Untere Lobau massiv von Austrocknung bedroht – WWF fordert Wasserzuleitung und Renaturierung zur Rettung des Naturjuwels
Neue Grafiken zeigen die gewaltigen Ausmaße des Megaprojekts Pitztal-Ötztal – WWF fordert Stopp der Gletscher-Verbauung

Innsbruck / Wien, am 5. November 2019. Während die Projektbetreiber der umstrittenen Gletscherverbauung Pitztal-Ötztal die baulichen Eingriffe schönfärben wollen, veröffentlicht die Naturschutzorganisation WWF Österreich neue Visualisierungen auf Grundlage der offiziell eingereichten Projektunterlagen. Die Pläne für das Mega-Skigebiet auf über 3.000 Metern Seehöhe umfassen den Umbau von drei naturbelassenen Gletschern zu Skipisten, darunter ist mit dem Mittelbergferner Tirols zweitgrößter Gletscher. „Die Projektpläne zeigen sehr klar, wie brutal hier mit der Natur umgegangen werden soll. In der ursprünglichen Gletscherlandschaft des Linken Fernerkogels würde kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. Ein derart überdimensioniertes Mega-Projekt in einer hochsensiblen Gletscherlandschaft muss bei der Umweltverträglichkeitsprüfung durchfallen“, fordert Landschaftsökologe Josef Schrank vom WWF Österreich. „Es ist äußerst irreführend, wenn die Betreiber weiterhin von einer bloßen Erweiterung mit nur wenigen Anlagen sprechen. Angesichts der Dimensionen handelt es sich de fakto um eine Neuerschließung, die auch laut Seilbahnprogramm nicht zulässig ist“, sagt Schrank. Flächenmäßig wäre das geplante Ausbauprojekt größer als drei Viertel aller bestehenden Skigebietszonen Tirols.
Die Projektbetreiber wollen laut den offiziellen UVP-Unterlagen unter anderem einen gewaltigen Speicherteich mit einem Fassungsvermögen von 40 Sportschwimmbecken in die hochalpine Landschaft asphaltieren, einen Berggrat am Linken Fernerkogel um fast 40 Höhenmeter abtragen (120.000 Kubikmeter) sowie ein Seilbahn- und Gastronomiezentrum mit einer Kapazität für 1.600 Gäste errichten.

Die WWF-Grafiken verdeutlichen die Verletzlichkeit der betroffenen Hochgebirgslandschaft. Aufgrund des raschen Gletscherrückgangs liegen sowohl die geplante Seilbahnstation am Mittelbergferner als auch mehrere Pistenabschnitte schon heute nicht mehr – wie ursprünglich vorgesehen – auf natürlicher Gletscherfläche. „Aufgrund des fortschreitenden Gletscherrückgangs müsste hier eine Dauerbaustelle entstehen, um mit immer neuen baulichen Eingriffen und zusätzlicher Infrastruktur den Skibetrieb zu sichern“, warnt WWF-Experte Schrank. „Auch nach den heute veranschlagten sechs Jahren Bauzeit würden Berg und Tal daher keinesfalls zur Ruhe kommen.“
Der WWF Österreich fordert gemeinsam mit Alpenverein, Naturfreunden und der Bürgerinitiative Feldring den Stopp des Projekts sowie rechtlich verbindliche Ausbaugrenzen für Skigebiete und einen Gletscherschutz ohne Ausnahmen. In einer erst seit wenigen Wochen laufenden Petition der Bürgerinitiative sprechen sich mit Stand Dienstagvormittag bereits über 65.000 Menschen für den Stopp des Projektes Pitztal-Ötztal aus. Zusätzlich fordern mehr als 5.600 Menschen Landeshauptmann Günther Platter mit einer persönlichen E-Mail dazu auf, das Projekt nicht zu genehmigen (www.seele-der-alpen.at). Die Landesregierung ist die zuständige UVP-Behörde.
Download der Visualisierungen(zur honorarfreien Verwendung mit Credit: © WWF Österreich)
Hintergrund:
Grundlage der WWF-Grafiken sind die Projektpläne der Einreichunterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung, die zur Einsichtnahme öffentlich ausgelegt waren. Diese Projektpläne wurden in einem geographischen Informationssystem (GIS-Software) digitalisiert und mithilfe des Höhenmodells perspektivisch dargestellt. Die Visualisierungen entsprechen damit mit relativ großer Genauigkeit den Projektplänen.
Rückfragehinweis:
Josef Schrank, Landschaftsökologe WWF Österreich, Mobil: +43 676 834 88 299, E-Mail: josef.schrank@wwf.at
Mag. Volker Hollenstein, Leiter Politik und Kommunikation WWF Österreich, Mobil: +43 664 501 31 58, E-Mail: volker.hollenstein@wwf.at
Rückfragen
News
Aktuelle Beiträge
WWF: EU-Renaturierungsverordnung “zügig und ambitioniert” umsetzen
Naturschutzorganisation anlässlich Bund-Länder-Gipfel in Niederösterreich: Renaturierung konstruktiv vorantreiben und finanzieren, Schutzgebiete stärken und ausbauen
Gemeinsamer Appell: Einzelhandel und WWF fordern Maßnahmen für pflanzenreiche Ernährung
Umfassendes Maßnahmenpaket zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung gefordert – Bundesregierung soll mehr Fairness im Steuersystem schaffen und neue Ernährungsstrategie erarbeiten
WWF-Erfolg: Kleine Tiger-Familie in Thailands Wäldern gesichtet
Drei Tigerjungen wurde in der Dawna Tenasserim-Landschaft gesichtet – ein weiteres Zeichen dafür, dass die jahrzehntelangen Schutzbemühungen erfolgreich sind!
Budgetrede: WWF kritisiert fehlenden Abbau umweltschädlicher Subventionen
Umweltschutzorganisation vermisst strukturelle Reformen, kritisiert massive Kürzungen im Klima- und Umweltschutz und fordert stärkere Dotierung des Naturschutzes
WWF alarmiert: Lebensraum der Asiatischen Elefanten fast komplett zerstört
Naturzerstörung und Wilderei gefährden Asiatische Elefanten zunehmend – Umweltschutzorganisation WWF sieht “ökologische Katastrophe”
Good News: Fast 400 Schneeleoparden leben in Nepal
397 Schneeleoparden streifen durch Nepals Berge – das sind mehr als gedacht. Neue Daten aus einer aktuellen Schätzung machen Hoffnung für den Schutz der scheuen Großkatze.
Schutzstatus Wolf: WWF kritisiert Abschwächung als “gefährlichen Präzedenzfall”
EU-Parlament stimmt für Änderung der FFH-Richtlinie – WWF befürchtet fatale Folgen für weitere gefährdete Arten und Lebensräume in EU
WWF: Erster “Statusbericht Biodiversität” zeigt negative Trends
Neuer Report: Großteil der heimischen Artengruppen und Lebensräume sind in keinem guten Zustand, Tendenz negativ – Politik säumig, Bund und Länder gefordert