Ein Jahr vor EU-Deadline sind zentrale Fragen immer noch offen – Lücken und Defizite bei Finanzierung und Einbindung der Öffentlichkeit
WWF zu Doha: Klimaschutz darf nicht zu Wüstenbasar werden

Wien/Doha, 22. November 2012 – Wenn die Verhandlungen auf der am Montag beginnenden UN-Klimarahmenkonferenz in Doha (COP 18) scheitern, droht uns eine „Vier-Grad-Plus-Welt, warnt die Umweltorganisation WWF, die mit einer internationalen Delegation im Wüstenstaat Katar vertreten sein wird. „Derzeit sind die Verhandlungen durch einen Mangel an Vertrauen der Staaten in einer Zwickmühle blockiert. Die Industriestaaten wollen die Entwicklungsländer zu hohen Reduktionszielen verpflichten, kamen aber selber ihren finanziellen Verpflichtungen für die Bekämpfung der Folgen in den armen Ländern noch nicht ausreichend nach. Es geht um die Zukunft des Planeten. Die Entscheidungen in Doha sind zu wichtig, dass sie zum Wüstenbasar werden“, sagt WWF-Geschäftsführer Gerald Steindlegger. Der WWF fordert den nahtlosen Übergang des Kyoto-Protokolls in die zweite Periode, einen globalen Klimaschutzvertrag zur Reduktion der Treibhausgase bis spätestens 2020, eine ausreichende Finanzierung der Anpassungsmaßnahmen und die Regulierung der Emissionen aus dem Flug- und Schiffsverkehr.
Das Jahr 2012 war ein Jahr der Wetterextreme, die die verhandelnden Regierungsvertreter aufwecken sollten. Dürren und massive Ernteausfälle in Afrika und den USA, Superstürme, das Abschmelzen des arktischen Eises und das Schmelzen der Gletscher sind Alarmsignale für eine veränderte Welt. Gleichzeitig erreichte die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre heuer ihren Höhepunkt. „Diese Warnsignale waren erst Schüsse vor den Bug im Vergleich zu dem was uns noch in den nächsten Jahrzehnten droht, wenn die Verhandlungen erfolglos bleiben“, so Steindlegger.
Der WWF fordert für die Klimakonferenz in Doha den nahtlosen Übergang des Kyoto-Protokolls in seine zweite Verpflichtungsperiode ab 1. Jänner 2013. Bisher haben nur die EU, die Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Island, Norwegen, Kroatien, Kasachstan, die Ukraine, Weißrussland und Australien für die zweite Periode zugesagt. Diese Staaten emittieren aber nur 15 Prozent der weltweiten Treibhausgase. Die Staaten, die für die anderen 85 Prozent zuständig sind, müssen bis 2015 ein faires, ambitioniertes und bindendes Abkommen für alle Länder beschließen, das 2020 in Kraft treten muss. Besonders die USA, Japan, Russland und Kanada sind verantwortlich, diesen Prozess in Doha anzuführen.
Eine wichtige Forderung des WWF ist der Stopp der weltweiten Entwaldung bis 2020 durch das Waldschutzinstrument REDD+ (Reduktion der Emissionen aus der Waldzerstörung). Durch die Abholzung der Wälder entstehen derzeit bis zu 20 Prozent aller Treibhausgase und dadurch wird der Lebensraum zahlloser Tiere und Pflanzen vernichtet. „Wälder sind die Schatzkammern des Lebens. Ohne Waldschutz gibt es keinen Klimaschutz und kein Überleben für Tausende Tier- und Pflanzenarten. Die Staatengemeinschaft muss wirksame Schutzmechanismen beschließen um den Raubbau sofort zu stoppen“, fordert Steindlegger. Konkret muss die Langzeitfinanzierung von REDD+ und die Einbindung in den Grünen Klimafonds sichergestellt werden.
Für die Finanzierung des globalen Klimaschutzes fordert der WWF einen konkreten Finanzierungsplan ab 2013. Bis 2020 müssen jährlich 100 Milliarden US-Dollar im Grünen Klimafonds für die Reduktion der Treibhausgase und die Anpassung an die verheerenden Folgen der Erderwärmung in Entwicklungsländern bereit stehen. Ein Teil des dafür benötigten Geldes muss aus der Bepreisung der Flug- und Schiffsemissionen kommen. Denn diese verursachen zehn Prozent der weltweiten Treibhausgase jährlich. „Anstatt diese Verbrennungsmaschinerie von fossilen Treibstoffen mit Steuergeldern zu subventionieren, müssen sich die Unternehmen zu ihrer Klimaverantwortung bekennen und von den Staaten in die Pflicht genommen werden“, so Steindlegger.
Für Rückfragen:
MMag. Franko Petri, WWF-Pressesprecher, Tel. 01-48817-231, E-Mail: franko.petri@wwf.at.
Für den WWF werden auch deutschsprachige Experten vor Ort in Doha für Interviews bereit stehen.
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF-Erfolg: Tiger kehren in indischen Nationalpark zurück
Seit 2020 unterstützt der WWF ein Umsiedlungsprojekt im Rajaji-Nationalpark in Nordindien. Nun streifen wieder Tiger durch das Schutzgebiet – und sogar Tigernachwuchs wurde gesichtet!
WWF-Erfolg: 15 Sambars in Thailand freigelassen
Im Salakpra Wildlife Sanctuary wurden 15 Sambarhirsche in die Freiheit entlassen. Die Rückkehr der gefährdeten Pflanzenfresser ist ein wichtiger Schritt, um das Ökosystem zu stärken.
WWF: Pottwale, Finnwale und Delfine im Mittelmeer zunehmend bedroht
Schiffsverkehr gefährdet seltene Meeressäuger im Mittelmeer – WWF fordert Tempolimits und Ausweichrouten, um Kollisionen zu verhindern und ist im Einsatz gegen Geisternetze
WWF kritisiert Ausverkauf von Tiroler Naturschätzen
Geplantes Gesetzespaket der Landesregierung weicht Naturschutz auf und begünstigt Konzerne – WWF fordert Aus für “Ablasshandel” und grundlegende Überarbeitung des Entwurfs
Entsiegeln statt versiegeln: WWF fordert Hitzeschutz-Programm
Anhaltende Verbauung und Versiegelung verschärfen Hitze – WWF fordert Entsiegelungs-Offensive, Begrünung in den Städten und Limit für den Bodenverbrauch
Hohe Lebensmittelpreise: WWF fordert Maßnahmen gegen Verschwendung
Reduktion der Verschwendung sollte in jedes Maßnahmenpaket gegen die hohe Teuerung integriert werden – Bundesregierung sollte Lebensmittelspenden erleichtern
UN-Plastik-Verhandlungen: WWF fordert Abkommen gegen tödliche Plastikflut
UN-Plastik-Verhandlungen starten – Plastikmüll als Gefahr für Mensch und Tier – WWF-Weckruf: Tödliche Plastikflut stoppen, bevor es zu spät ist.
WWF-Erfolg: Neuer Meilenstein für Kroatiens Auen
Der erste Kilometer des Bjelobrdska Altarms bei Osijek wurde erfolgreich ausgebaggert – der Auftakt für eine Flusslandschaft, die wieder lebendiger wird. Denn die Renaturierung im 5-Länder-Biosphärenpark Mur-Drau-Donau kommt sowohl dem Auwald als auch vielen Arten zugute.