Politische Ziele bislang deutlich verfehlt, Prognose negativ – WWF fordert Kurswechsel mit Bodenschutz-Vertrag
Massiver Protest gegen geplanten „Infrastruktursenat“

Wien, 22. Juni 2011 – Zeitgleich mit der Sitzung des Bürgerinitiativen-Ausschusses protestierten Greenpeace, GLOBAL 2000 und WWF heute Vormittag vor dem Parlament gegen die geplante Einführung eines „Infrastruktursenats“. Angesiedelt im Verkehrsministerium, soll dieser in Zukunft die Letztinstanz im Genehmigungsverfahren von strittigen Straßen- und Bahnprojekten im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) werden. In einer beispiellosen Nacht-und-Nebel-Aktion hatten SPÖ und ÖVP vergangenen Freitag einen dementsprechenden Initiativ-Antrag im Parlament eingebracht.
„Mit dem Infrastruktursenat schafft sich die Regierung einen Freifahrtschein für ihre Verkehrsprojekte. Wenn strittige Straßengenehmigungsverfahren künftig im selben Ministerium starten und enden, bleibt das Recht der österreichischen Bevölkerung auf eine unabhängige Prüfung und neutrale Letztentscheidung auf der Strecke“, warnen die Umweltorganisationen vor der drohenden Beschneidung von Bürgerrechten.
Bereits am kommenden Dienstag wird der Verfassungs-Ausschuss des Parlaments mit dem Gesetzesantrag befasst, danach geht dieser direkt ins Plenum zur Abstimmung. Auf das sonst in Österreich übliche Verfahren, geplante Gesetze vorab breit zur Kommentierung auszuschicken, ist in diesem Fall offensichtlich verzichtet worden. Die Umweltorganisationen sind empört: „SPÖ und ÖVP wollen ein Gesetz durchpeitschen, mit dem Transit-Autobahnen ohne faire Bürgerbeteiligung gebaut werden können. So entfernt sich die Politik immer weiter von der Bevölkerung und verrät den Schutz der Umwelt“, empört sich Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit und stößt mit Klaus Kastenhofer, Geschäftsführer von Global 2000 ins selbe Horn: „Das Recht auf eine unabhängige Beurteilung der Umweltschutzargumente wird den BürgerInnen genommen. Umweltschutz kommt so unter die Räder der Straßenverkehrslobby.“ Der stellvertretende WWF-Geschäftsführer Andreas Wurzer ergänzt: „Wir wehren uns dagegen, dass die Bundesregierung gravierende Verfassungsänderungen durchpeitscht, um einen wirksamen Naturschutz auszuhöhlen.“
Im Falle eines Gesetzesbeschlusses drohen die rechtlichen Chancen, unsinnige und unökologische Verkehrsprojekte zu verhindern, gegen Null zu gehen. Umweltorganisationen, Bürgerinitiativen und Einzelkämpfer, die sich im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen etwa gegen den Bau von neuen Transit-Autobahnen in Österreich wehren, sollen damit offenbar ausgebremst werden.
Gemeinsam fordern die Umweltorganisationen, diese Kompetenz beim unabhängigen Umweltsenat zu belassen, welcher derzeit die zuständige Letztinstanz für alle anderen UVP-Projekte wie Müllverbrennungsanlagen oder Autorennstrecken ist. Im Rahmen des heutigen Protestes, der auch von Bürgerinitiativen unterstützt wurde, schickten die Umweltorganisationen einen eingehenden Appell an die drei Oppositionsparteien. Da es aufgrund der einhergehenden Änderung der Verfassungsbestimmung die Zustimmung mindestens einer Oppositionspartei braucht, sind diese aufgefordert, dem Antrag nicht zuzustimmen.
Rückfragehinweis:
- Herwig Schuster, Greenpeace, Tel.: +43-664-4319214
- Simonne Baur, Global 2000, Tel.: +43 699 14200023
- Clemens Konrad, Ökobüro, Tel.: +43-1-524-9377-13
- Franko Petri, WWF, Tel.: +43 1-48817-231
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF warnt vor Folgen der Regenwald-Zerstörung für Artenvielfalt und Klima
Tag des Regenwaldes am 22. Juni: Regenwälder schrumpfen weltweit, im Amazonas besonders rasant – WWF fordert verstärkten Schutz und entschlossenen Kampf gegen weltweite Entwaldung
WWF: Dramatischer Befund der Wissenschaft zur Klimakrise
Der “Zweite Österreichische Klima-Sachstandsbericht” zeigt Probleme und Maßnahmen gegen die Klimakrise – WWF ruft Politik zum Handeln auf
WWF begrüßt Pfundser Ergebnis gegen Ausbau Kraftwerk Kaunertal
Bevölkerung von Pfunds lehnt Ausbauprojekt ab – WWF fordert Absage des Planungsfossils und Prüfung von Alternativen
Good News: Berggorilla-Check in Uganda gestartet
Wie viele Berggorillas leben noch im Bwindi-Sarambwe-Gebiet? Diese Frage soll eine aktuelle Erhebung beantworten. Erstmals werden auch Schimpansen gezählt.
WWF: Luchse in Österreich nach wie vor gefährdet
Nur maximal 35 Individuen in ganz Österreich – Lebensraumzerschneidung isoliert Bestände – WWF fordert bessere Raumplanung und Bekämpfung der Wildtierkriminalität
WWF: Neue Studie zeigt Leistbarkeit gesunder und biologischer Ernährung
Warenkorb-Untersuchung: Gesündere Ernährung und weniger Verschwendung ermöglichen Bio-Qualität ohne Mehrkosten – Vorteile für Umwelt, Gesundheit und Haushaltsbudget
Neue Studie: Pumpspeicher im Platzertal könnte “Milliardengrab” werden
Studie zu Kaunertal-Ausbau zeigt fehlende Wirtschaftlichkeit – Projekt wäre teuerstes Pumpspeicherkraftwerk Österreichs – WWF fordert Wirtschaftlichkeitsprüfung aller Alternativen
Wie Wale wandern: WWF veröffentlicht digitale Plattform zum Schutz “mariner Superhighways”
Schiffsverkehr, Lärm und Verschmutzung stören die Wanderrouten der Wale zunehmend – WWF veröffentlicht interaktives Online-Tool zum Schutz der Ozeanriesen