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Tiger-Handel im großen Stil mitten in Europa
Man muss nicht bis nach Amerika oder Asien blicken oder sich die Netflix-Serie „Tiger King“ anschauen, um Tigerzüchter oder misshandelte Tiger zu finden. Die gibt es auch mitten in der EU. Europa ist ein Drehkreuz des weltweiten Tiger-Handels – trotz strengem Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES). Das ergibt der neue WWF-Report „Falling Through the System“ (2020). Einige EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien, Belgien oder Frankreich, gehören sogar zur weltweiten Top 30 der Importeure und Exporteure von Tigern.
Es ist alarmierend, dass die europäischen Gesetze nicht verhindern, dass Europa Teil des globalen Tigerschmuggels ist. Wir fordern daher nicht nur die Schließung der asiatischen Tigerfarmen, sondern auch bessere Kontrollen, mehr Transparenz und strengere gesetzliche Rahmenbedingungen in Europa.
Bedeutende Tiger-Handelsrouten zwischen Europa und Asien
Nicht einmal 4000 Tiger streifen 2020 noch durch die freie Wildbahn. Europas kommerzieller, schlecht regulierter oder illegaler Handel mit Tigern und Tigerprodukten stimuliert die globale Nachfrage. Das befeuert letztlich die Wilderei und gefährdet so die letzten wildlebenden Großkatzen. Mehrere EU-Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien oder Frankreich, zählen zur weltweiten TOP 30 der Exporteure bzw. Importeure von Tigern. Wie der WWF-Report „Falling Through the System“ (2020) zeigt, gibt es bedeutende Tiger-Handelsrouten zwischen Europa und Asien.
Was passiert mit Tigern in Europa?
Gehandelt werden lebende Tiger, ihre Körperteile und Tigerprodukte wie Talismane, Dekoration, Schmuck oder medizinische „Wundermittel“. Von 2013 bis 2017 wurden laut WWF-Report 187 lebende Tiger aus der EU in Drittländer ausgeführt. 43 Großkatzen zu „kommerziellen Zwecken“, wie beispielsweise für die Zucht. 73 Tiere landeten in Zirkussen und Freizeitparks rund um den Globus. Auch außerhalb von Zoos werden zahlreiche Tiger gehalten. Allerdings kennen wir weder die genaue Zahl noch den genauen Ort, da jedes Land unterschiedliche nationale Bestimmungen hat. Darüber hinaus wurden 95 Tigerprodukte beschlagnahmt. Die meisten Konfiszierungen meldeten das Vereinigte Königreich, Österreich, Deutschland, die Niederlande und Spanien.
Die Analyse der CITES-Handelsdaten in der vorliegenden Studie deutet zudem darauf hin, dass der „Warentyp“, der zwischen 2013 und 2017 in den größten Mengen direkt in die EU importiert und aus der EU exportiert wurde, lebende Tiger waren. Einige EU-Mitgliedstaaten exportieren Tiger auch in Länder mit mutmaßlich illegaler Tigerzucht, wie z.B. Vietnam, Thailand oder China.
Tiger-Handel in Österreich
Erst im letzten Jahr (2019) wurden zwei Tiger-Jungtiere durch die Behörden in einer privaten Wohnung in Hainburg (Niederösterreich) beschlagnahmt. Vermutlich waren die Jungtiere für den Verkauf auf dem Schwarzmarkt bestimmt. Tiger-Babys sind auf dem Schwarzmarkt heiß begehrt und werden für mehrere tausend Euro gehandelt. Österreich hat zwischen 2013 und 2017 sechs lebende Tiger und zwei Tiger-Felle exportiert. Bei den Beschlagnahmungen in diesem Zeitraum liegt Österreich nach dem Vereinigten Königreich an zweiter Stelle. Immer wieder werden zum Beispiel am Flughafen Wien Tiger-Produkte wie angebliche Wundermittel oder Schmuckgegenstände konfisziert.
Straf- und Rückverfolgung sehr schwer
In den sechs europäischen Zielländern, die in dem Report untersucht wurden, existieren, mit Ausnahme der Tschechischen Republik, keine Zentralregister mit Informationen über Einrichtungen, in denen Tiger gehalten werden – inklusive Daten, die eine Rückverfolgung zulassen über Art, Identifizierung, Nachkommen, Datum und Grund des Todes, Markierung und Exporte. Zudem mangelt es an Aufzeichnungen über strafbares oder fahrlässiges Verhalten von Unternehmen oder Einzelpersonen und den dazu relevanten Unterlagen. Das erschwert die Strafverfolgung in Bezug auf den illegalen Handel mit Tigern aus Gefangenschaft erheblich. Ein wichtiger Ansatz wäre also, gute und bereits existierende Mechanismen zur Nachverfolgung einzelner Tiger stärker zu nützen – wie zum Beispiel die Datenbanken und Register aus Zoologischen Gärten und Behörden.
WWF-Report „Falling Trough The System“
Seit über einem Jahrzehnt häufen sich die Belege dafür, dass Tiger für den Handel in Gefangenschaft gezüchtet werden. Anlass der Studie „Falling Through The System” waren Ermittlungen in der Tschechischen Republik im Jahr 2018, die aufdeckten, dass dort organisierte, kriminelle Gruppen an der Zucht von Tigern in Gefangenschaft zum Zweck des illegalen Exports nach Asien beteiligt waren. Die Behörden deckten damals ein komplexes Netzwerk von privaten Züchter*innen, Mittelsmännern/-frauen und Händler*innen auf, die die Schwächen in den nationalen rechtlichen Bestimmungen und Vollstreckungsmaßnahmen in Bezug auf die Haltung und Zucht von Tigern in Gefangenschaft ausnutzten.
Tiger in freier Wildbahn
Vor 100 Jahren streiften mehr als 100.000 wilde Tiger durch Asien. Vor zehn Jahren (2010) waren es gerade noch 3.200 Tiere. Die Wende brachte der Tigergipfel im russischen St. Petersburg – 2010 verpflichteten sich alle Regierungen der dreizehn Tigerstaaten, die Zahl freilebender Tiger bis 2022 zu verdoppeln. Dass heute wieder etwa 3.890 Tiger in freier Wildbahn leben, ist insbesondere dem erfolgreichen Tigerschutz in Nepal, Indien und Russland zu verdanken. Neben der Lebensraumzerstörung bleibt die Wilderei die größte Bedrohung für die letzten wilden Tiger.
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