Rechnungshof-Bericht fordert mehr Verbindlichkeit beim Bodenschutz – WWF sieht sich in Forderungen bestätigt und kritisiert “zahnlose Bodenpolitik”
Skandalkraftwerk Sulm: Bauarbeiten haben heute begonnen

Graz, Wien, am 15. Mai 2013 – Das jahrelange Match um die Errichtung des Kraftwerks Schwarze Sulm geht in die entscheidende Runde. Aufgrund von Formalfehlern im Wasserrechtsgesetz und geradezu sträflich untätiger Politiker, verfügen die Projektwerber Peter Masser und Alfred Liechtenstein über derzeit noch gültige Baubescheide. Seit heute 8.30 Uhr lassen sie im steiermärkischen Schwanberg an der Sulm die Bagger auffahren. Im Gegensatz zur Politik, allen voran Landeshauptmann Franz Voves und Landesrat Gerhard Kurzmann, schläft jedoch die Zivilgesellschaft nicht: „Der überwiegende Teil der naturinteressierten Bevölkerung und das Lebensministerium lehnen dieses Kraftwerk ab, und nun sollen wir dafür auch noch Bußgelder in Millionenhöhe an die EU zahlen“, ist Arno Mohl vom WWF über den heutigen Baubeginn empört. Gemeinsam mit lokalen Betroffenen, Grundbesitzern und Naturschützern des Umweltdachverbandes, sowie den Grünen und dem Arbeitskreis für den Schutz der Koralpe, protestiert der WWF heute vor Ort auf der Baustelle. Aufgrund der Proteste, mussten die ersten Rodungsarbeiten wieder eingestellt werden und ruhen derzeit.
Der überstürzte Baubeginn kann wohl nur damit begründet werden, dass die naturschutzrechtliche Genehmigung für dieses Kraftwerksvorhaben Ende Juli 2013 ausläuft. „Als Akt der Verzweiflung soll wohl nun rasch mit Bauarbeiten begonnen werden, damit diese Genehmigung nicht verfällt“, vermutet Christoph Walder, WWF-Wasserkraftexperte. Denn derzeit läuft neben einem EU-Vertragsverletzungsverfahren auch noch die Überprüfung der wasserrechtlichen Genehmigung nach Paragraph 21 a WRG durch das Land Steiermark. "Landeshauptmann Franz Voves soll endlich der Meinung des Umweltministers folgen und das Kraftwerk laut Wasserrecht ablehnen", fordert der WWF.
„Wenn Landeshauptmann Voves nicht handelt, bleibt nur eine Möglichkeit, um die Strafzahlungen aus Brüssel von Österreich fernzuhalten: Nikolaus Berlakovich muss den Wasserrechtsbescheid selbst aufheben, um schweren volkswirtschaftlichen Schaden von Österreich abzuwenden“, so Walder. Denn Österreich drohen Bußgelder in der Höhe von 60 Millionen Euro pro Jahr, wenn der Europäische Gerichtshof die Republik wegen der Nichteinhaltung von EU-Richtlinien verurteilt. Umweltminister Berlakovich könnte dies verhindern, indem er den Paragraph 68 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) zur Anwendung bringt, um den Genehmigungsbescheid aufzuheben.
Die Schwarze Sulm ist ein 83 Kilometer langer Nebenfluss der Mur und als Natura 2000 Gebiet nach der EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ausgewiesen. Außerdem ist die Sulm Österreichs erstes Flussheiligtum. Die vom Kraftwerk betroffene Hang- und Schluchtstrecke weist 45 schutzwürdige Biotope auf, die vielen unter strengem Schutz stehenden Tier- und Pflanzenarten wie etwa dem höchst gefährdeten Steinkrebs, Heimat bieten. In einem Natura 2000 – Gebiet wie der Schwarzen Sulm, darf die Gewässerqualität nicht verschlechtert werden.
Rückfragehinweis und Aktionsfotos:
Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF Österreich, Tel. 01/48817-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
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