unserem WWF-Auenreservat Marchegg können wir derzeit feiern: Bei den Weißstörchen wurden die meisten Brutpaare seit 25 Jahren gezählt. Bereits seit 10 Jahren beweiden Konik-Pferde das Gebiet – und sorgen für einen wahren Arten-Boom.
Welterschöpfungstag am 24. Juli: WWF fordert Kurswechsel zum Schutz des Planeten
Umweltschutzorganisation plädiert für Energiespar-Offensive, Bodenschutz-Vertrag und ambitionierte Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes
Neue WWF-Studie: Ankerschäden bedrohen artenreiche Seegraswiesen im Mittelmeer
Urlaubssaison am Mittelmeer: Seegraswiesen durch ankernde Boote stark gefährdet – Wichtiger Lebensraum beheimatet über 400 Tier- und 1.000 Pflanzenarten – WWF fordert Ausweitung von Schutzzonen
Vielfalt braucht Weide: “Arten-Boom” im WWF-Auenreservat Marchegg
Zehn Jahre Beweidung mit Konik-Pferden sorgt für mehr Artenvielfalt – Naturschutzorganisation empfiehlt Ausweitung naturnaher Beweidungsprojekte in Österreich
WWF-Erfolg: Pinger-Projekt schützt Flussdelfine in Brasilien
Immer weniger Konflikte zwischen Fischer:innen und Delfinen: Am Tapajós-Fluss zeigt der Einsatz von Pingern erste vielversprechende Erfolge zum Schutz der bedrohten Tiere.