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Vernichtendes Urteil für Kaunertal-Kraftwerk: UVP-Behörde sagt Nein
Innsbruck, am 26. Juni 2013 – Obwohl laut TIWAG nichts unversucht gelassen wurde, eine ökologisch möglichst „schonende“ Bauausführung zu gewährleisten, erntet das Prestigeprojekt Kaunertal gleich in der ersten Evaluierung harsche Kritik. Fast ein Jahr nach der Einreichung zur UVP am 4. Juli 2012, stellt die Landesbehörde in einem Verbesserungsauftrag von Mai 2013 fest, dass das Kraftwerksvorhaben in der von der TIWAG geplanten Form nicht machbar ist. Die Behörde zweifelt die Genehmigungsfähigkeit gleich in sechs Fachbereichen an.
So stellt die UVP-Behörde fest, dass „durch den großräumigen Flächenverlust von Naturraum, der Störwirkung und der Abminderung der Lebensraumqualität in einem Ausmaß betroffen sind, welches durch die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen nicht ausreichend abgemindert werden kann.“ Thomas Diem vom WWF sagt: „Jetzt ist es amtlich: das Kaunertal-Kraftwerk kann aus ökologischer Sicht nicht umgesetzt werden, weil irreversible Schäden, wie sie durch die Zerstörung von hochalpinen Mooren, die Zerschneidung von intakten Flüssen und Eingriffen in das Natura 2000 – Gebiet Ötztaler Alpen entstehen, einfach nicht ausgeglichen werden können!“
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Hochwasserschutz: Wenn zwei gravierende Hochwasserereignisse wie 1987 kurz hintereinander auftreten, könnte das Fassungsvermögen des Gepatsch-Speichers zu klein werden. Im Extremhochwasserfall werden in der Gurgler und Venter Ache Gesteinsbrocken in der Größe eines PKW bewegt. Darauf haben Ötztaler Bürger bereits wiederholt hingewiesen. „Wenn man solchen Gesteinsbrocken eine Staumauer in den Weg stellt, verstopfen sich bei einem brutalen Hochwasser die Wasserausleitungen!“, so Reinhard Scheiber aus Obergurgl. „Wir haben Angst, dass dann das ganze Ötztal schwimmen würde! “Auch im Zusammenhang mit dem Geschiebetransport werden Zweifel an der Genehmigungsfähigkeit des Projekts laut. Die Berechnung der gesamten Flutwelle im Falle eines Buchs des Staudamms Platzertal basiert gar auf einer schon fast 50 Jahre alten Untersuchung.
Was die Belastungen der Anrainer durch Emissionen betrifft, wird im Verbesserungsauftrag festgestellt, dass „die gesundheitsbezogenen Grenz- und Richtwerte zum Teil erheblich überschritten werden“. Ein Umstand, den die Bürgerinitiative Lebenswertes Kaunertal stets bemängelt hat: „Das Kaunertal, das die überwiegende Last der Baustelle zu tragen hätte, müsste über Jahre hinweg gesundheitsgefährdende Belastungen hinnehmen. Wir sind froh, dass die UVP-Behörde eine unserer Hauptsorgen bestätigt. Wir werden nicht akzeptieren, dass dieses Wahnsinnsprojekt auf Kosten unserer Gesundheit auf Biegen und Brechen umgesetzt wird!“, erklärt Anita Hofmann.
Was aus Sicht des WWF dem Fass den Boden ausschlägt, ist der Versuch der TIWAG-Lobbyisten, sich durch die Hintertür auf europäischer Ebene eine Genehmigung zu erschleichen, wenn man schon bei der österreichischen UVP-Behörde auf Granit beißt. Die TIWAG will das Projekt in die Liste jener wichtigen europäischen Energie-Infrastrukturprojekte aufnehmen lassen, für die zukünftig ein europäisches Öffentliches Interesse besteht. Für Diem „ein klarer Missbrauch eines ambitionierten EU-Instrumentes, um einem derart unausgegorenen Projekt, das die Behörde in wesentlichen Bereichen als nicht genehmigungsfähig bezeichnet, ein Öffentliches Interesse zu verschaffen“.
Der WWF fordert Landeshauptmann Günther Platter und Umweltminister Nikolaus Berlakovich auf, die TIWAG zu einer substanziellen Umplanung ihrer Kraftwerksvorhaben im Tiroler Oberland zu veranlassen und sicherzustellen, dass dieses ökologisch unvertretbare Projekt von allen nationalen und internationalen Planungen verschwindet.
Link zum Verbesserungsauftrag der UVP-Behörde: http://www.eeb.org/EEB/index.cfm/news-events/news/selection-of-energy-projects-of-common-interest/
Rückfragehinweis:
Claudia Mohl, WWF-Pressesprecherin, Tel. 01/488 17-250, E-Mail: claudia.mohl@wwf.at
Thomas Diem, Kampagnenleiter Kaunertal, Tel. 0676/83 488 304, E-Mail: thomas.diem@wwf.at
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