Artenlexikon
Der Seiwal – flotter Wanderer

Artenlexikon:

wissenschaftlicher Name
Balaenoptera borealis
Icon Unterarten
Familie
Furchenwale
Aktueller Bestand
50000 (IUCN 2018)
Gefährdungsstatus
Gefährdet (IUCN, 2018)

Verbreitung

Atlantischer Ozean
Pazifischer Ozean
Nord-Atlantik, Nord-Pazifik, warme Meere der Südhalbkugel
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Seiwal

Der Seiwal weist die typische schlanke Gestalt der Furchenwale auf. Gegenüber dem Brydewal, mit dem er leicht zu verwechseln ist, hat er eine verhältnismäßig große Rückenfinne und nur einen Längskiel statt drei auf der Kopfoberseite. Die schnellen Schwimmer legen oft in kurzer Zeit enorme Distanzen zurück. Der Seiwal gilt auf Grund seiner Schwimmgeschwindigkeit mit über 50 Kilometern pro Stunde, als eine der schnellsten Walarten.

Körperliche Merkmale

Charakteristisch für die schlanken Wale ist die weit hinten sitzende, hakenförmige Rückenfinne, die eine Höhe von 25 bis 61 Zentimetern erreicht. Die Haut der Säugetiere ist stahlgrau, am Bauch und entlang der Finnen etwas heller. Seiwale gehören zu den Furchenwalen, die ihren Namen von den charakteristischen Kehlfalten – „Furchen“ – erhalten. Diese dehnen sich beim Fressen aus und sorgen so dafür, dass die Wale mehr Wasser durch ihre Barten ziehen können. Insgesamt haben die Wale mehrere hundert grauschwarze, weißrandige Barten, die das Wasser nach Nahrung filtern. Die Weibchen der Seiwale werden meist ein bis zwei Meter größer als die Männchen. Mit ungefähr 25 Jahren sind sie ausgewachsen. Ihre Lebensdauer beträgt etwa 50 bis zum Teil mehr als 70 Jahre.

Die Ähnlichkeit von Seiwal und Brydewal (B. edeni) führte Anfang des 20. Jahrhunderts oft zu Verwechslungen, weshalb die Bestandsgrößen zum Teil falsch berechnet wurden. So wurden viele Fänge von Seiwalen als Bryde- oder sogar Finnwalfänge dokumentiert. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen Sei- und Brydewal sind die Längskiele auf der Kopfoberseite. Seiwale besitzen nur einen Längskiel, Brydewale drei.

Lebensweise und Fortpflanzung

Seiwale schwimmen sehr schnell und können dadurch in kurzer Zeit lange Wege zurücklegen: Ein in der Antarktis markierter und 10 Tage später von Walfängern erlegter Seiwal, hatte in diesem Zeitraum 4.000 Kilometer zurückgelegt. Den Sommer verbringen die Tiere meist in kühleren Gewässern in Polnähe und wandern für den Winter in wärmere Gebiete. Dort kommen auch die Walkälber zur Welt.

Seiwale leben in Gruppen – normalerweise aus zwei bis fünf Tieren, bei großem Nahrungsangebot aber bis zu mehreren Hundert. Bei der Geschlechtsreife der Furchenwale – und damit auch der Seiwale – lässt sich in den letzten Jahren eine Verschiebung beobachten: vor 1935 pflanzten sie sich mit rund elf Jahren fort, heute bereits mit knapp sieben. Forscher erklären das damit, dass die Waldbestände stark zurückgegangen sind und die verbliebenen Tiere mehr Futter finden. So wachsen sie schneller heran. Da der Eintritt der Geschlechtsreife auch an die Körpergröße gebunden ist, erreicht er die erforderliche Größe (durchschnittlich 13 Meter) in einem früheren Alter. Die Paarungszeit der Seiwale erstreckt sich in der nördlichen Hemisphäre von November bis Februar, in der südlichen von Mai bis Juli. Nach zehn bis 12 Monaten kommt meist ein einzelnes Kalb zur Welt, das sechs bis sieben Monate gesäugt wird.

Obwohl Seiwale zum Aufspüren ihrer Beute kein Echolot benutzen, wurde festgestellt, dass sie gelegentlich Schallwellen von sieben bis zehn metallisch klingenden Impulsen aussenden. Die Bedeutung dieser Signale ist bisher nicht geklärt.

Ernährung

Wie alle Bartenwale ernähren sich Seiwale von Plankton und anderen kleinen Meeresorganismen, die in den Barten hängenbleiben. Die Kehlfalten blähen sich dabei auf, so dass sich das Volumen des Mauls erheblich vergrößert. Anschließend wird das Wassers durch die Lücken zwischen den feinen Barten herausgepresst, die Kehlfalten ziehen sich wieder zusammen und die Zunge drückt nach oben. Die Nahrung verfängt sich dabei in den Fransen an den Innenkanten der Barten und kann geschluckt werden. Die Tiere fressen meist bei Nacht und Dämmerung. Ihre Tauchzeiten sind mit fünf bis zehn Minuten nicht sehr lang, auch tauchen sie nicht besonders tief ab. Das Nahrungsspektrum ist größer als das anderer Walarten, oft nehmen sie auch Nahrung von der Wasseroberfläche auf, die sie regelrecht „abschöpfen“. Er schwimmt dabei mit dem Kopf etwas aus dem Wasser schauend und halb geöffnetem Maul durch nährstoffreiche Gebiete. Das planktonreiche Wasser fließt dabei kontinuierlich zwischen den Barten hindurch und wird nach Nahrung durchsiebt. Seiwale fressen am Tag zwischen 200 und 900 Kilogramm Nahrung.

Lebensraum
Meere
Hochseegebiete warm temperierter Meere (seltener in Küstennähe)
Ernährungsart
Plankton
Besonderheiten
Seiwale gehören mit über 50 km/h zu den schnellsten Walen.
Tags
Arten
Artenschutz
Thematisch
Wal

Seiwal und Mensch

Seiwale haben eine dünnere Fettschicht als andere Walarten und schwimmen deutlich schneller. Dadurch sind sie schwerer zu bejagen und haben weniger kommerzielle Bedeutung erlangt. Als allerdings Finn- und Blauwalpopulationen zwischen 1950 und 1970 durch übermäßige Bejagung einbrachen, wurden Seiwale als Ersatz bejagt. 1986 trat das Moratorium der Internationalen Walfangkommission in Kraft, mit dem der kommerzielle Fang auf Großwale verboten wurde – darunter fällt auch der Seiwal. Japan, Norwegen und die Sowjetunion/Russland erhoben Einspruch, was sie offiziell von der Einhaltung des Moratoriums befreite. Die Sowjetunion/Russland stellte nach einer letzten Jagdsaison 1987/88 den Walfang ein, im selben Jahr zog Japan seinen Einspruch zurück. Island stellte den Fang 1989 ein.

Eine Ausnahme im Moratorium – der Walfang zu Forschungszwecken – wurde vor allem von Japan oft als Vorwand genutzt, der wissenschaftliche Nutzen solcher Fänge ist jedoch längst widerlegt. Neben Seiwalen wurden vor allem Mink-, Finn-, und Brydewale gejagt, wenn auch in deutlich geringerer Anzahl als vor Erlass des Moratoriums. Ende 2018 gab Japan bekannt, dass es per 30. Juni 2019 aus der Internationalen Walfangkommission austritt und den kommerziellen Walfang wieder aufnimmt. Das japanische Landwirtschaftsministerium legte daraufhin auch eine Fangquoten für 2019 fest: 52 Minkwale, 150 Brydewale und 25 Seiwale. Japan will die Jagd zukünftig auf die eigenen territorialen Gewässer beschränken. Norwegen hingegen, seit jeher unter Vorbehalt der internationalen Walfangkommission beigetreten, beschränkt seinen Fang auf Zwergwale mit einer jährlichen Fangquote von rund 1000 Tieren.

Neben der direkten Bejagung machen vor allem andere Faktoren den Tieren das Überleben schwer: Meeresverschmutzung insbesondere durch Plastik, Beifang, Kollisionen mit Schiffen, Unterwasser-Lärm und Temperaturveränderungen durch den Klimawandel. Steigende Meerestemperaturen wirken sich auch auf die Krillbestände aus, die die Hauptnahrung der Seiwale darstellen. Auch Lärm – etwa von der Schifffahrt – macht es den Tieren schwerer, sich zu orientieren.

Der Wal in der Kulturgeschichte

Die Wahrnehmung des Wals hat sich in der Kulturgeschichte auf bemerkenswerte Weise gedreht: vom Meeresungeheuer und Feind zum friedlichen Riesen, der zum Symbolbild der menschlichen Zerstörungskraft gegenüber der Natur wird.

Schon in der Steinzeit waren Wale den Menschen bekannt, das zeigen etwa Felsmalereien, die in Norwegen gefunden wurden, genauso wie Werkzeuge, die aus Walknochen gefertigt wurden. Homer, Aristoteles und Plinius beschreiben die Tiere in der römischen und griechischen Antike, es besteht auch die Vermutung, dass das Meeresungeheuer, dem man Andromeda opfern wollte – bevor sie von Perseus gerettet wurde – ein Wal sein könnte. In moderner filmischer Interpretation (etwa in „Kampf der Titanen“ 2010) ist das Biest zum monströs überzeichneten Kraken geworden – wahrscheinlich ebenfalls aufgrund des Imagewandels des Wals.

Der Leviathan, ein Seeungeheuer der Bibel, ist so übermächtig, dass nur Gott es bezwingen kann – in den Darstellungen trägt es Züge von Drache, Schlange, Krokodil und Wal. Von einem Wal verschluckt wird außerdem der Prophet Jona, der im Bauch des Tieres drei Tage und Nächte um Erlösung betet und schließlich ausgespien wird.

Die berühmteste literarische Darstellung vom Wal als Widersacher ist wahrscheinlich Moby Dick, wenn auch das Tier sich in erster Linie in Ahabs Kopf als Antagonist etabliert hat und nicht in der Realität der Handlung. In Melvilles Roman wird der Wal zum Sinnbild sinnloser Rachebesessenheit und fanatischer Jagd, die nur im Verderben enden kann.

Im 20. Jahrhundert ist der Wal als „sanfter Riese“ mit seinen ätherischen Gesängen das Sinnbild des Schadens, den der Mensch an der Natur anrichtet. In Walt Disneys „Free Willy“ ist der Wal durch Gefangenschaft gebrochen und wird schließlich durch ein Kind in die Freiheit entlassen, dass den Kreis durchbricht. Und nicht zuletzt: In „Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart“ ist der Gesang der Buckelwale die letzte Hoffnung der Menschheit auf Rettung. Ironischerweise wurden sie aber im 21. Jahrhundert ausgerottet, so dass die Crew aus dem 23. Jahrhundert zurückreisen muss, um den Planeten zu retten.

Projekte und Engagement des WWF

Wir als WWF fördern weltweit Projekte zum Schutz von Walen und Delfinen. Wichtig ist dabei natürlich die Forschung zum besseren Verständnis und zum Erarbeiten von Lösungsstrategien. Auch Training und Ausbildung von NaturschützerInnen gehören zu unseren Schwerpunkten.

Auch die internationale Gesetzeslage muss angepasst werden – wir arbeiten dementsprechend an nationalen und internationalen Konventionen und Vereinbarungen zum besseren Schutz der Wale. Außerdem setzt sich der WWF dafür ein, dass die Gefährdung der Wale durch Beifang der modernen Fischereiindustrie reduziert wird.

Wichtigste Themenfelder sind:
– Analyse und Entwicklung von Maßnahmen, um den Beifang von Walen zu vermindern
– Reduzierung von SchiffszusammenstößenKlimaveränderungen und die Auswirkungen auf Wale
– Unterstützung von Walbeobachtung und-forschung
– Walfang unter einer strengen Kontrolle der Internationalen Walfangkommission (IWC)
– Projekte zum Schutz bedrohter Arten und Populationen
– Förderung von Walschutzgebieten

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