Intakte Flussstrecken sind wesentlich in Klima- und Biodiversitätskrise – Land Tirol muss Kraftwerkspläne stoppen und Naturschutzgebiet ausweisen – EU-Renaturierungsgesetz entscheidend für Zukunft intakter Flussstrecken
ÖBB-Kraftwerk Spullersee ist nicht genehmigungsfähig
Wien/Innsbruck/Bregenz, 1. April 2010 – Die Wasserableitungen beim ÖBB-Kraftwerk Spullersee, das den Lech-Fluss gefährden würde, sind nach dem gestern von Umweltminister Niki Berlakovich präsentierten Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) nicht genehmigungsfähig. Das hat eine aktuelle Analyse des WWF heute ergeben. Der NGP enthält einen Entwurf für einen Kriterienkatalog, der noch im Jahre 2010 fertig gestellt werden soll. Nach diesen Vorgaben darf das umstrittene ÖBB-Kraftwerksprojekt „Beileitung Ost“, das Quellbäche des Lech ableiten würde, nach fünf von sieben Kriterien nicht genehmigt werden. Der WWF wies bereits gestern darauf hin, dass das Flussjuwel unantastbar ist und auch das Eigentum von Hundert Bauern nicht für die Profitinteressen der ÖBB geopfert werden darf. „Wir fordern zusammen mit den betroffenen Agrargemeinschaften ein sofortiges Moratorium bis der Kriterienkatalog vorliegt. Sechs Jahre dauerte die Arbeit am NGP, der unsere Flüsse zukünftig bewahren und nicht zerstören soll. Diese Arbeit darf nicht umsonst gewesen sein“, appelliert WWF-Experte Christoph Walder an den Bundesminister.
Die fünf Kriterien, nach denen das ÖBB-Kraftwerksprojekt nicht genehmigt werden darf, sind folgende: erstens sind Gewässer betroffen, die sich in einem natürlichen Zustand befinden (sehr guter Zustand); die in Natura 2000 Gebieten liegen; die morphologisch über weite Strecken in einem intakten Zustand sind; bei denen Laichgewässer von gefährdeten und seltenen Fischarten betroffen sind und wo bereits mit öffentlichen Mitteln Revitalisierungsprojekte durchgeführt wurden. Der WWF erinnert daran, dass am Lech bereits zehn Millionen Euro investiert wurden. „Mit diesem Ergebnis würden die Pläne für das Kraftwerk Spullersee mit Bomben und Granaten durchfallen. Wenn der Minister seine eigene Vorlage ernst nimmt, kann er das laufende Wasserrechtsverfahren nicht positiv bescheiden, sonst würde er seinen eigenen Vorschlag sabotieren“, weist Walder auf die neue Sachlage hin.
Der NGP ist das wichtigste Instrument der zukünftigen Wasserpolitik in Österreich. Es setzt den Rahmen, wie hinkünftig mit unseren Gewässern umgegangen wird und soll dafür sorgen, dass alle Gewässer Österreichs in einem guten Zustand sind. Ein wichtiges Element dabei ist die Ausarbeitung eines so genannten Kriterienkatalogs für den Ausbau der Wasserkraft. Weil Österreichs Flüsse ohnehin schon stark zur Energiegewinnung genutzt werden (rund 4.500 Kraftwerke existieren in Österreich bereits), soll hinkünftig nach strengen Kriterien entschieden werden, ob die Standorte auch mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie und damit ökologisch vertretbar sind. Besonders geschützt werden Gewässerabschnitte, die von besonderer Bedeutung sind oder die eine besondere ökologische Funktion im größeren Gewässersystem erfüllen.
Weiters wird als wesentliches Kriterium noch angeführt, dass auch auf Gewässer verstärkt Rücksicht zu nehmen ist, die im Rahmen der Tourismuswirtschaft besondere Bedeutung haben. Das „Wildflusssystem Lech“ ist als Naturpark ausgewiesen und ein wichtiges Standbein der Regionalwirtschaft im Lechtal. Der WWF hat diese Woche zudem einen Offenen Brief an Bundesminister Berlakovich geschickt mit der Bitte um einen dringlichen Termin bis 12. April mit den Bauernvertretern, denen die Enteignung droht sowie mit den Umweltorganisationen. „Wir brauchen den Dialog spätestens kurz nach Ostern, bevor der Lech zerstört wird“, so Walder.
Weitere Informationen:
MMag. Franko Petri, Pressesprecher WWF, Tel. 01-48817-231, Email: franko.petri@wwf.at.
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