WWF erkämpft Akteneinsicht in Landes-Gutachten und belegt unvollständige Tiwag-Unterlagen – Sachverständige sehen offene Gefahren – WWF fordert Stopp des UVP-Verfahrens
WWF-Ausstellung „Mythos Wasserkraft“ in Salzburg
Wien, Salzburg, 1. Mai 2011 – Wasserkraft ist sauber, klimaneutral und macht Österreich unabhängig von Kohle und Atom. Kaum eine Energiequelle hat ein besseres Image. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich: Wasserkraftwerke jeder Art bedeuten massive Eingriffe in die Natur, tragen zum Artenschwund bei und verschlechtern die Ökosystem-Dienstleistungen gesunder Flüsse. Mit der Ausstellung „Mythos Wasserkraft“, die am 30. April am Salzburger Makartsteg gezeigt wurde und bis zum 12. Mai durch Österreich tourt, will der WWF die Wasserkraftdiskussion auf die fachliche Realität zurückholen und zu einer nachhaltigen Energiediskussion beitragen.
„Gerade die Salzach hat ihr Soll für die Stromgewinnung eigentlich bereits geleistet“, erklärt Christoph Walder vom WWF. Sie gehört zu jenen Flüssen Österreichs, die durch Kraftwerke und Eintiefung der Flusssohle bereits stark an Natürlichkeit verloren und ihre ursprünglichen Auen teilweise eingebüßt haben. „Statt weitere Belastungen durch immer neue Kraftwerke zu verursachen, sollte die Landesregierung der Salzach wieder Lebensraum zurückgeben“, fordert auch Hannes Augustin vom Naturschutzbund Salzburg. Für das geplante Kraftwerk Stegenwald fordern die Naturschützer das sofortige Aus. Bei den Kraftwerken an der oberen Salzach sei man unter gewissen Rahmenbedingungen gesprächsbereit.
Der WWF überprüft in seiner aktuellen Ausstellung den Wahrheitsgehalt energiewirtschaftlicher Argumente im Wettlauf um die letzten nutzbaren Fluss-Strecken. 160 große und mittlere neue Kraftwerksvorhaben bedrohen Österreichs Flussjuwele. Oftmals liegen die Projekte mitten in strengen Schutzgebieten oder Nationalparkregionen. Ökologisch und sozial verträglicher Ausbau der erneuerbaren Energien und die längst überfällige Nutzung der brachliegenden Einsparpotentiale lautet das Gegenrezept des WWF.

Mythos: Wasserkraftausbau macht uns energieautarkÖsterreichs Stromhunger kann durch Wasserkraft nicht gedeckt werden, wenn der Verbrauchszuwachs von derzeit zwei Prozent pro Jahr weiterhin alles auffrisst. „Wir sind nicht gegen den weiteren Ausbau der Wasserkraft, aber er muss mit Maß und Ziel erfolgen“ erklärt Christoph Walder vom WWF. „Sonst sind in ein paar Jahren die letzten Flüsse zerstört und das Energieproblem bleibt dennoch ungelöst“. Fakt ist, dass Österreich 2009 als Teil des europäischen Strommarktes mit rund 70.000 GWh gleich viel Strom erzeugt wie verbraucht hat.
Mythos: Wasserkraft ist eine umweltfreundliche EnergiequelleÖsterreichs 4.034 Wasserkraftwerke haben unsere Fließgewässer bereits massiv beeinträchtigt. 70 Prozent der heimischen Flüsse und Bäche liefern schon Strom. Ihr Wasser ist zwar sauber – aber Gewässergüte, Grundwasserqualität und Selbstreinigungskraft laufen Gefahr, ins europäische Schlussfeld abzurutschen. Mit der Degradierung der Flüsse geht die Zerstörung ihrer Auen als wichtige Lebensräume bedrohter Arten und als Retentionsraum im Hochwasserfall einher. Wenn wir auch in Zukunft sauberes Trinkwasser wollen, müssen wir den Wasserkreislauf mit Flüssen, Seen, Feuchtgebieten und Grundwasserspeichern schützen.
Mythos: Saubere Wasserkraft ersetzt schmutzige Kohle In den großen Pumpspeicherkraftwerken der Alpen wie Kaprun müssen riesige Wassermengen bewegt werden. „Mit billigem Atom- und Kohlestrom aus dem Ausland wird das Wasser in den Speichersee hinaufgepumpt und dann am nächsten Tag über die Turbinen als ‚sauberer Strom aus heimischer Erzeugung’ abgearbeitet – das reinste Greenwashing“, klärt Walder auf. Weil Pumpspeicherkraftwerke vor allem Spitzenstrom für den Export liefern, tragen sie auch kaum zu Österreichs Versorgungssicherheit bei.
Mythos: Small is beautiful – Kleine Kraftwerke sind unbedenklicher als GroßeKleinwasserkraftanlagen mit einer Leistung unter zehn Megawatt haben auf Ökosysteme sogar schlimmere Auswirkungen als große. Das liegt einerseits an der großflächigen Auswirkung der zahlreichen Anlagen – derzeit etwa 3. 380 – auf die Natur, und andererseits an der geringen Energieausbeute im Vergleich zum Gewässerverbrauch von etwa 200 Metern pro Gigawattstunde und Jahr. Kleine Kraftwerke zerstören demnach für die gleiche Energieausbeute im Vergleich bis zu acht Mal mehr Flussnatur als Großkraftwerke.
WWF-Lösung: Nicht mehr erzeugen, sondern intelligenter verbrauchenDer in der Energiestrategie Österreichs angestrebte Ausbau der Wasserkraft um sieben Terrawattstunden bis 2020 deckt nur den Verbrauchszuwachs, nicht jedoch den Gesamtbedarf an Strom ab. „Viel wichtiger als neue Kraftwerksbauten ist, endlich die riesigen Potentiale zu nutzen, die in der Energieeffizienz brachliegen“, erklärt Walder. In Einsparungen und der Nutzung und Förderung moderner technischer Lösungen etwa in den Bereichen Gebäudesanierung, Beleuchtung, Warmwasseraufbreitung und Verkehr liegt vier Mal mehr energetisches Potential als im Totalausbau der Wasserkraft.
Studie und Factsheet „Mythos Wasserkraft“ zum Download: www.fluessevollerleben.at
Weitere Informationen und Pressefotos:Claudia Mohl, Pressesprecherin WWF, Tel. 01/48817-250
Email: claudia.mohl@wwf.at, Website: www.fluessevollerleben.at
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